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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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wer wohnt eigentlich im Raum unter der Treppe?« fuhr sie fort, bis Mutter von dem ganzen Geraune genug hatte. »Hör auf, deinen Bruder zu erschrecken«, antwortete Leila und schickte Stinne auf ihr Zimmer. Mit der Beschwörung des Hundskopfes war Stinne indes ein Geniestreich gelungen, und die unsichtbare Verbindung zwischen dem Hundskopf im Raum unter der Treppe, Großvaters dunklen Erzählungen über deutsche Bluthunde und Mutters mythologische Wesen störte schon bald den Frieden im ehelichen Bett meiner Eltern. Es dauerte nicht lange, bis Vater den ewigen Dritten leid war, der sich nachts zwischen ihn und seine Ehefrau drängelte und dabei im Halbschlaf Unzusammenhängendes über einen Hundskopf murmelte. Erst fing er vorsichtig mit einem ernsten Vater-und-Sohn-Gespräch an, dann kam ein dezidiertes Verbot, und als das nichts half, begann er schließlich, die Schlafzimmertür abzuschließen, bevor er ins Bett ging. Inmitten meiner Kindheit ragt diese verschlossene Tür hoch auf, nicht nur als Monument des verlorenen Landes, sondern auch als ein Anfang, denn als ich dort stand – so nah und doch gleichzeitig so weit entfernt vom verheißungsvollen Schlafzimmer meiner Eltern –, fiel mir plötzlich ein, daß ich eine Schwester hatte.
    »Okay«, sagte sie und hob die Bettdecke an, »aber dann will ich morgen auch von dir und Tante Katrine mitgenommen werden.«
    Als Anne Katrine sich wie gewöhnlich im Laufe des Tages einfand, prustend vor Anstrengung und mit schweißrotem Kopf, rief Stinne: »Heute komme ich aber mit!«
    Anne Katrine war allerdings der Ansicht, daß dabei auch andere noch ein Wörtchen mitzureden hätten. »Geht nicht«, antwortete sie und schaute sich suchend nach mir um; ich hatte mich hinter einem Stuhl versteckt, bis Klarheit über die Situation herrschte. Eine umworbene Person zu sein, ist nicht immer einfach – mit Schmetterlingen im Bauch nahm ich wahr, wie die streitenden Parteien sich eine lautstarke Auseinandersetzung lieferten.
    »Er geht nicht mit ohne mich !« brüllte Stinne.
    »Geht er doch«, zischte Anne Katrine und fing an, nach mir zu suchen.
    »Nein, du blöde Tomate«, fauchte Stinne, als die Tante mich fand und am Arm zog.
    »Er wird nicht mitgehen«, insistierte Stinne und zog mich am anderen Arm, »frag ihn doch selbst!«
    Als Anne Katrine klarwurde, daß ich nicht vorhatte, ohne meine Schwester zu gehen, drehte sie sich auf der Stelle um und verließ das Haus. »Mir doch egal!« rief sie, fest entschlossen, uns beide zu boykottieren. Allerdings dauerte es nicht lange, bis sie vergessen hatte, beleidigt zu sein, und uns ohne zu zögern beide auf einen Rundgang durch das Viertel mitnahm. Ohne uns irgend etwas nachzutragen, durchwühlte sie wieder die Gärten wildfremder Leute, trampelte deren Staudenbeete nieder und suchte die Büsche ab. »Mach, daß du wegkommst, du doofe Nuß!« riefen die verärgerten Gartenbesitzer und schwangen ihre Harken. Aber niemand konnte sie daran hindern, uns Schmetterlinge, Regenwürmer und glitschige kleine Frösche zu bringen, die ihr immer forthüpften, bevor sie uns erreicht hatte. »Schmeckt gut«, behauptete Anne Katrine, obwohl wir inzwischen zu groß waren, um noch in ihre Geschenke zu beißen.
    »Bä!« entgegnete Stinne. »Das ist doch eklig!«
    Wenn Anne Katrine nicht die Gärten fremder Leute durchpflügte, nahm sie uns mit hinunter zum Moor und weihte uns in die wilden Geschichten von Knut, dem Seefahrer, ein, der gerade eine Postkarte aus der Karibik geschickt hatte, wo er an Land gegangen war, um den ganzen Tag lang in seiner Hängematte zu liegen und Saft zu trinken. Normalerweise wurde nicht sonderlich viel über Onkel Knut gesprochen, so daß wir bei Anne Katrines Geschichten sofort die Ohren spitzten. Und die Abenteuer wollten kein Ende nehmen. Bald war er in der Karibik, bald in der Südsee, dann wieder in Polynesien. Wie Sindbad der Seefahrer überlebte er alle Gefahren – Piratenangriffe, Sturzseen von der Größe eines Hochhauses, Haie mit blitzenden Zähnen –, und in seinem Kühlwasser blieb ein Strom unglücklicher kleiner Mädchen zurück, deren Schicksal Vater anschließend durch kleine Umschläge mit knisternden dänischen Geldscheinen retten mußte. »Knut glaubt noch immer, er sei ein Junge«, sagte Vater oft, während Großmutter errötend die Scheine betrachtete, »aber diesmal ist es das letzte Mal, daß ich seinen Arsch rette.«
    Daß Onkel Knut noch immer ein Junge war, erhöhte nur unsere

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