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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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hastigen Bewegung riß sie sich los, man hörte ein zischendes Geräusch, und Thor Gunnarsson stand mit einem Fetzen von Bjørks Kleid in der Hand da. Einen Moment lang wirkte er wie hypnotisiert von dem weißen Stück Stoff, dann starrte er müde vor sich hin, und es entfuhr ihm ein »Zum Teufel«. Bjørk versicherte, daß es bestimmt ein sehr schönes Haus werde, doch nun würde sie frieren und gern wieder hineingehen.
    Im Wohnzimmer war Bjørk fest entschlossen, niemandem etwas von Thors Benehmen zu erzählen, bis sie die Familie sah, die vollzählig versammelt im Kaffeezimmer saß und sie erwartungsvoll anschaute. Ihr wurde klar, daß alle von ihrem Gespräch mit Thor wußten, und ohne zu überlegen, brach es aus ihr heraus, daß der Arzt sich draußen im Garten unanständig benommen hätte.
    »Ja, aber Bjørk«, entfuhr es Mutter Ellen, die Thorsten ansah, der den Mund öffnete, um ein paar versöhnliche Worte zu formulieren, während er in Gedanken seine Tochter verfluchte, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken.
    »Er hat mir mein Kleid zerrissen, als er mich küssen wollte«, fuhr sie fort und bedachte ihren Vater mit einem bösen Blick. »Wenn ich nicht Widerstand geleistet hätte, hätte er vielleicht begonnen, mit seinem Ihr-wißt-schon herumzuwedeln.«
    »Was ist das?« fragt Mutter, als ich wieder ins Wohnzimmer komme und ein großes Glas auf den Tisch vor Großvater stelle.
    »Öh«, murmele ich und bekomme weiche Knie, »das ist Bier.«
    Mutter beguckt skeptisch das Glas und beginnt zu husten, weil sie es nicht gewohnt ist zu rauchen. Stinne und Signe kichern in der Küche. So war die Arbeitsteilung: Signe pinkelt ins Glas, Stinne gießt es mit Bier auf, um den Geschmack zu vertuschen, und ich muß den blödesten Teil übernehmen, weil ich am besten lügen kann. Mutter sagt, lügen ist das Schlimmste, was man tun kann. Signe sagt, ich könne jede Lüge erzählen, ohne mit der Wimper zu zucken. Großmutter meint, ich hätte bloß eine lebhafte Phantasie, während Askild behauptet, daß ich so voller Scheiße stecke wie ein altes Klo. Mutter hingegen ist davon überzeugt, daß ich stets die Wahrheit sage. Trotzdem schaut sie noch immer das Glas an. »Das hat aber eine eigenartige Farbe«, erklärt sie und greift danach.
    »Das ist wirklich Askilds Bier!« behaupte ich. »Er hat es oben im Zimmer vergessen.« Askild kann sich an kein Bier in einem Zimmer erinnern. Mit einer raschen Bewegung greife ich vor Mutter zum Glas und stelle es auf die andere Seite von Großvater, wo Mutter nicht hinkommt.
    »Bitte sehr, Opa«, sage ich, »und Entschuldigung, daß ich dich einen Idioten genannt habe.«
    Großvater blüht auf. »So hab’ ich es gern!« sagt er und kneift mich liebevoll in die Wange. Es tut ziemlich weh, aber ich sage nichts.
    »Tja, also, Prost dann«, sagt Großvater und führt das Glas an die Lippen. Gerade will er einen ordentlichen Schluck nehmen, die Mädchen in der Küche kichern bereits ziemlich laut, da hält er plötzlich inne, und mir wird ganz kalt, weil ich fürchte, daß er Signes Pipi riechen kann.
    Auch in der Küche ist es still geworden.
    Großvater schaut mich sehr ernst an.
    »Wie alt bist du jetzt?« fragt er.
    Ich sage es ihm. Er lächelt freundlich, und dann kommt es: »Dann bist du ja groß genug, um von Opas Bier zu probieren.« Er hält mir das Glas mit Signes Pisse unter die Nase und verschüttet dabei ein bißchen über seine Finger. »Nimm einen Schluck, mach schon«, sagt er und grinst.
    »Nein, igitt! Ich kann Bier nicht ausstehen», brülle ich, aber noch bevor ich es richtig begreife, hat Großvater mich im Nacken gepackt und mir das Glas mit Gewalt an den Mund gedrückt. Als ich Atem holen muß, füllt sich mein Mund mit einem großen, warmen Schluck; es schmeckt nach Salz und eine Spur bitter, ich muß husten.
    »Askild!« ruft Mutter, als sie meinen Gesichtsausdruck sieht. »Jetzt ist es aber genug!«
    Askild lacht laut auf.
    »Hör doch auf, den Jungen zu quälen«, entfährt es Bjørk, was aber lediglich zu einem verärgerten Schnauben von Askild führt, der nicht bereit ist, sich von seiner Frau irgend etwas sagen zu lassen. Er lehnt sich in seinem Stuhl zurück, hebt das Glas an den Mund und trinkt es in einem Zug aus. Unmittelbar danach verändert sich sein Gesichtsausdruck, sein Lächeln gefriert und die Falten auf der Stirn werden tiefer, so daß er aussieht wie ein Pavian. Einen Moment scheint es, als wolle er irgend etwas sagen, dann ändert er seine

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