Hundekuchen zum Frühstück: Roman (German Edition)
nur ein einziges Mal daran zu nagen. Nein. Ich beherrsche mich. Der Knochen sieht aus wie ein Eis, das gelutscht werden will. Ein köstliches, leckeres Eis, das wie ein Knochen geformt ist.
Ich seufze.
Jessicas leises Winseln erinnert mich daran, dass wir noch mehr zu tun haben. Ich weiß haargenau, was ich machen muss. Das ewige Sitz-und-Bleib. Langweilig. Zum Glück muss sie das machen und nicht ich. Ich führe sie an den Rand des Vierecks und befehle ihr, sich zu setzen. Jessica gehorcht. Dann drehe ich mich um und gehe auf die andere Seite und weiter am Jurytisch vorbei durch den Zaun nach draußen. Diese Prüfung dürften wir gewonnen haben. So gut wie wir hat das sicher keiner gemacht.
17
Der Party-Hund
Jessica
Ich war mir sicher, dass es nicht für einen der vorderen Plätze gereicht hatte. Schon gar nicht für den ersten. Zoë hatte so lange gebraucht bis ihr die zweite Übung endlich einfiel, dass ich schon fürchtete, die Zeit sei abgelaufen. Als ich mich zur letzten Übung aufs Gras setzte, wusste ich, dass alles umsonst gewesen war. Aber eins hatten wir geschafft: Wir hatten Leisl bewiesen, dass auch wilde, tanzverrückte Hunde mit Erfolg eine Gehorsamkeitsprüfung bestehen konnten.
Allerdings war ich noch immer sprachlos darüber, dass ausgerechnet Leisl Zoë vorgesagt hatte. Ohne ihre Hilfe hätten wir wohl auf ewig wie die Idioten in der Mitte des Platzes gestanden. So hatten wir uns nur als Anfänger geoutet, die in der offenen Klasse nichts zu suchen hatten. Und das war ja nicht wirklich schlimm. Das hatten vor uns auch andere erlebt. Zum Beispiel der Bichon Frisé, der zu früh wieder aufgestanden war, um am Gras zu schnuppern, oder der Kurzhaardackel, der sein Frauchen mitten in der Acht im Stich gelassen hatte.
Die Abendsonne schien warm aufs Gras, und ich musste mehrere Male zwinkern, um nicht einzuschlafen. Die Frage ließ mich nicht los, warum Zoë vor der Prüfung so nervös gewesen war. Klar, die ganze Stadt hatte uns zugesehen, aber in Madrona gab es doch nur Hundeliebhaber– und denen käme nie in den Sinn, eine Person daran zu messen, was der Hund konnte und was nicht. Keinen interessierte wirklich, ob ein Hund während der Prüfung plötzlich auf eigene Ideen kam. So gesehen konnte man die Hundebesitzer mit Eltern vergleichen. Auf dem Spielplatz benahm sich jedes Kind irgendwann einmal daneben– und so etwas persönlich zu nehmen, war absolut sinnlos.
Dieser Gedanke war völlig neu für mich, doch er passte bestens zu meiner neuen Milde. Jahrelang hatte ich die Leute von Madrona als eine Art Mitglieder eines Eliteteams gesehen, in dem man mich nicht haben wollte. Doch seit heute waren sie in meinen Augen eher freundliche Lebensretter, die entspannt darauf warteten, sich beim ersten Anzeichen von Not für die anderen ins Wasser zu stürzen. In Madrona sorgte sich jeder um die Hunde und genauso um deren Besitzer. Wir befanden uns nicht auf den hektischen Straßen Chicagos– das hier war eine Stadt, deren einziger Fehler darin bestand, dass man sich manchmal zu sehr um seine Hundefreunde sorgte. Seit ich selbst einer davon war, musste ich zugeben, dass ich diese Liebe auch tatsächlich fühlte. Und das gefiel mir.
Ganz in Gedanken verfolgte ich, wie die tief stehende Sonne immer längere Schatten über das Viereck warf, als plötzlich ein vertrauter Umriss in mein Blickfeld geriet. Es war Guy, der hinter dem Zaun stand und auf mich deutete. Ich sah, wie er sich an seine Kumpels– einige Typen in T-Shirts– wandte und etwas sagte, das nach der Art ihres Gelächters offenbar lustig war. Anschließend verrenkte er seinen säulenartigen Hals nach Zoë und deutete mit entsprechenden Bemerkungen auch auf sie. Es folgte neues Gelächter.
Meine Ausgeglichenheit verschwand blitzartig, und ich fühlte nun nur schmerzende Wut im Bauch und in meiner Nase. Ich starrte Guy an und wollte, dass er aufhörte, doch er deutete nur immer weiter auf uns beide und schien einen höllischen Spaß an seinem Gequatsche zu haben. Wahrscheinlich berichtete er seinen Kumpanen haarklein von dem seltsamen Sexabenteuer in meinem Apartment. Dieser Blödmann!
Die Muskeln in meinem Körper spannten sich, bis mir das lange Sitzen körperlich wehtat. Ich sortierte meine Pfoten und berechnete, wie schnell ich meine Reißzähne in seinen Hals bohren konnte. Ein Knurren entfuhr mir, und ich ertappte mich dabei, wie ich die Zähne fletschte und meine Lefzen sich in Falten legten wie die Haut eines Shar-Peis.
Ich
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