Hundeleben
…«
»Hallo«, sagte ich. »Hallo?«
»Hallo, wer ist da?«, fragte jetzt die männliche Stimme am anderen Ende. Meyerheim brabbelte im Hintergrund.
»Detektiv Siegfried Gass . Und wer sind Sie?«
»Oh, Herr Gass . Herr Meyerheim … Meine Hochachtung übrigens. Die Wale werden Ihnen dankbar sein.«
»Die Wale?«
»Ich bin ein Anhänger der Greenpeace-Ideen. Man muss diesen Walmördern quasi vor den Bug fahren. Man muss ihnen ihre Grenzen aufzeigen, sie stören, wo es nur geht. Sie sehen das sicher genauso.«
»Was? Ach so. Ja. Ja.«
»Mein Name ist Martin, Martin Krieger. Ich bin Pfleger auf der psychiatrischen Station des Klinikums. Herr Meyerheim ist noch nicht lange bei uns. Er muss erst lernen, wie es bei uns zugeht. Sie können sich sicher denken …«
»Major! Major Meyerheim!«, krähte es im Hintergrund.
»Ja«, sagte ich.
»Wir kriegen Sie! Das verspreche ich Ihnen. Wir kriegen Sie!«, brüllte der Major, dann riss die Verbindung ab.
Ich knallte den Hörer auf. Ich musste irgendetwas Aufbauendes unternehmen. Jetzt. Sofort. Ich lief rüber ins Schlafzimmer und schaute unter die Matratze. Da lagen sie, meine 15.000. Sie waren nicht allein. Ein paar der herumfliegenden Scheine hatte ich an dem bewussten Abend noch erwischen können. Genau genommen waren es 17 gewesen. Nicht gerade üppig, aber immerhin. Zusammen machte das 23.500 Euro. Mir wurde leichter ums Herz. Jedenfalls etwas. Nein. Ein Häuschen war nicht drin. Auch kein Auto. Dafür allerdings würde ich die nächsten zwölf Monate problemlos überstehen. Das war doch was.
In den nächsten zwei Stunden rief niemand an. Meine Zwischeneuphorie begann zu bröckeln. Ich senkte den Stundenlohn auf 150, dann auf 100. Mit einem Blick auf Sprengkamps Artikel stieg der Satz wieder auf 125. Dort fror ich ihn ein.
Wann endlich würde Jauch anrufen? Und wenn schon nicht Jauch, dann wenigstens Joop?
Ich legte Mozarts Requiem in die Endlosschleife und wartete weitere zwei Stunden, dann noch einmal zwei Stunden. Ich überlegte gerade, ob ich für heute den Bürobetrieb einstellen sollte, da ging das Telefon.
»Na endlich. Wurde ja Zeit«, sagte ich zum Schreibtisch. Ich blinzelte in Richtung des regennassen Fensters und nahm den Hörer zur Hand.
»Privatdetektiv Gass . Sie wünschen bitte.«
»Ist da der Privatdetektiv? Der aus der Zeitung?«, fragte eine weibliche Stimme.
» Mmh .« Der Artikel schien zu wirken. Danke Sprengkamp!
»Sind Sie wirklich so gut …«
»Aber sicher. Worum geht es?«
»Ich brauche Hilfe.«
»Brauchen wir die nicht alle«, sagte ich und zuckte leicht zusammen. Hatte ich den Satz nicht vor kurzem erst zu einer gewissen Sylvia Keller gesagt?
»Wie meinen Sie das?«, fragte die Stimme.
»Haben Sie einen Hund?«, fragte ich zurück.
»Was? Einen Foxterrier, ja. Eine Hündin, Isolde. Wieso fragen Sie?«
»Erzählen Sie weiter«, bemerkte ich resigniert.
»Geht es Ihnen gut?«
»Es ging mir nie besser. Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich habe Geld gefunden.«
»Was haben Sie?«
Anton Dermota sang jetzt das ›Tuba Mirum ‹. Ich ließ die Hand mit dem Telefon sinken. Die Stimme im Hörer wurde leiser und leiser. Draußen legte der Regen an Stärke zu. Na und, dachte ich.
Mein Büro befand sich in der zweiten Etage. Ich brauchte kein Boot. Es war alles in Ordnung. Ich schaute zu den Einschusslöchern in der Decke hinauf. Dann legte ich langsam auf.
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