Hundert Facetten des Mr. Diamonds, Band 6: Blitzend (German Edition)
Unterwäsche anzuziehen, sondern schlüpfe in die nächstbeste Jeans, die gerade über einem Stuhl hing, nehme ein sauberes T-Shirt vom Stapel, werfe es über und ziehe meine weißen Converse an, ohne die Schnürsenkel zu binden. In weniger als einer Minute stehe ich vor meiner Haustür und laufe in Richtung Place Daumesnil, wo die Chancen, ein Taxi zu erwischen, am besten stehen. Als ich mich auf die Rückbank des Autos quetsche, unterbinde ich sofort jeglichen Versuch des Fahrers, mich in ein Gespräch zu verwickeln.
Das ist weder der richtige Moment dafür, noch bin ich in Stimmung!
Ich blicke aus dem Fenster und versinke in meinen Gedanken. Die Nacht bricht langsam über die Stadt herein und von den vorbeifliegenden Lichtern der Scheinwerfer und Straßenlaternen bekomme ich Migräne. Die Kopfschmerzen könnten aber auch von den Schwarzmalereien kommen, die vor meinem inneren Auge ablaufen. Die Taxifahrt dauert etwa dreißig Minuten, bevor wir im 17. Arrondissement ankommen, und ich verfluche Gabriel dafür, in diesem schicken Viertel am anderen Ende von Paris zu wohnen. Ungeduldig wippe ich mit den Füßen auf und ab, als wir uns dem Parc Monceau nähern, bezahle meinen Chauffeur mehr als großzügig und springe bei der nächsten Gelegenheit aus dem Taxi, das noch nicht einmal angehalten hat. Zwischen dem Bürgersteig und einem Kanaldeckel knicke ich dummerweise um, doch ich lasse mich davon nicht beirren und laufe wie wild geworden zum Eingang der Stadtvilla. Völlig außer Atem und mit zerzaustem Haar läute und hämmere ich an der Eingangstür, hin und her gerissen zwischen einem Nervenzusammenbruch und einem Tobsuchtsanfall.
Endlich öffnet jemand die riesige Tür. Soledad steht vor mir und versperrt mir den Weg, während sie mich überrascht und etwas zerknirscht anlächelt. Mit Sicherheit hat sie noch nicht vergessen wie sie mich zwei Tage zuvor behandelt hat … Ich übrigens auch nicht. Ich schiebe mich so gut es eben geht an ihr vorbei und murmle lediglich ein „Guten Abend, ich habe es eilig“. Als ich zu dem Treppenaufgang hinüberstürme, um mich auf die Suche nach meinem gottverdammten Liebhaber zu machen, höre ich, wie die Hausdame noch versucht, mich zurückzuhalten. Doch ich ignoriere sie gekonnt und setzte meine Mission zorniger als je zuvor fort. Als ich das überdimensionale Wohnzimmer betrete, treffe ich auf Gabriel und drei weitere Personen.
Ein Geschäftsessen, auch das noch …
Die zweifelnden Augen der vier Männer sind allesamt auf mich gerichtet. Ich werfe dem Hausherrn einen vielsagenden Blick zu, der daraufhin aufsteht und sich freundlich bei seinen Gästen entschuldigt, bevor er zu mir herüberkommt. Scheinbar hat er bereits bemerkt, dass etwas nicht stimmt, denn er wirkt angespannt und ist merklich auf der Hut. Er nimmt mich bei der Hand und führt mich ans andere Ende des Ganges, in eine kolossale Bibliothek. Er schließt die Tür hinter uns und lehnt sich gegen die Wand.
„Ich weiß nicht, was du hier machst Amande, aber jetzt ist wirklich nicht der richtige Zeitpunkt …“
„Dieses eine Mal treffe ich die Entscheidungen.“
„Mir scheint, als hättest du heute Nachmittag bereits sehr oft die Initiative ergriffen …“
Er spielt offensichtlich auf unser letztes Liebesspiel an und diese Erinnerung entmutigt mich ein wenig. Sein neckisches Lächeln ist unerträglich, ich habe das Gefühl, als wolle er mich provozieren und Salz in meine blutende Wunde streuen. Ich habe große Lust, ihn zu verletzen, denn ich will, dass er leidet und sich erniedrigt fühlt … wie ich.
„Ella Honor. Sagt dir der Name etwas?“
Erstaunt zieht er die Augenbrauen hoch. Dann kneift er angestrengt die Augen zusammen und ich erkenne seine Besorgnis. Ich bin völlig aufgewühlt.
„Sag etwas Gabriel! Sag etwas, bevor ich mich vollkommen vergesse …“
„Ja, Ella Honor sagt mir etwas.“
„Und? Hast du mir nichts zu sagen?“
„Nein. Sie hat überhaupt nichts mit uns zu tun.“
„Nicht mit uns zu tun? Die Tatsache, dass ich quasi ihre Doppelgängerin bin, hat nichts mit uns zu tun? Du willst mich wohl wirklich für dumm verkaufen!“
Ich werde immer lauter, doch das ist mir im Moment vollkommen egal.
Du hältst dich wohl für den Klügeren? Diesmal wirst du nicht gewinnen!
„Ihr seht einander ähnlich, das stimmt.“
Er versucht, ruhig zu bleiben, seine Worte sind wohlüberlegt und mit Bedacht gewählt. Und genau das macht mich noch wütender.
„Du pfeifst doch auf
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