Hundherum glücklich - Ein Freund. Ein Buch.
sterilisiert wurden. Nicht mal ein Prozent aller deutschen Hunde darf sich jährlich fortpflanzen. Die meisten Haushunde leben also keusch und enthaltsam.
Ist diese Haltung artgerecht? Manche Experten sagen, auch bei Wölfen würden sich stets nur Alphawölfin und Alphawolf fortpflanzen, die übrigen Rudelmitglieder müssten sich in Enthaltsamkeit üben. Aber wie oben ausgeführt, verhalten sich Hunde und Wölfe nicht in allen Details gleich. Wir wissen es also nicht.
Und selbst wenn die keusche Lebensweise unserer Hunde nicht artgerecht wäre, könnten wir daran nichts ändern.
29 Einen Baum markieren
Bäume und Sträucher, Hausecken und Laternenpfosten, manchmal sogar Hosenbeine von Passanten – nichts und niemand ist vor Rüden sicher, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit ihr Bein heben und urinieren. Aber auch Hündinnen gehen viel öfter in die Hocke, als sie eigentlich müssten, und hinterlassen Pfützen, wo sie gehen und stehen. Warum tun Hunde das? Und – kann man es ihnen abgewöhnen?
Zeige mir dein Pipi, und ich sage dir, wer du bist
Der Urin von Hunden besteht aus rund einhundertfünfzig verschiedenen Substanzen, unter anderem aus Abbauprodukten von Nahrung und körpereigenen Hormonen. Wie alt ein Hund ist, welches Geschlecht er hat, was er gegessen hat, wie er gestimmt ist, ob er gesund und fortpflanzungsbereit ist, all das kann eine scharfe Hundenase aus diesem Urin herausschnuppern. Hunde kommunizieren also über ihre Ausscheidungen miteinander wie Menschen über Facebook, nur mit einem kleinen Unterschied: Bei Facebook kann man lügen, Hunde können das beim Urinieren nicht. Die Duftstoffe, die sie dabei abgeben, sagen immer die Wahrheit über ihr Befinden aus.
Hunden das Markieren abgewöhnen zu wollen ist also etwa so erfolgreich wie der Versuch, Jugendlichen Facebook ausreden zu wollen. Man kann das streckenweise schaffen, solange man beide an der kurzen Leine hält, aber kaum überlässt man sie sich selbst, ist alle Erziehung vergessen.
Vorgeburtliche Prägung
Alle Welpen urinieren in hockender Stellung. Mit Einsetzen der Geschlechtsreife, ungefähr mit neun Monaten, heben männliche Hunde dann beim Markieren ihres Reviers ein Hinterbein. Ausgelöst wird dieses Markierverhalten durch Hormone. Obwohl es erst mit der Pubertät des Hundes auftritt, sind die in dieser Zeit wirksam werdenden Sexualhormone nur der Auslöser für dieses Verhalten. Programmiert wird das Beinchenheben bereits durch einen Testosteronschub vor der Geburt oder kurz danach. Kastrierte Rüden behalten daher das Beinheben bei, markieren aber seltener, weil sie nie auf Partnersuche sind. Und auch einige Hündinnen zeigen diese »männliche« Geste und markieren Reviergrenzen mit hoch erhobenem Hinterbein. In der Regel sind das sehr selbstbewusste Hundedamen, sogenannte »Rüdinnen«.
Drei, zwei, eins, meins
Mit dem Urinieren an strategisch wichtigen Punkten markieren Hunde ihr Revier. Sie setzen damit keine Grenzen, die von anderen Hunden nicht überschritten werden dürfen, sondern verraten Artgenossen durch häufiges Urinieren ihre regelmäßige Anwesenheit im Revier und durch die darin enthaltenen Duftstoffe auch gleichzeitig ihren sozialen Rang und ihre Aggressionsbereitschaft. So lässt es sich erklären, dass Hunde manchmal schon vor dem ersten Zusammentreffen wissen, wer Freund oder Feind ist und sich bei derersten Gelegenheit scheinbar grundlos aufeinanderstürzen. Wenn das passiert, sind möglicherweise zwei »Platzhirsche« aufeinandergetroffen, die sich schon lange gegenseitig nicht riechen konnten.
Hoch das Bein
Man kann nur darüber spekulieren, warum Hunde beim Urinieren das Bein heben, welche Selektionskriterien also einst dazu führten, dass sich diese Angewohnheit bis heute vererbt hat. Fest steht: Wölfe verhalten sich ebenso. Verhaltensforscher betrachten diese Geste als »Imponierverhalten«. Sie meinen, Hunde versuchten dadurch, ihre »Duftbotschaft« so hoch wie möglich anzubringen und ihre Nachrichten an andere Hunde so auf deren Nasenhöhe zu heben. Die Konkurrenz kann die Message dann kaum überriechen. Durch eine hohe Platzierung gaukeln Hunde ihren Rivalen außerdem Körpergröße und Macht vor; beides gilt auch unter Hunden als sexy. Und außerdem können andere Hunde Markierungen in hohen Lagen nicht so leicht mit eigenem Urin überdecken und damit auslöschen.
»Ich kann höher«, heißt das angeberisch in die Luft gestreckte Beinchen also unter Hunden, und kleine Hunde machen beim
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