HUNGER & LUST: Das erste Buch zur Kulinarischen Körperintelligenz (German Edition)
Magazinlesern, den Fernsehern oder Internetsurfern.
Als Beispiel: Wem würden Sie in Ihrer Tageszeitung eher glauben, dass „laut Studien ein bis zwei Gläser Rotwein pro Tag gesund sind“? Den Werbeanzeigen des „Verbands französischer Rotweinhersteller“ oder einem normalen Zeitungsartikel auf der Wissenschaftsseite? Es sind sicher fast alle Leser der Meinung, ein redaktioneller Artikel in ihrer Zeitung ist glaubwürdiger. Wenig überraschend, oder? Genau diesen Weg des Wissenstransfers machen sich heutzutage fast alle Unternehmen, Verbände und Lobbyisten zunutze. Die Tatsache an sich ist unproblematisch, aber Qualität und Seriosität zahlreicher PR-Meldungen befinden sich im Sinkflug. Um es kurz zu machen: War PR früher ein höchst glaubwürdiges und sehr gezielt eingesetztes Kommunikationsmittel, so ist es inzwischen häufig qualitätsfreie Massenware, mit der die Redaktionen täglich aufs Neue zugeschüttet werden. Nicht die PR ist das Problem, sondern die Flut an Meldungen, aus denen der objektive Journalist den „unabhängigen Weizen“ von der „werblichen Spreu“ trennen muss. Insbesondere im Bereich Ernährung und Gesundheit erscheinen pro Tag Dutzende deutschsprachige Pressemeldungen , mit denen sich deren Absender an die Redakteure richten. Sowohl Organisationen und „gemeinnützige“ Vereine als auch Hersteller sowie deren Lobbyverbände buhlen mittels PR um die Gunst der Journalisten, um ihre Botschaften in die Medien und damit zu ihrer Zielgruppe zu bringen. Hinzu kommen eilig verbreitete Forschungsergebnisse so manch übereifriger Pressestellen von Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen. Denn auch deren Wissenschaftler sehen sich häufig lieber in den Medien zitiert, anstatt weiterzuforschen, um mit nachfolgenden Studien erste Erkenntnisse zu bestätigen.
Im harten, schnelllebigen Wettbewerb um die beste Story sind viele Journalisten froh über diese griffigen Schlagzeilenaus der Wissenschaft. Und da der Alltag eines Medienmachers oft hektisch ist, bleibt mit Zeitdruck im Nacken und Redaktionsschluss vor Augen kaum Zeit, den Wahrheitsgehalt der Meldungen kritisch zu überprüfen, die für die geplante Berichterstattung benötigt werden. Das gilt vor allem für die Ergebnisse zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, deren zugrunde liegende Originalstudien mehr als zehn Seiten in einem englischsprachigen Medizinjournal umfassen können. So übernehmen viele Nachrichtenagenturen und Medien in gutem Glauben an die Verfasser deren Pressemeldungen, ohne die News auf Seriosität zu hinterfragen. Das Kürzel PR könnte in diesen Fällen leider häufig für „P seudowissenschaftlich R echerchiert“ stehen.
Und das ist ein wachsendes Problem, denn oftmals formen die Verfasser der PR-Texte die Studienergebnisse mittels „Datenmassage“ nach ihren Wünschen, um eine gewisse Botschaft zu transportieren. Ein beliebtes Opfer dieser Meinungsmache ist das „gefährliche rote Fleisch“, aber dazu später mehr. Jedenfalls gelangen auf diese Art zahlreiche Informationen an die Bevölkerung, die mehr Beeinflussung und Bevormundung zur Folge haben als nützliche, objektive Wissensvermittlung. Herausragende Erwähnung verdienen hier der Bereich Ernährung und die Diätindustrie. Tagtäglich überschlagen sich die Meldungen zu neuen Erkenntnissen, wie gesund gewisse Lebens- und Ernährungsformen, Nahrungsmittel oder gar einzelne Stoffe seien. Dahinter stehen häufig Verkaufsinteressen der Hersteller oder Profilierungsbedürfnisse selbst ernannter „Ernährungsexperten“, die nicht selten von Firmen bezahlt werden. Natürlich sind alle Meldungen „wissenschaftlich untermauert“, die Medien sollen die PR ja glauben. „Essen Sie dies, lassen Sie jenes, und wenn Sie das nicht schaffen, nehmen Sie am besten ein Nahrungsergänzungsmittel.“
Für jeden Kopf die passende Meldung
Die Flut an Meldungen hat ein dermaßen absurdes Stadium erreicht, dass sich manche Nachrichten geradezu kannibalisieren. Zwei Beispiele: Der einen Meldung zufolge schützt Vitamin C vor Erkältung, in der nächsten Nachricht liest man, es sei wirkungslos. Eine Untersuchung ergibt den klaren Zusammenhang zwischen Softdrinks und Übergewicht bei Kindern, der jedoch gemäß einer anderen Studienanalyse sicher ausgeschlossen wird.
Für die Medien heißt das: Sie können aus der Vielzahl unterschiedlicher Nachrichten gezielt jene Informationen auswählen, die in ihre Storys passen und die die Bedürfnisse ihrer
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