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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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Ich kann nicht mehr!
    Und im Schrank mit den vielen Ungeheuern entstanden neue Verbindungen: Es ist nicht leicht, seinen Sohn gegen ein jüngeres und geglückteres Exemplar auszutauschen. Diese Ohren, diese Ohren! Mit denen kannst du Dinge hören, die niemand sonst hört, mit denen kannst du all das hören, was diese verdammten Kristiansandbauern nicht hören. Aber was, Papa? Hör hin! Aber was soll ich denn hören, Papa? Während Bjørk in ihrem Bett schrie, versuchte Segelohr, sich mit aller Kraft anzustrengen, um richtig zu hören und seine Eltern wenigstens einmal zufriedenzustellen. Tief drinnen in seinen Gehörgängen begann sich etwas zu bewegen, dort gärte die Medikation phantasievoller Kinder, die jahrelangen Ablagerungen von Schlamm und Schnecken kratzten an seinen Trommelfellen, und schließlich – als Mamas Schreie zu gräßlich wurden – stopfte er sich die Finger in beide Ohren, und plötzlich war alles so ruhig. Nicht weil Bjørks Schreie aufgehört hätten, sie sollten noch einen ganzen Tag so weitergehen, sondern weil es überall Löcher gab. Kurz gesagt, Segelohr empfing andere Frequenzen. Ein anderes Drama überschattete das Drama im Kindbett, andere Stimmen als Mamas, Papas, der Hebamme oder des Arztes begannen sich aufzudrängen; ein furchtbares Durcheinander, bis sich plötzlich eine heisere Stimme herausschälte: He, Söhnchen, bist du wach? Hallo! Hallo! Dann wurde wieder alles ganz still, aber es dauerte nicht lange, bis die Stimme zurückkehrte, um diesmal über Bettnässerei, Demütigungen und ein großes Erbe, das verloren ist, weil sieben Torpedos es in die Tiefe zogen zu sprechen – und dann etwas versöhnlicher: Scheiß drauf! Die Zeit ist gekommen … sieben Jahre haben wir nun hier gelegen, uns in die Hosen geschifft und uns benommen wie Kleinkinder – mit anderen Worten, laß uns aufbrechen. Nichts ist so beschissen, daß man nicht davor abhauen kann. Kommst du, Söhnchen? Später hörte er noch eine andere Stimme, die er als Stimme seines Großvaters erkannte: Ja, Papa , hörte er Thorstens schwache Stimme, ich komme .

Raffzahns Gesang
    A ls Segelohr am nächsten Morgen in seinem Schrank erwachte, hörte er jemanden weinen. Er kam auf die Beine und lief ins Schlafzimmer der Eltern, wo Bjørk vor knapp einer Stunde ein kleines, blaues Mädchen zur Welt gebracht hatte. »Ja, ja«, hatte Askild gesagt, als er sich um einen weiteren Sohn geprellt sah, »dafür kann sie ja nicht.« Im Laufe der Jahre gewöhnte sich Askild eine ganz unterschiedliche Behandlung seiner drei Kinder an. »Ihr beiden«, sagte er gern zu seinen Söhnen, »ihr nehmt euch zusammen, sonst gibt’s Ärger!« Doch über das Mädchen sagte er nur: »Herrgott, sie tut ihr Bestes.« Und wenn er, wie den größten Teil seiner Zeit, besoffen war, lief ihm das Herz über, und er nahm sie auf den Schoß und fiel in ihr Gemurmel von merkwürdigen Lauten ein.
    Bjørk nahm sich des Mädchens vom ersten Moment liebevoll an, sie summte ihr Melodien von einer leuchtenden Zukunft vor und beschützte sie, so gut sie konnte, vor allzu großer Vaterliebe – bis ihr einige Jahre später ein Arzt erklärte, was alle längst wußten. Daß das Mädchen einen Hirnschaden hatte und wahrscheinlich niemals sprechen lernen würde. Ein kalter Wind fuhr ihr ins Herz. Nicht, daß sie nun ihre Tochter vernachlässigte, nach außen änderte sich nichts. »Ich habe mir bei der Erziehung meiner Kinder nichts vorzuwerfen«, erklärte sie viele Jahre später, »aber mein Herz war doch immer bei den Jungen.«
    »Sag deiner kleinen Schwester jetzt schön guten Tag«, sagte Askild und hob Segelohr hoch, damit er das Neugeborene küssen konnte.
    »Nein, ich will nicht«, protestierte Segelohr, aber bei Askild war nichts zu machen.
    »Los jetzt«, brummte er, »küß sie schon auf die Wange!«
    »Ich will nicht!« heulte Segelohr und strampelte so heftig, daß Askild seine gesamte Kraft aufwenden mußte, um Segelohrs Kopf auf die Wange des Säuglings zu drücken. Erst als er wieder auf dem Boden stand, fielen Segelohr die nächtlichen Stimmen ein.
    »Großvater ist mit seinem Papa nach Hause ins Nordland gegangen!« verkündete er stolz und schaute erwartungsvoll auf seinen Vater und seine Mutter. »Ich habe es mit meinen eigenen Ohren gehört!«
    »Was ist los?« sagte Askild.
    »Oh Gott!« stöhnte Bjørk, die in der Hitze des Gefechts Vater Thorsten in Bergen vollkommen vergessen hatte. »Oh nein, Askild, bitte sei so nett und ruf Mutter

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