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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Großvater von dem Gips erfuhr, zog er eine Leinwand auf und malte Der Lügner stolpert über seine eigene Geschichte , auf dem ein erschrockener Troll über einen leuchtenden Schädel stolpert, wobei ihm eine alte und zerfallende graue Gestalt zusieht.
    Mir gefällt das Bild sehr. Mir gefällt der erschrockene Troll mit den kugelrunden Augen, und mir gefällt die alte, zerfallende Gestalt. Bjørk hingegen mochte es überhaupt nicht: »Der sieht nicht aus wie Asger«, sagte sie, »der sieht aus wie ein tumber Troll.«
    »Was habt ihr denn bloß angestellt, Kinder?« fragte Großmutter flüsternd, als sie Anne Katrines Hand verband und uns alle drei prüfend anschaute. Niemand von uns sagte etwas. Wir blieben bei der Geschichte mit dem gereizten Pudel, der Anne Katrine angefallen hatte, und Großmutter fragte nicht weiter nach. Möglicherweise dachte sie sich ihren Teil. Möglicherweise dachte sich die ganze Familie ihren Teil, aber niemand kommentierte jemals den blutigen Kampf, der sich zwischen meiner Schwester und der dicken Tante abgespielt hat. Nach dieser ersten Episode im Moor wurde Anne Katrine ein für allemal die Trutsche genannt, wenn wir über sie sprachen.
    »Die Trutsche kommt«, sagte Stinne und schielte aus dem Fenster, »jetzt heißt es Land gewinnen.«
    Und wir liefen durch den Garten und krochen durch das Loch in der Hecke, durch das die Trutsche nicht kommen konnte, weil sie zu dick war, wir liefen weiter fort, hinaus in die Welt, ohne den dunklen Schatten der Familie, der nicht wie ihre Brüder zu Hause ausziehen konnte. Jeden Tag streifte sie nun allein in der Gegend herum, auf der Jagd nach ihrem Neffen und ihrer Nichte.
    Damals begann Mutter mit ihrer Ausbildung als Krankenschwester. Nachdem sie erlebt hatte, wie sich die väterliche Rahmenwerkstatt in ein wüstes Durcheinander verwandelte, beschloß sie noch einmal, Chefin ihres eigenen Lebens zu werden. Inzwischen hatte auch Vater das Interesse an der Rahmenwerkstatt verloren und sprach davon, sie Ib zu verkaufen. »Der alte Laden«, lachte er gern und vermied mit Absicht das Wort Werkstatt, »wie hat der nur jemals deine Familie ernähren können?«
    Eigentlich gab es an der ehemaligen Rahmenwerkstatt meines Großvaters mütterlicherseits nichts auszusetzen. Leila behauptete, Niels würde nur deshalb so abschätzig darüber reden, weil er an Größenwahn litt und sich nach und nach einen Ruf als Experte für von der Pleite bedrohte Firmen erworben hatte – einer Branche, in der er so großen Erfolg hatte, daß er sich ein eigenes Büro im Nebengebäude einrichtete, zusammen mit einem Anwalt namens Jesper Slotsholm. Ein kleiner dicker Mann – Stinne nannte ihn eines Tages den Spundpfropfen, und seither hieß er nie wieder anders – mit einem Hang zu buntscheckigen Frauen, wie Mutter sie bezeichnete, und einer sich immer deutlicher abzeichnenden Schwäche für meine Schwester, der er häufig kleine Geschenke mitbrachte: Glanzbilder, Haarbänder, Anziehpuppen und später Parfüm und kleine Schachteln mit Seife. Seine Kinder waren allesamt Jungen, und laut Mutter war er selbst noch ein großer Junge. Alle drei Monate wechselte er das Auto und machte sich dermaßen über Vaters alten Volvo lustig, daß der sich schließlich einen schwarzen Mercedes anschaffte.
    »Angeberarsch«, murmelte Askild, als er den Mercedes zum ersten Mal sah und sich daran erinnerte, wie Schwester Lines ach-so-wunderbarer Mann irgendwann in grauer Vorzeit einmal mit dem Auto zu ihrem alten Haus in Bergen gekommen war, um die begeisterten Söhne im Neubaugebiet herumzufahren.
    Weil Vater und Mutter tagsüber nicht zu Hause waren, paßten Großmutter und Großvater auf uns auf, wenn wir aus der Schule kamen. Allerdings ohne rechten Erfolg, zumal Askild sehr bald schon daranging, meine Angst vor der Dunkelheit zu kurieren, indem er mich in einen Schrank sperrte. Als Stinne eines Tages erklärte, daß sie alt genug wäre, um auf uns beide aufzupassen, hatten wir das Haus im Birkebladsvej tagsüber für uns allein. Aus diesem Grund bekamen wir beide einen Schlüssel, was sofort einen neuen Spitznamen zur Folge hatte – das Schlüsselkind, wie Askild mich nun nannte, während er sich über meine verantwortungslosen Eltern aufregte, die soviel mit sich selbst zu tun hatten, daß sie nicht die Zeit fanden, für eine ordentliche Erziehung ihrer Kinder zu sorgen. »Du hast es gerade nötig«, brummte Vater und weigerte sich aus gutem Grund, mit Großvater über

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