Hundertundeine Nacht

ist?«

    »Keine Ahnung. Ich habe es meiner Tante versprochen. Hier ist die Säge.«

    Ungeachtet der Empfehlung, bei Partnerschaftsproblemen »über alles zu sprechen«, beschnitten wir schweigend knorrige Obstbäume. Damit löst man zwar keine Probleme, verschlimmert sie aber wenigstens auch nicht, was beim Über-alles-Sprechen hingegen sehr gut möglich ist. Am Ende sahen die Obstbäume nicht so aus, als würden sie jemals wieder Vögel oder Bienen anlocken oder gar Früchte tragen, aber ich hatte mir laut Celine eine große Portion Rührei mit Schinken und Schnittlauch verdient. Und ich hatte noch ein paar Fragen.

    »Hast du eigentlich schon mit Baran gesprochen, seit du zurück bist?«

    »Nein, habe ich nicht. Einerseits kann ich mir absolut nicht vorstellen, daß Baran etwas mit dieser Beiladung für den Irak zu tun hatte, andererseits traue ich mich aber auch nicht, danach zu fragen.«

    Ich erzählte Celine, wie Michael und ich entdeckt hatten, was da tatsächlich in unserem Klinikkeller herumstand und wie das Teil dann verschwunden war. Und ich erzählte von Barans Leuten, die bei mir eingebrochen waren, wie ich sie zur Pinkelbude bestellt und dann zu Baran verfolgt hatte.

    »Das wirft zumindest Fragen auf. Aber ein wirklicher Beweis gegen Baran und seine Gruppe ist es nicht.«

    Da mußte ich Celine zustimmen und war jetzt endgültig entschlossen, das Bindeglied zwischen dem Lieferanten Sommer und seinem Kunden Saddam Hussein zu finden. Ich erklärte ihr meinen Plan, wenigstens in groben Zügen. Jetzt, wo Celine zurück in Deutschland war, konnte ich sie mit dem Plan nicht mehr gefährden. Außerdem war es eigentlich ein Vorhaben so recht nach Celines Geschmack – jedenfalls dem der alten Celine.

    Die neue Celine erkundigte sich am Schluß nur leidenschaftslos: »Und du meinst, das funktioniert?«

    Ich hatte keine Ahnung – aber auch keine andere Idee.

    Mit erfolgreichem Abschluß der Gartenarbeit hatte auch der Regen aufgehört, mit etwas Glück würde ich am frühen Abend zurück in Berlin sein. Celine wollte noch ein paar Tage in Enge bleiben.

    »Aber schließ wenigstens die Tür ab und kontrolliere die Fenster, bevor du ins Bett gehst. Nach allem, was wir wissen, bist du die einzige, die beobachtet hat, was da in den Irak geschafft worden ist.«

    Celine versprach es. Als ich gerade abfahren wollte, kam sie noch einmal an das Wagenfenster.

    »Übrigens, Felix. Weißt du eigentlich, daß Beate schwanger ist?«

Bundesamt für Verfassungsschutz
Ref. IV, Vorgang Nr. 286-03 und 286-56
Zielpersonen: Celine Bergkamp, Dr. med. Felix Hoffmann

    Bericht

    Durch ein offenbar von langer Hand vorbereitetes Ablenkungsmanöver gelang es der Verdächtigen Celine Bergkamp, sich in Schlepzig (Spreewald) der Beobachtung zu entziehen. Der derzeitige Aufenthaltsort der Verdächtigen B. ist unbekannt. An der vorerwähnten Aktion war offensichtlich auch der Verdächtige Dr. Felix Hoffmann maßgeblich beteiligt.

    Zum Verdächtigen Dr. Hoffmann wurde zwischenzeitlich der Ursprung der in seiner Wohnung nach einem anonymen Hinweis aufgefundenen Unterlagen (u.a. Anleitungen zum Bau von biologischen und chemischen Bomben) aufgeklärt. Diese Unterlagen wurden dem Verdächtigen im Rahmen einer Katastrophenschutzübung der Innenverwaltung übergeben. Es wurden bisher keine Hinweise auf die aktive Verwendung dieser Unterlagen durch den Verdächtigen aufgefunden. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich der Verdächtige allein zur Erlangung eben dieser Unterlagen an dieser Katastrophenschutzübung beteiligt hat.

    Ebenso ungeklärt bleibt das Verhalten des Verdächtigen bei dem oben berichteten Zwischenfall in Schlepzig, des weiteren auf dem Flughafen Tegel und der Einbau von Zeitschaltuhren in seiner Wohnung, Auch konnte inzwischen ermittelt werden, daß der Verdächtige sich wiederholt durch Kellergänge, welche die Wohnhäuser in seiner Siedlung verbinden, unbeobachtet Zutritt zu seiner Wohnung verschafft hat.

    PS zur Spesenabrechnung Gasthof »Zum grünen Strand der Spree«:

    Wg. der Verfolgung der Zielpersonen Bergkamp und Dr. Hoffmann konnte nicht auf die Erstellung einer ordentlichen Rechnung durch den Gasthof gewartet werden, deshalb sind die getätigten Ausgaben in der Anlage ohne Beleg aufgeführt. Die beträchtliche Höhe der Ausgaben ist durch die Exklusivität des Gasthofs zu erklären und ließ sich wg. der notwendigen Nähe zu den Zielpersonen nicht vermeiden.

    Es wird um Gegenzeichnung der