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Hundeleben

Titel: Hundeleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Zander
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eins noch. Geld gehört nicht unters Bett. Viel Geld schon gar nicht.«
    Natürlich gehörte es nicht dort hin. Wenn es wirklich viel war, gehörte es auf ein Bankkonto. Oder in einen Investmentfonds, mit 57 Prozent Rendite, oder unter Leute. Aber selbst wenn es unter dem Bett lag, wo war das Problem? Es gab wesentlich größere Probleme. Kein Geld unter dem Bett zu haben, war eins davon. Oder hatte sie angesichts des Geldes ihre Mutter-Teresa-Ader entdeckt? War sie gerade dabei, ihr Füllhorn über die Bedürftigen dieser Welt auszuschütten? Hatte sie mich als Bedürftigen ausgemacht?
    »Danke für die Belehrung«, sagte sie. »Kann ich mit Ihrer Hilfe rechnen?«
    »Natürlich helfe ich Ihnen gern. Wie viel ist es denn?«
    »Ich bin mit dem Zählen noch nicht durch.«
    »Wie viel?«
    »Nach der ersten Million habe ich aufgehört. Ich zähle später weiter.«
    »Was?«
    Mein Mund wurde trocken.
    »Das Geld ist in einem Koffer. Mein Freund hat ihn hier abgestellt und mir gesagt, ich solle den Koffer nicht öffnen.«
    »Verstehe«, sagte ich.
    »Was verstehen Sie?«
    »Alles.«
    Na klar. Sie hatte den Koffer geöffnet, wahrscheinlich gerade, weil es der Freund ihr verboten hatte. Ihr Freund würde sich freuen. Wie heftig, das blieb abzuwarten. Sie war auf Beistand aus. Warum aber wollte sie diesen Beistand gerade von mir?
    »Herr Gass . Sind Sie noch da?«
    » Mmh … Ja.« Meine Stimme klang jetzt belegt. Geld bedeutet Ärger, viel Geld bedeutet viel Ärger. Das ist eine Erkenntnis, die genauso unumstößlich ist wie irgendein Axiom von Newton.
    »Sie fragen sich sicher, warum ich ausgerechnet Sie angerufen habe. Ich habe in der Zeitung von Ihrem letzten Fall gelesen und da dachte ich, Sie könnten mir sicher helfen.«
    »Ach.«
    Mein letzter Fall lag vier Wochen zurück. Der Zeitungsartikel auch. Trotzdem konnte ich mich noch gut an den Artikel erinnern. Die Zahl der Klienten war nach der ungeplanten Werbeaktion leicht in den Keller gegangen. Bis jetzt hatte sich daran nichts geändert. Beruflich gesehen wohnte ich im Souterrain, vielleicht sogar in einem Bergwerk.
    »Wann, sagten Sie, hat Ihr Freund …«
    »Vor drei Tagen. Er wollte nur schnell in den Supermarkt.«
    »Wie bitte?«, fragte ich leicht irritiert. Sie ließ sich nicht aus dem Rhythmus bringen.  
    »Ich habe Angst, dass ihm was passiert ist«, fuhr sie fort. »Im Klinikum habe ich bereits nachgefragt. Da ist er nicht.«
    »Warten Sie! Habe ich das richtig verstanden, drei Tage? Das heißt, Sie schlafen seit drei Tagen auf einem Koffer voller Geld? Was träumt man da so?«
    »Ich will, dass Sie Mark finden!«
    Ihr Lover hieß also Mark. Auch das noch. Ich hätte meinen kleinen Zeh verwettet, dass er Goldkettchen trug, Tattoos sammelte und an Körperstellen gepierct war, die normale Menschen gegen Verstümmelung schützten. Ich war so ein normaler Mensch.
    »Hat er im Lotto gewonnen?«, fragte ich.
    »Er spielt kein Lotto.«
    »Ist er Stricher, schmuggelt er Menschen, Zigaretten oder spaltbares Material?«
    »Nein.«
    »Ist er Politiker?«
    »Nein!«
    »Na schön. Geben Sie mir Ihre Adresse.«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Ich komme morgen in Ihr Büro. Gegen acht Uhr, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Mein Büro öffnet erst um zehn«, gab ich zurück, aber sie hatte bereits aufgelegt.
    Klar. Wer die Millionen hat, der fragt nicht nach Öffnungszeiten. Sie hatte ihre zwar erst seit wenigen Stunden, mit den entsprechenden Privilegien jedoch schien sie bereits bestens vertraut.

2
    Sie war pünktlich, leider, und sie sah gut aus. Sie wäre selbst mit drei Stunden Verspätung pünktlich gewesen. Wenn Sie verstehen, was ich meine.
    Ihre Augen waren braun, ihr Mund rot, die Haare waren schwarz und die Beine lang. Sie trug eine knappe Jeans und ein noch knapperes pinkfarbenes Top.
    Ich starrte sie an. Nein. Eine solche Frau ließ man nicht drei Tage allein, ob man nun Mark hieß oder nicht. Na schön, vielleicht war ihr Charakter mies. Und vielleicht waren ihre Umgangsformen noch mieser als ihr Charakter. Aber da war immer noch das Geld.
    Ein paar rote Lämpchen leuchteten auf, Alarmglocken schrillten. Ich ignorierte Lampen und Glocken. Ich ignorierte die Warnungen meiner inneren Stimme. Wie es schien, hatte ich immer noch nichts gelernt.
    »Darf ich?«
    »Was?«
    »Ich würde mich gern setzen. Herr Gass ?«
    »Aber ja. Bitte nehmen Sie Platz, Frau … Wie war doch gleich Ihr Name?«
    »Keller. Sylvia Keller. Wird es lange dauern?«
    Sie nahm Platz. Und wie. Ich

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