Hundsköpfe - Roman
Zimmerecke, die sofort ihre Aufmerksamkeit erregten. »Was ist denn das?« fragte sie.
»Nichts«, sagte Askild und verstellte ihr den Weg, »Kram und altes Zeug.«
Bjørk hätte sich die Säcke gern näher angesehen, erinnerte sich dann aber daran, warum sie eigentlich gekommen war. Feierlich überreichte sie ihm die Jacke, dann fiel sie ihm in die Arme. Bjørk verstand nicht, was in Vater Thorsten gefahren war, »normalerweise ist er nicht so«, sagte sie und glaubte, daß es schon vorübergehen werde. »Wart’ einfach nur ab. Er kommt auf andere Gedanken.«
»Da bin ich mir nicht sicher«, meinte Askild und deutete an, daß er überlege, Bergen zu verlassen. »Du könntest mitkommen«, fügte er hinzu, »wir könnten zusammen abhauen.«
Einen kurzen Moment schien es wirklich so leicht, aber ehrlich gesagt, wie sollte das denn gehen, ein frischgebackener Ingenieur ohne Job und ohne eine Øre in der Tasche, zumal die Zeiten wahrlich nicht einfach waren. Die Ingrid Marie hatten die Deutschen versenkt, und was kam als nächstes?
»Darüber mußt du dir keine Sorgen machen«, lächelte Askild, in ein paar Monaten würde er ein reicher Mann sein. Bjørk hielt seine vagen Andeutungen allerdings für nichts anderes als einen Ausdruck seiner kindlichen Phantasie.
Askild entschloß sich, ihr alles zu erzählen. Er atmete einmal tief durch, und ein seliger Ausdruck, den Bjørk kurz darauf mit Geilheit verwechselte, glitt über sein Gesicht.
»Diese Matratze hier«, flüsterte er geheimnisvoll und zeigte aufs Bett, in dem sich inzwischen ein kleineres Vermögen angehäuft hatte, »wird uns all unsere Probleme vergessen lassen.«
Als er sie obendrein aufforderte, hinzugehen und die Matratze zu prüfen, wurde es Bjørk zuviel. »Askild!« rief sie und schaute nervös auf die Uhr. Es sei ein interessanter Besuch gewesen, aber nun müsse sie gehen. »Wir sehen uns doch am Donnerstag?« flüsterte sie, »am Ende der Kong Oscars Gate. Warte besser nicht vor der Tür.«
Askild bestand darauf, sie nach Hause zu begleiten. Sie willigte nur widerstrebend ein, und sie gingen den größten Teil des Weges, ohne ein Wort miteinander zu sprechen. Askild versuchte nicht, ihr mehr zu erzählen; ein andermal würde er ihr alles sagen.
Als er zurück zur Håkonsgate kam, war die Witwe Knutsson noch immer außer sich. »Nun ist aber bald Schluß, Askild«, erklärte sie, »gleich zwei Besuche an einem Abend, und dann ist der Herr auch noch betrunken, ja, er stinkt wie ein ganzes Wirtshaus … fünf Minuten, dann ist er bitte wieder draußen.«
»Wer?« fragte Askild überrascht.
»Er sagt, er heißt Karl.«
Im Zimmer saß der Russe und wartete darauf, Askild zu erzählen, wie man eine ganze Schiffsladung Bauholz von den Deutschen stehlen und ihnen hinterher für eine schwindelerregende Summe wieder verkaufen könne.
»Das ist kinderleicht«, prahlte er, »ich habe es schon zweimal gemacht.«
Wieso der Russe seine Hilfe brauchte, wenn er es schon zweimal allein gemacht hatte, erregte bei Askild keinen Verdacht. Er war zu versessen darauf, Geld zu verdienen.
»Zur Hölle noch mal!« zischte er indes drei Tage später, als er die deutschen Wachtposten sah, »davon hast du nichts gesagt!«
Der Russe mußte zugeben, daß die Deutschen nach den letzten beiden Diebstählen zusätzliche Männer eingesetzt hatten, um das Holzlager zu bewachen, »aber das schaffen wir, glaub mir«.
»Zum Teufel!« stöhnte Askild kurz darauf, als er die dunkle Gestalt sah, die der Russe mit einer Flasche auf den Hinterkopf geschlagen hatte. Auf der Erde lag ein lebloser deutscher Soldat, dem eine schwärzliche Flüssigkeit langsam aus dem Hinterkopf sickerte. »Ist er tot?« fragte Askild. »Haben wir ihn umgebracht?«
»Natürlich nicht«, zischte der Russe, »er ist bloß bewußtlos, es ist alles in Ordnung, beruhige dich.«
»Beeil dich, zum Teufel noch mal!« Entfernt waren Schritte zu hören, und der Russe hob erneut die Flasche. Doch es tauchte niemand auf, im Hafen wurde es wieder ruhig, in der Ferne hörte man das Brausen der Wellen und das träge Sausen des Windes.
Askild und der Russe arbeiteten konzentriert mit einem Kran, den der Russe organisiert hatte. Schließlich hatten sie die gesamte Ladung auf die Karin verbracht, einen rostigen Kahn, der in die nächtliche Dunkelheit fuhr, um einige Zeit später an einem abseits gelegenen Kai festzumachen. Dort wurde er mit einer Persenning abgedeckt und von den beiden Kameraden im ersten
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