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Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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kreischte vor Lachen, und Kitty hatte das Gefühl, dass es ewig so weitergehen würde, wenn sie nicht eingriff.
    »Entschuldigung?«, rief sie und beugte sich vor. Die beiden jungen Leute, die Gruppe neben Kitty und die Frauengruppe drehten sich alle zu ihr um. Sie hob grüßend die Hand. »Ich bin Kitty Logan.«
    »Nein, ich bin Kitty Logan«, erscholl eine tiefe Stimme von einem Tisch auf der anderen Seite der Bar, und wieder lachten alle.
    »Ein Herausforderer!«, rief Sam, und die Umsitzenden machten »Uuuuh«, als wären sie Teil einer Show.
    Auch Kitty lachte und stand auf, um ihrem Konkurrenten entgegenzutreten. Er war stark übergewichtig und hatte einen Bart. Mit gestrafften Schultern baute er sich vor ihr auf, und seine Finger zuckten, als wäre er ein Cowboy bei einem Duell, der zum Revolver greifen will. Es war unmöglich, ernst zu bleiben.
    »Sieger!«, rief der Mann, stieß die Arme in die Luft, und ihr kleines Publikum applaudierte. Die coolen Börsentypen sahen zu ihnen herüber, als verbreiteten sie einen üblen Geruch, und drehten ihnen demonstrativ den Rücken zu. »Ich bin die wahre Kitty Logan«, erklärte der Mann noch einmal mit großer Geste und kehrte dann auf seinen Platz zurück. Während der junge Mann zu ihm ging, um ihm die Hand zu schütteln und zu gratulieren, kam die junge Frau auf Kitty zu.
    »Hallo«, sagte sie und lächelte strahlend. Sie war extrem hübsch, und selbst in schmalen Jeans, Pumps – mit den höchsten Absätzen, die Kitty in ihrem Leben je gesehen hatte – und einem schlichten Top sah sie schlicht umwerfend aus.
    »Ich bin Mary-Rose«, stellte sie sich vor.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen. Ich hab mir schon Sorgen gemacht, dass wir uns hier drin nicht finden würden, aber wie ich sehe, wäre das überhaupt nicht nötig gewesen.«
    »Oh, auf Sam kann man sich verlassen«, antwortete sie und verdrehte die Augen. »Der macht eine Szene, ganz egal, wo er hinkommt.«
    »Sind Sie mit ihm zusammen?«
    »Hilfe, nein!« Sie verzog das Gesicht. »Wir sind nur Freunde. Seit Kindertagen. Unsere Moms waren beste Freundinnen, das heißt, sie sind es eigentlich noch und so weiter«, schloss sie hastig.
    »Kitty Logan.« Jetzt gesellte Sam sich auch zu ihnen. »Wir wollten was essen gehen, kommen Sie mit?«
    Kitty schaute zu Mary-Rose und erwartete eigentlich, dass sie ihm mit einer Grimasse andeuten würde, dass ihr das nicht passte, aber nichts dergleichen geschah. Diese beiden herzlichen Menschen waren genau das, was Kitty jetzt brauchte.
    Fünf Minuten später waren sie bei einem kleinen italienischen Restaurant in der Frederick Street. Drinnen erwartete sie ein Tisch, an dem bereits acht Personen saßen, und Sam bestand darauf, Kitty von einem zum anderen zu schleppen und sie seinen und Mary-Roses attraktiven und unglaublich netten Freunden vorzustellen. Alle waren gut und modisch gekleidet, und in ihren Klamotten von gestern kam Kitty sich neben ihnen vor wie ein Penner. Schließlich saß sie gegenüber von Mary-Rose, was für ein Interview perfekt war, aber ein Gespräch unter vier Augen war in dieser Runde eigentlich unmöglich. Es war eine ausgelassene Truppe, allesamt Freunde aus Kindertagen, und obwohl Kitty ihre Insider-Scherze oft nicht ganz verstand, musste sie mitlachen, einfach, weil die Freunde so lustig erzählten. Überhaupt war der Umgangston sehr vertraut, unermüdlich wurde gewitzelt und geneckt, und Kitty kam sich vor wie in einer hervorragend geschriebenen Sitcom, in der sogar die Jungs makellos frisiert und gekleidet waren.
    Solche Freunde hatte Kitty nicht. Sie war im County Carlow im Südosten Irlands aufgewachsen. Nach der Schule war sie von zu Hause weggegangen, um am University College of Dublin zu studieren. Seither wohnte sie in Dublin und fuhr nur noch an den Feiertagen heim – oder wenn jemand heiratete oder starb. Sie hatte zwei Brüder: Einer war in Carlow geblieben und hatte dort geheiratet, der andere hatte in Cork studiert und lebte dort jetzt sehr glücklich mit einem Mann namens Alexander zusammen, den Kitty noch nie gesehen hatte und nur über Facebook kannte. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie alle das letzte Mal zusammen in einem Raum gewesen waren – wahrscheinlich bei einer Beerdigung –, und sie hätte auch nicht sagen können, wann sie mit einem ihrer Brüder telefoniert und ein Gespräch geführt hatte, bei dem es nicht um Geld für die unzuverlässige Heizung oder den dauerkaputten Boiler ihrer Eltern gegangen war.

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