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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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anstand, fiel Leila plötzlich auf, daß Frau Mutter eine ungewöhnlich attraktive Frau war. Das hatte sie bisher überhaupt nicht wahrgenommen, und diese Erkenntnis traf sie wie ein Schock, der ihr die Beine wegschlug und sie in einen Zustand der Resignation versetzte, die der schlagende Kontrast zu ihrer eigenen Entwicklung als Frau nicht eben geringer werden ließ. Sie hatte Pickel, ihre Haut war schuppig und fettig, die Brüste schmerzten, und im Spiegel ihres Zimmers wurde sie immer wieder mit dem unangenehmen Anblick eines plumpen Teenagers konfrontiert, der sie am ehesten an ein fettes Schwein erinnerte. Im Gegensatz zu Marianne Qvist begann Leila, Spiegel zu meiden. Sie übte keinen Schmollmund und dachte nie, hier komme ich! Statt dessen schloß sie sich übellaunig in ihrem Zimmer ein.
    Nachdem ihr erster Sieg errungen war, gelang es Lillian ziemlich schnell, sich im Haus zu etablieren. Gleichzeitig fiel meinem Großvater mütterlicherseits auf, daß seine junge Ehefrau ein wenig launisch war. Sie weckte ihn durchaus nicht immer mit Kaffee am Bett, und wenn er von der Arbeit nach Hause kam, lag sie nicht selten mit einem Buch auf dem Sofa und döste.
    »Mach dir doch selbst was, Schnuddel«, erwiderte sie, als Großvater wissen wollte, warum sie nicht gekocht hatte. »Oder laß es deine Tochter machen, ich bin nicht mehr dein Küchenmädchen.«
    Hans Carlo ging mit einem etwas dämlichen Lächeln auf den Lippen in die Küche, und im Laufe von ganz wenigen Minuten gelang es ihm, so durcheinanderzukommen, daß er schließlich seine Tochter um Hilfe bitten mußte. »Sie war bloß die Haushälterin«, beschwerte sich Leila bei ihren Freundinnen, »und nun führt sie sich auf wie die Gräfin Koks!«
    Auf diese Weise bekam Leila schon bald eine Menge neuer Pflichten wie Kochen und Putzen; die Elfe hatte das Schwein besiegt, obwohl unerklärliche Anfälle von Diarrhöe sie immer wieder zwangen, ganze Abende auf der Toilette zu verbringen. An solchen Abenden hatte Leila Hans Carlo noch immer für sich, doch sobald der letzte Rest des Abführmittels durch Frau Mutters Darm geflossen war, stand sie wieder da, bereit, den Vater mit einer Schönheit an sich zu saugen, die Leila erblassen und Hans Carlo dahinschmelzen ließ.
    »Du bist die hübscheste Frau im ganzen Königreich«, rief er dann aus.
    Eines Tages öffnete Frau Mutter die Tür des Medizinschranks und besann sich, daß der mystische Fluch, der ihr Gedärm plagte, durchaus eine ganz normale Erklärung haben könnte. Die Abführtabletten wurden versteckt, und Leila verlor ihre letzte Waffe in diesem erbitterten Kampf, bis Frau Mutter eines Tages erklärte, sie wolle eigene Kinder. Das war ein Strich durch die Rechnung Hans Carlos, der keinerlei Absichten hatte, sich noch einmal der aufreibenden Aufgabe der Vaterschaft zu stellen. Er war in diesem Sommer fünfzig geworden und sagte dreimal nein, während er auf den Tisch schlug und seine Frau mit dem wohlbekannten, etwas dämlichen Lächeln ansah, so daß man ihn nicht wirklich ernst nehmen konnte.
    »Ach Schnuddel«, entgegnete Lillian daher bloß und kniff ihm in die Nase. »Wenn die hübscheste Frau im Königreich brüten möchte, dann haben die Hähne einfach nur zu krähen.«
    Also begann Hans Carlo zu krähen, und es dauerte nicht lange, bis Frau Mutter schwanger war und gegenüber der Stieftochter einen diplomatischeren Ton anschlug. Sie versuchte, ihr Vertrauen wiederzugewinnen, indem sie über die neue Schwester oder den Bruder sprach, aber Leila ließ sich von Lillians Begeisterung nicht anstecken.
    »Nur weil sie so ein kleines Miststück kriegt, muß sie nicht glauben, daß sie ein Kindermädchen umsonst dazubekommt«, sagte Leila zu ihren Freundinnen, und so vergingen einige Monate, in denen sie schmollte, bis Hans Carlo eines Morgens von einem herzzerreißenden Schluchzen geweckt wurde, das auch Leila in ihrem Dachzimmer wach werden ließ. Frau Mutter verlor ihr Kind … oh nein: Es war keine Abführtablette, die den spontanen Abort herbeigeführt hatte. Aber das war nicht so entscheidend, denn in Frau Mutters Bewußtsein war ein schrecklicher Verdacht geboren, und die Atmosphäre im Haus wurde nun so gespannt, daß selbst Hans Carlo aufhörte, mit seinem dämlichen Lächeln auf den Lippen herumzulaufen. Er bat sie, ein wenig Rücksicht aufeinander zu nehmen, aber es half nichts, und nach nicht allzu langer Zeit begann Hans Carlo, unter Migräneanfällen zu leiden. »Jetzt haltet ihr beide mal

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