Hundejäger töten leise
Hundejäger?
Drüben auf der Straße setzte
sich ein Wagen in Bewegung: ein gelber Simca. Zwei saßen drin. Aber Tom sah sie
nur von hinten. Der auf dem Neben sitz nahm in diesem Moment seinen Hut ab und
duckte sich. Der Wagen beschleunigte. Das Kennzeichen war nicht zu erkennen,
der Vorsprung betrug schon 400 Meter, mindestens; es war aussichtslos.
Tom sah, wie der Simca hinter
der nächsten Kreuzung verschwand, hievte dann seinen Roller mit viel Mühe über
die Leitplanke und fuhr vorschriftsmäßig, indem er die Straße benutzte, zum
Supermarkt zurück.
Ein Streifenwagen parkte dort.
Locke redete mit zwei Polizisten. Sie trug wieder ihren Strohhut. Das Gesicht
glühte vor Empörung. In den Glutaugen loderten kleine Lichter.
Eine ältere Dame stand dabei.
Sie hielt ihren Hund, den schwarzen Pudel, auf dem Arm.
Locke wies in Toms Richtung,
und alle Gesichter wandten sich ihm zu.
Er stoppte und schaltete den
Motor aus.
„Du hast ihn nicht erwischt“,
stellte Locke fest. „Schade! Die Herren von der Polizei kamen zufällig vorbei.
Zehn Minuten eher — und dieser gemeine Hundejäger stünde jetzt in Handschellen
da.“
Der ältere Polizist lächelte.
„Naja, hm. Immerhin — daß der Verdächtige sofort die Flucht ergriff, scheint
Ihre Beobachtung zu bestätigen, Fräulein Rehm. Und die Beschreibung, die Sie
uns gegeben haben“, er klopfte auf ein dickes Notizbuch, das er in einer Hand
hielt, „wird nützlich sein.“
„Hoffentlich!“ sagte Locke. „Es
war einer der Hundejäger, und er wollte mich schlagen. Ein Verbrecher ist das.
Hast du ihn aus den Augen verloren?“ wandte sie sich an Tom.
„Er hatte zuviel Vorsprung. Mit
dem Roller konnte ich die Hindernisse nicht so schnell nehmen wie er. Auf der
anderen Seite des Parks ist er in einen gelben Simca gestiegen. Da saß noch
einer drin. Nein, das Kennzeichen konnte ich nicht erkennen“, nahm er die Frage
der Polizisten vorweg.
„Ihre Adresse haben wir,
Fräulein Rehm.“ Der Ordnungshüter wedelte mit seinem Notizbuch. „Falls wir des
Verdächtigen habhaft werden, verständigen wir Sie. Jedenfalls war es sehr
beherzt, wie Sie eingegriffen haben. Aber Vorsicht in Zukunft. Die Kerle sind
gewalttätig. Heute morgen wurde im Vorort Rotbeeren ein Foxterrier getötet —
bei dem Versuch, ihn zu stehlen. Der unbekannte Täter hat ihn erschlagen. Weil
sich das Tier wehrte und laut bellte.“
„Schrecklich!“ flüsterte Locke.
Ihr war elend zu Mute.
Die Polizisten verabschiedeten
sich. Der Streifenwagen fuhr ab.
Locke stellte Tom der Frau vor.
Sie hieß Hinrichs und war vor Schreck noch wie gelähmt. Aber immer wieder
bedankte sie sich.
„Indem Sie auf Ihren Loftus“,
daß er so hieß, hatte Locke inzwischen erfahren, „noch besser aufpassen, Frau
Hinrichs. Es hätte nur wenig gefehlt, und er wäre für immer verschwunden
gewesen. Und wissen Sie, was man ihm dann beschieden hätte: ein schreckliches
Ende in einer Tierversuchsanstalt. Denn die Hundejäger, wie Sie sicherlich
wissen, stehlen die Tiere, um sie dorthin zu verkaufen.“
„Nie... nie wieder lasse ich
meinen Loftus unbeaufsichtigt“, stammelte Frau Hinrichs.
*
Danny Tschilke fand eine
Parklücke am Straßenrand und lenkte seinen Porsche hinein.
Schräg gegenüber war das Café Jahrhundertwende, ein beliebter Treffpunkt in der Innenstadt.
Tschilke grinste sich im
Rückspiegel an, strich nochmal über die Haare und stieg aus. Er trug ein weißes
Jackett und war neugierig. Neugierig auf Claus Bader. Was hatte der Spinner am
Telefon gesagt? ,Entweder, Tschilke, du bist punkt vier Uhr in der Jahrhundertwende, oder du sitzt heute abend hinter Gittern.’
Hm. Der kam sich wohl großartig
vor, dieser Streber.
Tschilke kannte ihn kaum. Daß
er, Tschilke, sich jetzt folgsam hierher bemühte, beruhte größtenteils auf
Neugier. Was wollte der Spinner? Aber auch deutliches Unbehagen mischte sich
dazu. Das entsprang dem ständig schlechten Gewissen. Wußte Tschilke doch selber
am besten, was er auf dem Kerbholz hatte. Freilich — an seinen Rauschgifthandel
dachte er im Moment überhaupt nicht, er lief ja nur nebenher. Als Angabe.
Eher war zu befürchten, daß man
ihn beobachtet hatte, als er vorgestern drei Junghunde — Schäferhundwelpen —
aus einem Geländewagen mitgehen ließ. Der hatte hinter dem Schwimmbad unter
einem schattigen Baum geparkt. Niemand war in der Nähe gewesen, und Tschilke
hatte kurzerhand die Heckklappe aufgebrochen. Das Gesicht hatten ihm die
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