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Hundert Namen: Roman (German Edition)

Hundert Namen: Roman (German Edition)

Titel: Hundert Namen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Ahern
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Ihr Vater führte immer noch die gleiche Kneipe in der Tullow Street wie in Kittys Jugend. Ihre Eltern waren ruhige, etwas kauzige Menschen, sie hatten die Kunst der Konversation nie ganz gemeistert und hielten sich daher von den meisten sozialen Anlässen fern, abgesehen von engen Freundes- und Familienzusammenkünften, wo sie jedoch hauptsächlich zuhörten und während des ganzen Events nicht aus ihrer Ecke herauskamen.
    Kitty war mit zwei besten Freundinnen groß geworden, die beide Mary hießen. Um Verwechslungen vorzubeugen, rief man Mary Byrne und Mary Carroll immer mit vollem Namen. Katherine, wie man sie damals nannte, und die beiden Marys waren unzertrennlich gewesen. Den Namen Kitty hatte sie erst an der Uni angenommen, freiwillig und voller Stolz, denn ein neuer Name bedeutete auch einen neuen Anfang. Die beiden Marys waren ziemlich irritiert gewesen, und wenn sie – was allerdings selten vorkam – zusammen mit Kitty und ihren College-Freunden in Dublin ausgingen, weigerten sie sich standhaft, ihn zu benutzen. Kittys Freunde aus Carlow und ihre College-Freunde hatten nie zueinandergefunden. Am Ende einer durchgefeierten Nacht hatten ihr die beiden Marys in angetrunkenem Zustand bittere Vorwürfe gemacht, wie sehr sie sich verändert hatte, seit sie in Dublin wohnte. Irgendwann konnte sie die Diskussionen über das immergleiche Thema nicht mehr ertragen, und die Besuche in Dublin reduzierten sich auf einmal im Jahr, bis sie schließlich ganz aufhörten. Da auch Kitty sich nur noch selten zu Hause blicken ließ, war die Freundschaft nach und nach völlig eingeschlafen, und wenn sich eine Begegnung auf der Straße nicht vermeiden ließ, wurde der Smalltalk immer schwieriger, weil man sich eigentlich nichts mehr zu sagen hatte. Inzwischen war Mary Byrne nach Kanada gezogen, und Mary Carroll hatte 12 Kilo abgenommen und arbeitete in einem Klamottenladen in Carlow, den Kitty allerdings mied, nachdem sie dort das peinlichste Gespräch ihres Lebens geführt und sich anschließend gezwungen hatte, auf Marys Empfehlung zwei Kleider zu kaufen. Sie hatte es einfach nicht übers Herz gebracht, ihrer einstigen besten Freundin zu sagen, dass sie überhaupt nicht ihrem Geschmack entsprachen, und diese Höflichkeit hatte sie über hundert Euro gekostet.
    Jetzt waren Steve und Sally ihre zuverlässigsten Freunde. Aus irgendeinem Grund hatte Kitty es nie geschafft, andere Freundschaften zu pflegen – nicht etwa, weil sie treulos war, sondern weil sie das Gefühl hatte, dass sie bis auf wenige Ausnahmen seit der Schule zu niemandem einen richtig tiefen Kontakt gefunden hatte. So war es leicht gewesen, sich vom Leben weitertreiben zu lassen, sie hatte ihr Studium abgeschlossen und an ihren neuen Arbeitsplätzen neue Freundschaften geschlossen, die in etwa so lange hielten wie der jeweilige Job. Nachdenklich schaute Kitty sich jetzt in der Runde um – einen Freundeskreis wie Mary-Rose hatte sie nie besessen.
    »Du arbeitest also für eine Zeitschrift?« Endlich hakte Mary-Rose sich aus dem Gespräch am anderen Tischende aus und wandte sich Kitty zu. Einen Augenblick war Kitty fast enttäuscht, dass sie wieder arbeiten musste.
    »Ja. Bei Etcetera . Kennst du die?«
    Mary-Rose zögerte. »Ich glaube schon«, antwortete sie dann, allerdings wenig überzeugend.
    »Meine Chefin war Constance Dubois. Hat sie irgendwann mal Kontakt mit dir aufgenommen? Dieses Jahr? Oder letztes?« Inzwischen hatte Kitty eigentlich die Hoffnung aufgegeben, dass Constance jemals mit irgendjemandem von der Liste gesprochen hatte.
    »Nein, ich glaube nicht«, antwortete Mary-Rose erneut etwas unsicher.
    »Sie ist vor ein paar Wochen gestorben«, erklärte Kitty. »Aber vorher hat sie an einem Artikel gearbeitet, für den sie auch deinen Namen notiert hatte.«
    Von Mary-Rose kam die gleiche Reaktion, die auch von Birdie, von Eva und bis zu einem gewissen Grad auch von Archie gekommen war. Überraschung, Verwirrung, Verlegenheit.
    »Kannst du dir vorstellen, warum sie mit dir reden und über dich schreiben wollte?«
    Mary-Rose sah verdutzt aus, und Kitty sah ihre Augen nach links und rechts wandern, während sie in beiden Hälften ihres Gehirns nach einer Antwort suchte.
    »Nein«, antwortete sie schließlich. »Ich bin wahrscheinlich der langweiligste Mensch der Welt«, sagte sie, und Kitty musste lachen.
    »Das bezweifle ich – bisher hat es großen Spaß gemacht, mit dir zusammen zu sein.«
    »Sam ist lustig. Aber ich? Ehrlich, ich bin total

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