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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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viele blinde Flecken eingezogen, so viele unbekannte Faktoren und gebrochene Versprechen, daß eines Tages der letzte rosafarbene Brief aus Grönland kam.
    Ich kann Dich nicht mehr ertragen , schrieb Marianne Qvist, Du bist ein unzuverlässiger Scheißtyp, überhaupt nicht der liebe Kerl, den ich einmal kannte .
    Und Du bist auch nicht mehr Du selbst , schrieb Segelohr, Deine Nummer mit dem Teddy war wahrscheinlich der reinste Schwindel .
    Marianne bekam niemals die Gelegenheit, diese letzten Worte zu lesen, Großmutter erwischte auch diesen Brief und sperrte ihn in den Schrank. Segelohr schrieb nicht mehr, jetzt saß er nur noch da und starrte in die Luft, und ohne sonderlich große Überzeugung in der Stimme stellte Askild fest, daß Liebeskummer in der wirklichen Welt vergeht.
    Großmutter war dessen nicht so sicher. Ihr schien, daß der Sohn noch elender aussah als zuvor, und erst als sie eines Nachmittags das große Feuer erblickte, das Segelohr in der äußersten Ecke des Gartens angezündet hatte, atmete sie erleichtert auf. Vorhang , dachte Bjørk zum zweiten Mal, während sie zusah, wie er mit einem Stock im Feuer wühlte, damit die letzten verkohlten Reste rosafarbenen Briefpapiers hochflogen und vom Wind davongetragen wurden, jetzt muß diese Geschichte doch ein für allemal vorbei sein .

Eine verchromte Fahrradhupe
    I n den letzten Jahren hatte sich Knut an den Anblick seines Vaters gewöhnt, der ein Fahrrad nach dem anderen nach Hause schob. Die Räder hatten häufig einen Platten, oft waren die Schutzbleche und Rahmen verbogen, aber Askild flickte die Reifen, richtete die Rahmen, entfernte die Überreste ehemaliger Schlösser und stellte die Fahrräder dann in den Schuppen, wo sie allmählich den gesamten Platz einnahmen.
    »Mit Diebstahl hat das nichts zu tun«, rechtfertigte sich Askild gern, »ich paß nur auf sie auf.«
    Schließlich ging es um bereits gestohlene Fahrräder, die unbekannte Diebe in Straßengräben und Gebüschen hinterlassen hatten. Gewöhnlich ließ Askild die Räder mindestens eine Woche liegen, bevor er sie mit nach Hause nahm. Für ein paar Bier konnten Nachbarn und Kollegen nun ein Reserveteil kaufen, und für eine Flasche Schnaps bekam man ein ganzes Fahrrad. Gleichzeitig hatte Askild sämtliche Familienangehörigen mit Rädern versorgt. Knut hatte auch eins bekommen, allerdings war es ein blödes Rad, das Vorderrad hatte einen Achter, und er mochte die braune Farbe nicht, ebenso wie er es nicht mochte, daß die kleineren Kinder im Viertel es sich zur Gewohnheit gemacht hatten, ihm jedesmal, wenn er vorbeifuhr, nachzujohlen: »He, Knuti! Wo hast’n das Fahrrad geklaut?«
    Knut stieg dann sofort vom Rad, krempelte die Ärmel auf und rief: »Wer traut sich, die Klingel anzufassen?« Es war eine Herausforderung, und die Kinder auf der Straße waren sofort still, denn sie erinnerten sich daran, wie ein vorlauter Bengel beim ersten Mal versucht hatte, mit der Fahrradglocke des Norwegers zu klingeln. »Was ist denn schon dabei«, hatte er gesagt, aber in der Sekunde, in der seine Finger die rostige Klingel berührten, schlug Knut ihn so fest in den Bauch, daß es ihn auf den Asphalt schickte. Danach war der Norweger auf sein Fahrrad gesprungen und mit voller Fahrt in die panisch flüchtende Gruppe gerast, wobei er wie ein Besessener bimmelte. Die Klingel hatte einen klasse Ton, obwohl er sich schon lange eine richtig verchromte Fahrradhupe wünschte, wie sie einige seiner Klassenkameraden hatten.
    Wenn Askild nicht zu Hause war, ging er manchmal in den Schuppen und lieh sich eines der anderen Räder. Dann fuhr er hinunter zum Hafen, der sich natürlich nicht mit seiner Vorstellung vom märchenhaften Hafen in Bergen messen konnte. Odense war trotz allem nur eine verträumte Hafenstadt, und dort saß er dann und starrte unbewegt auf die paar Schiffe, die am Kai lagen – oft nur, weil sie Futtermittel entluden oder einen Rostschutzanstrich erhielten. Das feste Klientel des Hafens gewöhnte sich nach und nach an den Anblick dieses dreizehnjährigen Jungen, der sich bei Sonne und Regen ein paar Meter vom Kai in die Hocke setzte, verschlossen, eine Spur reserviert, und doch mit einem leicht träumerischen Ausdruck im Gesicht. Immer schon hatte sich Knut in die Welt geträumt, nun aber fing er an, wirklich vom Weggehen zu träumen. Weg von der Schule, weg von den irritierenden kleinen Blödmännern auf der Straße und weg von seinem Vater, der ihm die ganze Zeit in den Ohren lag und

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