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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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sie nicht einmal, wo der Verletzte ist!«

    Zwar fuchtelte ich ihm mit meinem Arztausweis vor der Nase herum, aber wie lange noch würde dieser Mann Celines Bordkoffer für eine etwas exzentrische ärztliche Notfalltasche halten? Nun ging auch noch wirklich irgendwo eine Sirene los, es wurde Zeit für mich.

    »Sie bleiben genau hier stehen und warten auf meine Rettungssanitäter. Die schicken Sie mir dann sofort hinterher. Verstanden?«

    Ziemlich beeindruckt von meiner Kaltschnäuzigkeit rannte ich weiter, direkt in Richtung Sirene. Dort, nahm ich an, würde das Chaos am größten sein, und damit auch meine Fluchtchance. Vollkommen unbehindert kam ich schließlich über eine schlecht beleuchtete Treppe wieder in den Passagierterminal. Die Abfertigung der Passagiere war gestoppt worden, überall rannte Polizei und Bundesgrenzschutz herum, im Moment noch alle in Richtung Lufthansaflug 1607 nach Frankfurt.

    Noch einmal erwies sich der Bordkoffer als ausgesprochen praktisch.

    »Schnell, steigen Sie ein. Sonst werden wir hier für Stunden festgehalten.«

    Und schon saß ich im Flughafenbus der Berliner Verkehrsbetriebe, dessen Fahrer aus einschlägiger Erfahrung oder einfach als Beamter eine gute Vorstellung hatte, wie lange es dauern könnte, bis die jeden Moment zu erwartende allgemeine Verkehrssperre am Flughafen Tegel wieder aufgehoben würde. Außerdem wußte er, daß Terroristen am Flughafen mit Granaten oder Maschinenpistolen herumlaufen und nicht mit Guccikoffern.

    Um 5 Uhr 24 hatte ich Celines Wohnung verlassen, kurz nach neun Uhr war ich wieder zurück. Mindestens eine strafbare Handlung hatte ich inzwischen begangen: Inanspruchnahme der Dienste der Berliner Verkehrsbetriebe ohne gültigen Fahrausweis. Und selbstverständlich würde dem niemand die Nichtinanspruchnahme des Transports Berlin-Bagdad gegenrechnen.

Bundesamt für Verfassungsschutz
Ref. IV, Vorgang Nr. 286-56
Zielperson: Dr. Felix Hoffmann
Bericht Nr. 26

    Die Zielperson hat sich der weiteren Überwachung entzogen: Sie hat seit einigen Tagen ihre Wohnung nicht mehr betreten und ist auch nicht an ihrem Arbeitsplatz erschienen. Nachfragen ergaben, daß die Zielperson kurzfristig Urlaub eingereicht hat.

    Es muß davon ausgegangen werden, daß die Zielperson die Überwachungsmaßnahmen entdeckt hat und untergetaucht ist.

    Die weitere Beobachtung der Wohnung der Zielperson wurde daraufhin vorläufig eingestellt.

Bundesamt für Verfassungsschutz
Ref. IV, Vorgang Nr. 286-56
Zielperson: Dr. Felix Hoffmann
Bericht Nr. 27

    In der routinemäßigen Auswertung des Videomaterials vom Flughafen Tegel wurde die Zielperson wiedergefunden. Weitere Nachforschungen ergaben die Verwicklung der Zielperson in einen Vorfall am Flughafen vom selben Tag. Zielperson hatte bereits für den Flug Lufthansa 1607 von Berlin-Tegel nach Frankfurt eingecheckt und die Sicherheitskontrolle passiert, ist dann aber von der Fluggastbrücke über das Vorfeld geflüchtet. Gepäck hatte die Zielperson nicht aufgegeben.

    Es konnte inzwischen ermittelt werden, daß die Zielperson im Besitz einer Ticketbuchung bis Kairo (Ägypten) war.

    Bisher konnte nicht ermittelt werden: war ein Treffen mit der Verdächtigen Bergkamp (Vorgang Nr. 286-03) geplant. Wollte die Zielperson eine falsche Spur Legen?

    Zielperson konnte sich wiederum der Überwachung entziehen.

Bundesamt für Verfassungsschutz
Ref. IV, Vorgang Nr. 286-56
Zielperson: Dr. Felix Hoffmann
Von: Abteilungsleiter
An: Außendienst IV

    Zu den Berichten Nr. 26 und Nr. 27 zur Zielperson Dr. F. H. werden vor ihrer Weitergabe an den Koordinationsausschuß folgende Änderungen vorgeschlagen:

    1. Der Bericht Nr. 26 über den Verlust des Kontakts zur Zielperson ist durch den Bericht Nr. 27 überholt. Der Bericht kann ersatzlos gelöscht werden.

    2. Der Bericht Nr. 27 (routinemäßige Auswertung Videomaterial Flughafen Tegel) erhält somit die Nr. 26.

    3. In diesem Bericht sollte der Begriff »wiedergefunden« durch den Begriff »identifiziert« ersetzt werden. Darüber hinaus sollte der Hinweis entfallen, daß Sichtung und Analyse des Videomaterials nicht sofort erfolgte. Im letzten Absatz ist das Wort »wiederum« ersatzlos zu streichen.

    4. Wenn dies auch nicht explizit ausgeführt werden darf, sollte die Formulierung des Berichtes im Koordinationsausschuß die Annahme zulassen, daß der VS jederzeit über die aktuellen und zu erwartenden Schritte der Zielperson informiert war, auch über seinen »Urlaub« und die entsprechenden

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