Hundstage
kleinen Geschenken zu beschwichtigen gesucht, und als das nichts nützte, es ins Auto gelockt, in den Wald gefahren, morgens früh um neun Uhr, wo niemand sich dort sehen läßt, und es in den Graben gestoßen!
«In Ihrem Auto haben sich Torfsubstanzen nachweisen lassen, und Reifenspuren Ihres Wagens im Moor sind sichergestellt worden.»
Die Reifenspuren stammten von der nächtlichen Besichtigungstour mit von Dornhagen, das wußten die Polizisten genau. In das feine Netz, das sie webten, paßten diese Spuren aber gut hinein, auf die konnten sie nicht verzichten. Die beiden hatten lange um Durchblick gerungen, nun hatten sie alles «auf die Reihe» gekriegt, endlich, und sie genossen es, den Mann, den sie sonst nur im Fernsehen zu sehen kriegten, in die Ecke zu treiben.
«Herr Sowtschick», sagte Wagner treuherzig, und auch Steguweit und die Polizistin Inge sahen ihn freundlich an, «nun mal Hand aufs Herz, Ihnen tut das alles bestimmt längst leid … Erika war an sich doch ein ganz nettes Kind … Weshalb sind Sie denn sonst mitten in der Nacht in ihre Höhle gekrochen? Ihnen tut es leid … Aber da müssen Sie nun durch. Am besten ist es, Sie machen Nägel mit Köpfen und geben alles zu.»
N un, da sich die Dinge soweit entwickelt hatten, war es an der Zeit, einen Anwalt zu rufen. Auf dem Gang hing ein Münzfernsprecher. Die Polizistin wechselte dem Autor Sowtschick aus der Kaffeekasse zehn Mark. Sie blieb in der Nähe stehn, um zu hören, was er da eigentlich zu reden hat.
Dr. Kunstmann, der Anwalt, mit dem er sonst gern Hasenrücken in Weinschaum aß – er hatte bei den Filmverträgen phantastische Prozente herausgeholt –, war nicht zu erreichen. Der hatte sich bei der Gartenarbeit einen Bandscheibenvorfall zugezogen und hütete das Bett. Doch keine Angst! Dr. Gildemeister, sein freundlicher Sozius, der sich in dem Konsortium mit den härteren Sachen befaßte: Bestechung, Mord und Terroristen, war zur Stelle. Der lachte sehr über den Verdacht, dem Sowtschick ausgesetzt war. Das stehe ja auch bereits in jeder Zeitung, unglaublich komisch! Der Hebbel-Preisträger Sowtschick, Autor von -zig Romanen und Filmen, ein Puddelspieler und Mörder! Das sei ja ein Witz der Weltgeschichte … Obzwar sein ganzer Schreibtisch voll Akten liege und obwohl er heute morgen schon drei Stunden auf dem Gericht habe herumsitzen müssen, werfe er sich jetzt natürlich unverzüglich in sein Auto und hole ihn raus aus der Patsche.
«Sie meinen also, das kriegen wir hin?» fragte Sowtschick. «Die stecken mich hier womöglich noch ins Gefängnis!»
Da lachte Dr. Gildemeister sehr und fragte: «Wo leben wir denn?» Es freue ihn, Sowtschick bei der Gelegenheit einmal kennenzulernen. Ob er eigentlich alles mit der Hand schreibe? Seine Frau sei eine eifrige Sowtschick-Leserin, zitiere ihn seitenlang, er selbst habe damals leider nur den Film gesehen, wie habe der noch geheißen, «Finger ab!» oder so ähnlich? Na, darüber könnten sie sich denn ja mal in Ruhe unterhalten, wenn Sowtschick wieder in seinem Haus säße, von dem man ja Wunderdinge höre.
Sohn Michael war nicht zu erreichen. Das Telefon war auf Praxis gestellt, und da nahm zunächst niemand ab. Die Helferin, die sich dann doch meldete, sagte, es täte ihr leid, Herr Dr. Sowtschick mache grade Hausbesuche, und danach wolle er nach Sassenholz fahren: «wegen dem Mord».
«Also, hören Sie, bestellen Sie meinem Sohn, er soll das nicht tun! Er soll zu Hause bleiben! Nach Sassenholz zu kommen, das ist völlig unnötig. Hören Sie? Unsinn ist das. Er soll nicht kommen!»
Er hatte eine Heidenangst, daß sein Sohn bei der Gelegenheit einen seiner kostbaren Patienten verlöre. Und außerdem war es ihm peinlich, Hilfestellungen annehmen zu müssen, für die er sich hernach tausendmal zu bedanken hätte.
Da war das mit Susi was anderes. Susi hätte er gern dagehabt. Er rief sie an, sagte, er habe momentan ziemliche Schwierigkeiten, und er nannte sie Klößchen. Er wär in eine komische Sache verwickelt, irgendwie irre, das hänge mit Erika zusammen …
Susi hatte das inzwischen mitgekriegt und antwortete schlicht: «Ich weiß, das steht ja in der Zeitung.» Sie wollte Näheres wissen, dies und das, wie Erika ausgesehen habe als Leiche, und wer wohl der Mörder gewesen sein könnte. Und: Sie sehe Sowtschick noch, wie er ihr damals Wasser über den Kopf geschüttet habe … Das Angebot, nach Sassenholz zu kommen, machte sie leider nicht.
Nachdem er nun also
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