Hundstage
könne sich vorstellen, daß das ganz gemütlich sei, mit Sekretärin vielleicht? Verdiene ein Zahnarzt eigentlich mehr als ein Autor? Das nehme sich wohl nicht viel? Sein Zahnarzt habe ihm neulich für eine Krone sage und schreibe eintausendfünfhundert Mark berechnet, hinten links.
Jetzt reißt er gleich den Mund auf, dachte Sowtschick, und zeigt mir seinen Backenzahn …
Apropos Fernsehen, fuhr Steguweit fort, Videofilme zum Beispiel, ob es stimme, daß Sowtschick sich am hellichten Tag, wenn normale Bürger arbeiten, Videofilme ansehe, in denen es Halbwüchsige miteinander treiben? Und ob es zutreffe, daß er in Hamburg teure Pornohefte kaufe, Exemplare der abseitigsten Art?
Nun trat die Polizistin ein, ihr Slip zeichnete sich unter der khakifarbenen, sauber gebügelten Hose deutlich ab. Sie brachte dem Polizeibeamten eine Tasse Kaffee und stellte ein Tonbandgerät auf. Das Mikrophon rückte sie in Sowtschicks Nähe und drückte auf den roten Knopf, damit auch keines von Sowtschicks kostbaren Worten verlorengeht.
Dieses Tonband kann ich später in mein Archiv aufnehmen, dachte Sowtschick, und er bedauerte, daß die Polizistin das Koppel mit der Pistole draußen gelassen hatte. Auch ärgerte er sich wieder einmal, daß er seine Gespräche mit von Dornhagen nie aufzeichnete. Wenn er das all die Jahre über getan hätte! Was das für ein Schatz wäre! Den hätte Marianne verkaufen können eines Tages, nach seinem Tode … Für eintausend Mark das Band, oder mehr …
Die Tür öffnete sich noch einmal, und der schwergewichtige Wagner kam herein, Schweißperlen auf Stirn und Nase. Sowtschick wollte ihm freudig zunicken und ihm vorschlagen, daß er recht bald mit seiner Gattin nach Sassenholz kommen sollte, im Garten sitzen, schön behaglich bei Kaffee und Kuchen, seinen Schwager, den Schulmeister, mitbringen und Egon Ballon und dann über das Schriftstellern plaudern? Aber Wagner hatte ganz offensichtlich schwerste Ermittlungen hinter sich, dem durfte man jetzt mit so was nicht kommen. Er legte erschöpft einen Stoß Akten auf den Tisch, nickte Sowtschick fremd zu und flüsterte mit seinem Kollegen auf ungehörige Art, und beide sahen Sowtschick ernst an. Das Telefon klingelte, es wurde «aha» gesagt, und wieder wurde geflüstert.
Die Polizistin war es, die in diesem Raum für Atmosphäre sorgte. Sie stellte einen kleinen Ventilator aus Plastik auf den Tisch und sah Sowtschick freundlich an.
Wagner setzte sich ans Fenster, so daß er sowohl hinaussehen konnte und beobachten, was auf dem Gefängnishof geschieht, daß da Häftlinge Schutt auf einen Lastwagen laden und sich absolut nicht beeilen damit, als auch Sowtschick betrachten, der eine äußerst elegante weiße Baumwollhose trug und hellbraune, durchbrochene Schuhe, die gewiß dreihundert Mark gekostet hatten.
«Es stimmt doch, daß Sie sich Pornos kaufen? Wozu eigentlich? » fragte Steguweit. Zum Recherchieren brauche er diesen Schweinkram ja wohl nicht, was? Das sei wohl mehr eine Triebsache, oder? Und die Polizistin, die Inge mit Vornamen hieß, achtete auf den Apparat, ob der Zeiger auch nicht zu doll ausschlägt, und richtete den Ventilator auf Sowtschick, der lebhaft an die Rasenmäherfolter denken mußte.
Arbeiter, sagte Wagner, hätten gesehen, daß Sowtschick in seinem Garten halbnackte Mädchen fotografiert habe, tagelang, von allen Seiten, von oben und unten. Ob er das mal eben ein bißchen erklären könne?
«Arbeiter?» fragte Sowtschick, «was für Arbeiter?»
«Die Schlosser, die bei Ihnen die Fenstersicherung einbauen. » Hier seien übrigens die Fotos, ob er sich jetzt erinnere?
Die Bilder, die auf dem Tisch lagen und von allen in der kleinen Vernehmungsstube versammelten Menschen betrachtet wurden, zeigten die Pferdemädchen, auf dem Erdboden hockend und auf dem Pferd, und die Schwestern, das Haar offen, im Gegenlicht: Es waren ausgezeichnete Aufnahmen (die Polizistin guckte irgendwie neugierig, die hätte vielleicht auch mal so fotografiert werden wollen). Einige dieser Fotos hatte Sowtschick noch gar nicht zu Gesicht bekommen: Die Fotografin hatte sie ganz offensichtlich weitergegeben. Aus dem Negativmaterial was für sich kopiert und sofort bei der Polizei abgeliefert. Bei dieser sauberen Dame, die an sich ganz nett war, würde er nie wieder eines dieser teuren Objektive kaufen, die sie ihm jedesmal aufschwatzte, das nahm Sowtschick sich fest vor.
Er verfüge in seinem Archiv über Tausende von Fotos, sagte
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