Hundejäger töten leise
Hahahah.“
„Oder wie der Grobschmied. Nur
ohne Grob“, sagte Tom.
Schmied schaute verdutzt und
wiederholte dann seine Aufforderung, rüberzukommen.
Tom folgte dem, indem er über
den Zaun flankte. Für Locke war das nicht so einfach, trug sie doch einen Rock,
unter dem sieben Unterröcke — aus Taft, natürlich — Platz gehabt hätten. Er war
burgunderrot und sehr weiblich. Bei einer Flanke hätte er sich in den
Zaunlatten verhakt.
Für die Dauer eines Atemzugs
stand sie hilflos da. Dann beugte Tom sich herüber. Er legte ihr einen Arm um
die Taille, den anderen in die Kniekehlen und hob sie herüber — mühelos, als
sei der Strohhut das Schwerste an ihr.
Schmied starrte für einen
Moment auf ihre nackten Beine — so weit die zu sehen waren — und blieb bei
seinem Lächeln.
Sie gingen über den Rasen.
Außer Hörweite sagte Schmied:
„Daß er so unwirsch ist, ist nun mal seine Art.“
„Sie meinen Herrn Finke?“
stellte Locke fest.
„Er ist ein alter Oberst. Ein
Militär. Hat zeitlebens rumkommandiert. Den Ton kann er sich nicht abgewöhnen.
Nur seine Frau wird mit ihm fertig. Bei der kuscht er wie ein Hund.“
Locke fühlte sich unangenehm
berührt. Zu dem Oberst hatte Schmied freundlich getan, nachbarlich nett. Jetzt
machte er ihn lächerlich. War wohl so ein Typ, der Schmied, der ins Gesicht
liebenswürdig ist, aber hinter dem Rücken übel nachredet?
Ja, er war der Typ. Denn jetzt
sagte er: „Wenn Edith pfeift, springt Hans-Henning. Sie hat ihn unterm
Pantoffel. Könnte mir nicht passieren.“
Dann gäbe es auch einen
Fettfleck auf dem Boden, dachte sie.
Das Gelände stieg etwas an.
Hinter den Obstbäumen war die Prachtvilla in einen Hügel gebaut. Zu der
vorgelagerten Terrasse führten zehn oder zwölf Steinstufen hinauf. Die Villa
hatte nur ein Obergeschoß, war weiß verputzt und überdeckte eine große
Grundfläche. Die Terrasse schien unterkellert zu sein. Wo sie endete, fiel die
— nicht ganz senkrechte — Mauer zwei Meter zum Rasen ab. Sie war aus
Natursteinen errichtet und enthielt zwei winzige Fenster.
Schmied erklomm schweratmend
die Stufen
„Klara“, japste er. „Hier sind
Nina und Tom, die den Hundejägern das grausige Handwerk legen wollen. Dabei
können wir sie vielleicht unterstützen.“
Oh! dachte Locke. Ist das seine
Frau?
Weiße Gartenmöbel waren
aufgestellt: ein großer Tisch, gepolsterte Stühle, gepolsterte Sessel, eine
gepolsterte Liege und ein Servierwagen.
Die Hollywoodschaukel war bunt
bespannt und ebenso überdacht. Sie schaukelte ein wenig. Klara besorgte das,
indem sie sich mit der Fußspitze abstieß.
Sie hätte — was das Alter
betraf — Schmieds Tochter sein können, war bestimmt noch nicht 30. Doch Locke
spürte sofort, daß es sich um Schmieds Ehefrau handelte — in diesem Falle auch
um die schönere Hälfte.
Ihr orangefarbenes Haar wäre in
einer Apfelsinenkiste nicht aufgefallen. Hier wirkte es sonderbar. Vielleicht
sollte es die Stare von den Kirschbäumen fernhalten. Klara war stark
geschminkt, trug goldene Ohrringe — so groß wie Gardinenringe — und hatte die
Angewohnheit, sich mit künstlichen Wimpern Luft zuzufächeln. Ein Augenaufschlag
folgte dem andern — und das paßte zu ihrem dümmlichen Puppengesicht. Bekleidet
war sie mit einem grünen Baderock — seitlich hochgeschlitzt — und einem
Bikini-Oberteil.
Während sie Locke und Tom
ansah, führte sie ihre Zigarettenspitze zum Mund.
Die beiden grüßten.
Klara sagte: „Ihr wollt die
Hundejäger jagen?“
Locke bestätigte das.
Sie mußten sich setzen. Ob sie
Tee tränken? Das taten sie. Die Schokoladentorte, auf der eine Wespe
herumkroch, fand keine Gnade bei dem jungen Paar. Aber Schmied nahm noch zwei
Stücke, obwohl er — wie die Spuren auf seinem benutzten Teller verrieten —
vorhin bereits zugelangt hatte, und zwar kräftig.
Klara blickte mißbilligend,
sagte aber nichts.
„Finde ich gut, was ihr
vorhabt“, meinte Schmied.
Locke wiederholte, was sie
vorhin geschwindelt hatte. Und Klara klapperte dazu mit den Lidern.
„Wir haben keine Tiere“, sagte
sie. „Nur Wühlmäuse im Garten.“
„Ist aber schade“, sagte Tom.
„Auf dem Gelände könnte sich ein ganzes Gestüt austoben. Oder ein Rudel
Windhunde.“
Klara sah ihren Mann an und
lachte schrill. „Möchtest du Windhunde anschaffen, Helmut?“
„Später, vielleicht. Erstmal
nehme ich einen Windbeutel.“ Grinsend legte er sich das sahnegefüllte
Gebäckstück auf den Teller.
Statt uns was
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