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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Spielberg
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Amerikaner informieren.

    Also Verfassungsschutz und CIA, eventuell auch FBI, seit dem 11. September ja auch im Ausland recht aktiv. Wer noch?

    Ich würde es herausfinden. Plötzlich erkannte ich den Vorteil meiner neuen Position. Ich saß jetzt nicht mehr auf dem Präsentierteller, gut sichtbar für jeden, der mir unfreundliche Fragen zum Verbleib der Trinkwasseraufbereitungsgiftgasanlage stellen oder mich gleich verprügeln wollte. Ich hatte den Spieß umgedreht. Und tatsächlich ergab sich schon an diesem Abend die Gelegenheit, die Rolle des Gejagten mit der des Jägers zu tauschen.

    Wider besseres Wissen hatte ich Celines Küche nach etwas Eßbarem durchsucht und breitete nun, nach einem kleinen Abendspaziergang, auf der Couch in ihrem Wohnzimmer mein eben an der Tankstelle erstandenes Menü aus: Ravioli aus der Büchse, eine Tafel Schokolade und eine gar nicht so üble Flasche Pfälzer Landwein. Wovon würde Celine sich wohl ernähren? Irgendwie war ich überzeugt, daß sie auch ohne mich ganz gut zurechtkam, sicher Hilfe gefunden hatte.

    Ob sie noch mit ihrem Mitfahrer Heiner zusammen war? Beschränkte sich diese Beziehung auf das gemeinsame Projekt Hilfstransport? Und was war mit unserer Beziehung? Was erwartete Celine von mir? Nach über fünf Jahren überhaupt noch etwas? In dieser Wohnung könnte ich Antworten finden. Was hielt mich davon ab, ihre Briefe zu lesen, mir ihre Fotoalben anzuschauen? Daß man so etwas nicht macht? Die strengen Blicke von Belizaar und den anderen Mitgliedern von Celines Marionettensammlung, die überall von der Decke baumelten und an denen ich mir dauernd den Kopf stieß? Oder die Angst vor den Antworten, auf die ich womöglich stoßen würde?

    Am Ende waren es vielleicht nur die Ereignisse, denn gerade wollte ich mich nach den Ravioli über die Schokolade hermachen, als mir aus den Augenwinkeln Licht auffiel.

    Licht von schräg gegenüber, aus meiner Wohnung! Hatte ich gestern vergessen, das Licht auszumachen?

    Hatte ich nicht. Ich war mitten am Tag dort gewesen, also kein Grund für künstliche Beleuchtung. Außerdem ging jetzt auch noch im Bad das Licht an. Offensichtlich war in meiner Wohnung schon wieder Tag der offenen Tür, das dritte Mal innerhalb der letzten zehn Tage.

    Denn inzwischen war ich sicher, daß nicht ich neulich die Unterlagen zum Bau von ABC-Waffen auf den falschen Stapel gelegt hatte, sondern auch dies ein Hinweis auf eine diskrete, aber letztlich doch nicht ganz spurlose Durchsuchung bei mir gewesen war. Als nächstes kam der aufgebrochene Keller, und diesmal arbeitete man sogar auf meine Stromrechnung! Wer immer also gerade mein Zuhause inspizierte, fühlte sich eindeutig sicher. Meine Freunde vom Verfassungsschutz?

    Ich überlegte, ob ich die Polizei alarmieren sollte. Damit aber hätte ich meine Deckung aufgegeben, egal, ob das da drüben gerade Verfassungsschützer waren oder nicht. Trotzdem griff ich zum Telefon, mir war eine bessere Idee gekommen. Nach viermal Klingeln wurde abgehoben. Neugierig jedenfalls war mein Besuch.

    »Morgen vormittag halb zehn. Pinkelbude am Chamissoplatz. Klohäuschen«, ergänzte ich zur Sicherheit und legte auf.

    Nicht lange nach diesem Anruf wurde die Durchsuchung meiner Wohnung beendet, sogar das Licht gelöscht – schönen Dank auch! Hinter dem Vorhang versteckt, beobachtete ich den Ausgang gegenüber, neugierig, mit wem ich mich da wohl gerade am Chamissoplatz verabredet hatte. Es waren zwei Männer, mehr konnte ich wegen der Dunkelheit nicht erkennen.

    Aber ich erkannte etwas anderes: Wieder einmal parkte ein Kleintransporter vor meiner Haustür, laut Aufschrift heute wieder der Sanitärnotdienst. Während sich meine beiden Besucher nun ohne besondere Eile entfernten, öffnete sich die Ladetür des Transporters, und zwei Arme und ein Kopf erschienen, darüber hinaus eine Kamera mit auffällig großem Objektiv, ein Restlichtverstärker, nahm ich an. Offensichtlich interessierten sich auch andere für meine Besucher!

    Ich wartete noch etwas ab hinter dem Vorhang, aber mehr geschah nicht. Die beiden Männer verschwanden, der Kleintransporter blieb, wo er war. Deshalb benutzte ich, um zur Schadensinspektion in meine Wohnung zu gelangen, erneut den vorbeschriebenen Kellerweg.

    Aus Rücksicht auf die Leute vom Sanitärnotdienst ließ ich das Licht bei mir gelöscht, aber soviel konnte ich selbst in der Dunkelheit feststellen: Der heutige Besuch hatte meine Wohnung im Chaos hinterlassen. Meine Gäste benahmen

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