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Hundstage

Hundstage

Titel: Hundstage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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Hundsfott machten. Ein solcher Vorgang wäre in England oder in Frankreich undenkbar gewesen: gezeichnet E.v.D.

    Gern hätte Sowtschick jetzt Gesellschaft gehabt. Die beiden Nichten schliefen noch, aber Adelheid und das Löwenheckerchen waren aufzustöbern. Sie setzten sich zu ihm an den Frühstückstisch und bedauerten, daß alles vorhanden war, Honig und Orangenmarmelade – sie wären gern wieder und wieder in die Küche gelaufen und hätten ihm was geholt. Und am Abend kochen, natürlich sowieso! Gern!

    Sowtschick gab sich zunächst leidend, dann nahm er still und dankbar je eine Hand und erzählte einige Stories aus seinem Leben, schlimme, die aber alle gut ausgegangen waren. Von seinen gestrigen Erlebnissen sprach er nicht, obwohl die Mädchen gern gewußt hätten, ob er da irgendwie geschlagen worden war. Deutsche Polizei, die ist ja berüchtigt in der ganzen Welt … Er sprach verallgemeinernd über seine Erlebnisse, von höherer Warte aus, daß man die Polizeibeamten auch verstehen muß, die hätten auch nur ihre Pflicht getan. Er wollte, daß man von ihm eines Tages sagen würde: Sowtschick war ein Mensch, der was wegstecken konnte, der selbst in extremsten Situationen souverän den Überblick behielt. Er kam auch gar nicht dazu, seine Leiden aufzuzählen, denn trotz aller Neugier schalteten sich die Mädchen schon bald selber ein und schilderten die Erlebnisse des Vortags recht drastisch: daß der Parkschein nicht aufzufinden gewesen war, das vergebliche Suchen in den Anzugtaschen und Schubladen, und daß Dr. Gildemeister – eine ulkige Nudel und gar nicht ohne – sich schließlich, als schon alles verloren zu sein schien, an die Brandwache erinnert hatte.

Ja, sagte Sowtschick, die beiden Feuerwehrmänner seien ein gutes Beispiel für die prachtvolle norddeutsche Bevölkerung. Er habe sich schon was ausgedacht, die beiden würden sich wundern. Was sie meinten, ob die sich über fünfhundert Mark wohl freuen würden?

    Tief innen zuckte er zusammen: Was hatte er da gehört? Anzugtaschen? Sie hatten die Anzugtaschen durchsucht? Da hatten sie also auch den Porno entdeckt, das war anzunehmen. Wie sie wohl die Sanftheit seines Wesens mit dem Gewaltsamen «auf die Reihe gekriegt» hatten. Wahrscheinlich dachten sie jetzt in diesem Augenblick daran, genauso wie auch er daran denken mußte. Wie Röntgenfilme schoben sich die Bilder aufeinander, seine und ihre.

    Es war nun so, daß er jederzeit Küsse und Liebkosungen einholen konnte, wie Kirschen vom Baum, ohne daß man ihn mit Kernen bespuckt hätte. Und so tat er es denn nicht, ja, er ließ sogar die Hände der Mädchen los, der wahre Grund dafür war allerdings, daß er ein Brötchen essen wollte.

    «Wollen wir nicht mal das ganze Haus aufräumen?» sagte er, und wies auf dieses und jenes hin, was «doch nicht so schön» sei. Und er dachte gleichzeitig an Marianne, seine klare, reine Frau, mit den Perlen am Ohr, und daß er bei sich selbst auch würde aufräumen müssen, den dubiosen Hängepartien ein Ende machen, möglichst bald.

    Er telefonierte ein wenig, zunächst mit Hessenberg, daß man die Polizei auch verstehen muß, die tut ja nur ihre Pflicht, dann mit Engelbert von Dornhagen, dem zu sagen war, daß er der einzige gewesen sei, der zu ihm gehalten hat. Carola Schade nahm ihr Bein unter sich und fragte, warum sie sich eigentlich nicht häufiger sahen, sie dächte ab und zu an damals … Übrigens sei auch sie von Polizei belästigt worden, und nicht zu knapp! Die hätten ihr die Bude eingerannt.

    Alle Menschen, die Sowtschick an diesem Vormittag anrief, waren anwesend. Es schien fast so, als warteten sie darauf, endlich mit ihm sprechen zu können. Darüber hinaus rief der Chefredakteur vom «Globus» an, die Parteiensache sei ja nun gestorben, aber wie wär’s denn mit Thailand? Habe er nicht mal Lust, nach Thailand zu fliegen? Mit Gattin und erster Klasse natürlich sowieso? In Thailand sei die Welt ja noch ziemlich in Ordnung.

    Sowtschick sagte nicht ja und nicht nein. Er langte sich dann aber doch den Lexikon-Band «Sue – Tuo» und las, daß Thailand an Birma, Laos und Kambodscha grenzt und ein Waldland ist. Die Savannen seien anthropogenen Ursprungs. Also auch hier Kahlschläge, nun, selber schuld … Keine schlechte Idee, mit Marianne in Thailand auf Elefanten zu reiten, quasi als Belohnung für all die Maleschen, die man hatte ausstehen müssen.

    Ein anderes, sehr gut dotiertes Angebot war schroff abzulehnen. Die Zeitschrift

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