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Hundsköpfe - Roman

Hundsköpfe - Roman

Titel: Hundsköpfe - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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durch Bergen auf Appelkopps neuem Fahrrad eingeladen.
    »Was hast du da eigentlich für eine merkwürdige Jacke an?« fragte Appelkopp, bevor sie aufs Rad stiegen.
    Segelohr antwortete, daß ein alter Mann sie irgendwann vor langer Zeit erfunden hätte, und als Appelkopp wissen wollte, wieso er sie nicht einfach auszog, starrte Segelohr ihn mit großen Augen an.
    »Kann man das denn?« fragte er.
    »Herrje!« entfuhr es Appelkopp. »Natürlich kann man das!«
    Und noch bevor Segelohr bis zehn zählen konnte, hatten die schmutzigen Finger seines Vettern die Riemen aufgeknöpft und ihm das Scheißding über den Kopf gezogen. »Steig schon auf«, forderte Appelkopp ihn auf, »und hör auf, so zu glotzen.«
    Segelohr stieg verwundert aufs Fahrrad, und juchhe ging es los, quer durch Bergen.
    Nach zwei Wochen hatte Segelohr den größten Teil der Stadt gesehen, und natürlich war er ein wenig enttäuscht, daß das Meer nicht vor gigantischen Krebsen kochte, das Gold nicht an den Berghängen glitzerte und Raffzahn doch einigermaßen dick aufgetragen hatte. Die Enttäuschung war jedoch schnell überwunden und wurde abgelöst von seiner Begeisterung über die Fahrradausflüge, vor allem aber von seinem Entzücken darüber, daß der Vetter das Scheißding mit seinem Taschenmesser bearbeitet hatte, so daß Segelohr es nun nach Belieben selbst an- und abmontieren konnte. Ein Gefühl der Freiheit brodelte in seinem Blut, denn niemand wagte es, seine Ohren zu kommentieren, wenn er mit Appelkopp zusammen war. War der Vetter allerdings nicht dabei, stellte sich die Situation eine Spur anders dar.
    »He, du da, Vetter Segelohr! Komm her, wir wollen uns deine Ohren mal näher angucken!« hieß es eines Tages auf der Straße.
    »Verdammt noch mal, nein!« brüllte Segelohr.
    »Ähj! Was sagt der? Willst du frech werden, du kleines Scheusal!« – und bevor er sich versah, war er umringt von einer Schar Jungen aus Bergen, die nicht so aussahen, als würden sie sich sehr von den Burschen in Kristiansand und Stavanger unterscheiden. »Mann, was der sich für Ohren leistet! Meine Herren, ist der häßlich!« lachten sie, bevor ein paar Hände seine Armen festhielten und ein paar andere heftig an seinen Ohren zogen. Wieder verspürte Segelohr dieses Gefühl von Füßen, die den Kontakt mit dem Asphalt verlieren, während sich ein betäubender Schmerz von den Ohren aus in seinen ganzen Körper ausbreitete.
    »Au!« heulte er. »Laßt mich los, hört ihr!«
    Und so könnte die Geschichte ewig weitergehen, wenn nicht plötzlich das laute Klappern eines Fahrrades zu hören gewesen wäre, das um die Ecke geschossen kam. »Was, zum Teufel, ist hier los?« war Appelkopps Stimme zu vernehmen, bevor er mit einigem Tempo in die Gruppe schlingerte; in dem Durcheinander wurde ein Fuß überfahren und zwei der Jungen fielen auf den Hintern, bevor sie alle zusammen in wilder Panik flüchteten.
    »Ist dir was passiert?« fragte Appelkopp mit düsterer Stimme.
    »Nein, aber die können meine Ohren nicht leiden«, sagte Segelohr, worauf Appelkopp die weisen Worte sprach: »Wenn jemand was über deine Ohren sagt, dann ruf mich oder tritt ihm in die Nüsse.«
    »Äh, in die Nüsse?« fragte Segelohr nach.
    »Ja, zum Teufel, einen ordentlichen Tritt, der das ganze Glockenspiel zum Klingen bringt!« Und so kam Niels junior Segelohr nach seinem Umzug in Bergen zu einem neuen Spitznamen: der Nußknacker. Schlag erst einmal zu – frag hinterher , hatte Raffzahn geflüstert, und inspiriert durch Appelkopps Wort vom klingenden Glockenspiel, begann Segelohr mit seinem ersten großen Projekt – Leute in die Nüsse treten. Häufig sah man nun auf der Straße einen wild um sich tretenden achtjährigen Jungen, der zum Abendessen oft mit einem blauen Auge oder aufgeplatzten Lippen nach Hause kam. Und eines Tages, als Appelkopp das frisch erworbene blaue Auge seines Vetters begutachtete, war beiden klar, daß sie die Strategie ändern mußten. »Wer war es diesmal?« fragte Appelkopp, und Segelohr antwortete, Niller mit den Sommersprossen aus der Øvregate.
    »Dieser Mistkerl«, fluchte Appelkopp, »gehen wir rüber und reden mit ihm.«
    Also fuhren sie in die Øvregate, wo der sommersprossige Niller allein Fußball spielte; und ehe Segelohr sich versah, war sein Vetter in einem dunklen Hinterhof verschwunden und hatte ihn in diesem feindlichen Gebiet allein gelassen.
    »Psst«, hörte er aus der Dunkelheit, »ruf ihm irgend etwas zu, lock ihn hierher.«
    »Ähbäh!«

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