Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
Vom Netzwerk:
Meinung und stellt das leere Glas wortlos auf den Tisch.
    Zwei Sekunden später explodieren die Mädchen in der Küche vor Lachen, sie heulen und schreien und krümmen sich zusammen. Großvater schaut verwirrt in Richtung Küche und weiß überhaupt nicht, was dort los ist. Er ruft ihnen zu, daß sie ins Bett gehen sollen, es sei schon spät, zum Teufel noch mal … Die Mädchen verschwinden kichernd in ihrem Zimmer, während ich im Wohnzimmer stehenbleibe, vollkommen erledigt. Ich habe Signes Pisse getrunken! Ich weiß nicht, was ich mit mir machen soll.
    Als ich mich zurück zu den Mädchen schleiche, hält sich Signe die Hand vor den Mund, um einen heftigen Lachanfall zu unterdrücken.
    »Da ist er ja!« ruft Stinne begeistert. Sie lassen sich beide auf den Boden fallen, winden sich vor Lachen und haben Tränen in den Augen: »Bäh, igitt! Er hat es getrunken!« Ich will am liebsten gleich wieder gehen, doch da setzt sich Signe auf und grinst: »Toll, Asger, er hat überhaupt nichts gemerkt.«
    Tatsächlich bin ich der Held des Tages, sicherlich ein etwas unglücklicher Held, aber dennoch eine Art Held, der sich im Dienst einer guten Sache geopfert hat. »So haben die das im Krieg auch gemacht«, sagt Stinne, und den Rest des Abends betrachten mich die Mädchen mit einer Mischung aus Abscheu und Ehrfurcht – bis Askild zwei Stunden später im Wohnzimmer zusammenbricht und mein mutiger Einsatz vollkommen vergessen ist.
    An dem Tag, an dem Askild seine Examensurkunde in der Hand hielt, zog er sich seinen feinsten Anzug an, ging zum Barbier, der ihn zweimal schnitt, weil Askild nicht stillsitzen konnte, lief dann in Richtung Strandkai und klopfte kurz darauf in der C. Sundts Gate an die Tür des Büros von Reeder Svensson, um von ihm die Erlaubnis zu erbitten, sich mit Bjørk zu verloben. Das Resultat war lärmende Stille. Thorsten trank Kaffee und vergoß einen ordentlichen Schluck über einen Stapel Papiere. Dann bedachte er Askild mit einem nachsichtigen Lächeln und fragte, ob Bjørk gegebenenfalls in einem zehn Quadratmeter großen, von der Kapitänswitwe Knutsson angemieteten Zimmer wohnen sollte.
    Askild, der in der festen Überzeugung gekommen war, daß seine Examensurkunde auch das letzte Hindernis aus dem Weg räumen würde, stand da wie gelähmt. Der querköpfige Reeder hingegen sprang aus seinem Stuhl und bat Askild, Platz zu nehmen, dann ließ er seine Sekretärin zwei große Gläser Sherry servieren. Als nächstes öffnete er die Schreibtischschublade, holte eine Zigarrenkiste aus Rentierleder heraus, schnitt die Enden von zwei Zigarren ab und stopfte eine in den Mund des fassungslosen Askild. Thorsten lehnte sich behaglich in seinem Stuhl zurück, beglückwünschte Askild zu seinem Examen und begann, sich nach seinen Zukunftsaussichten und Berufsmöglichkeiten zu erkundigen. Für einen jungen Schiff- und Maschinenbauingenieur mit Mumm in den Knochen und dem Herz auf dem rechten Fleck dürfte es doch nicht schwer sein, etwas zu finden: »Fahr nach Oslo. In Oslo gibt es Möglichkeiten.« Darauf folgte ein langer Monolog über Blumen. Daß die Welt voller Blumen sei, Rosen, Hyazinthen, ja, sogar im Nordland gäbe es Blumen im Überfluß. Und Bjørk wäre ja dem Arzt Gunnarsson so gut wie versprochen, ihn könne man doch nicht enttäuschen. Außerdem hatte Thorsten Kontakte in Oslo und kannte einige, die gern einen jungen Ingenieur mit so guten Papieren einstellen würden, also, warum schon bei der ersten Blume hängenbleiben, der man auf seinem Weg begegnet?
    Als Askild eine halbe Stunde später wieder auf der C.Sundts Gate stand, fühlte er sich klein und schwach auf den Beinen. Er war achtundzwanzig Jahre alt, hatte gerade sein letztes Examen mit Auszeichnung bestanden, ein kleines Vermögen lag in der Matratze in der Håkonsgate und ließ ihn beruhigt schlafen, und dennoch hatte man ihn vor die Tür gesetzt wie irgendeinen Bettler. Einen kurzen Moment lang wollte er seine Examensurkunde aus der Innentasche nehmen und in Stücke reißen. Aber er würde diesen Nordlandbauern zeigen, daß man an Askild Eriksson nicht vorbeikam, und entschied, sich direkt zur Villa in Kalfaret zu begeben. Und er war noch nicht ganz eingetreten, als die Meldung eintraf, daß die Deutschen eines von Thorstens Schiffen versenkt hatten.
    »Melde Frau Reederin Svensson«, schrie ein sechzehnjähriger Bursche, der den ganzen Weg vom Hafenkontor hochgerannt war, »daß die Ingrid Marie vor Plymouth gesunken ist«, worauf er

Weitere Kostenlose Bücher