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HUNGER & LUST: Das erste Buch zur Kulinarischen Körperintelligenz (German Edition)

HUNGER & LUST: Das erste Buch zur Kulinarischen Körperintelligenz (German Edition)

Titel: HUNGER & LUST: Das erste Buch zur Kulinarischen Körperintelligenz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vito von Eichborn , Uwe Knop
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geteilt durch Größe im Quadrat) und berücksichtigt dabei keinerlei unterschiedliche Körperformen. Darüber hinaus werden sowohl Frauen als auch Männer und alle Altersklassen an den „Idealwerten“ 20 bis 25 bemessen – einfach alle in einen Topf. Das führt zu verzerrten Ergebnissen, denn der Körper eines 20-jährigen Mannes ist anders zu bewerten als der seines Großvaters und der seiner Mutter mit 50 Jahren. Der BMI erfasst leider auch nicht, ob wir muskulössind oder eher fettleibig, sondern bezieht sich nur auf die reine Masse – er unterscheidet also nicht zwischen Muskeln oder Fett und demnach auch nicht, wo das Fett sitzt (es gibt „böses“ im Bauch und das „gesunde“ Unterhautfettgewebe). Daher erlaubt der BMI auch keine Aussagen über die Entstehung und Entwicklung von Krankheiten . So gab im März 2010 ein Forscherteam der Ludwig-Maximilians-Universität München bekannt: „Body-Mass-Index taugt nicht für gesundheitliche Risikovorsorge.“ Studienleiter Dr. Harald Schneider betont: „Der BMI spielt keine Rolle für das Schlaganfall-, Herzinfarkt- oder Todesrisiko eines Menschen.“ Dem entsprechen Forscher der amerikanischen Mayo Clinic im Mai 2011 nach Analyse von fast 16.000 Patientendaten aus fünf weltweiten Studien: Der BMI sagt nichts über das Sterberisiko von Herzpatienten aus . Die Kritik am BMI wächst mit jeder neuen Untersuchung zur Lebenserwartung , da paradoxerweise die „Übergewichtigen“ am längsten leben (S. 126). Für den Übergewichts-Experten Professor Johannes Hebebrand ist der BMI beispielsweise „als Grenze zwischen Normal- und Untergewicht reine Willkür.“ Und DGE-Sprecherin Antje Gahl zufolge ist der BMI auch für die Beurteilung des Ernährungszustands bei Kindern nicht geeignet. Welche Relevanz hat dieser Wert denn nun, der Menschen mit der höchsten Lebenserwartung als übergewichtig stigmatisiert? Die Antwort gab Anfang 2010 die Sprecherin des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung, Dr. Gisela Olias: Der BMI „hat ausgedient“ .
    Bevor der BMI in Rente geschickt wird, sei noch an folgenden Kritikpunkt erinnert, der das Dilemma eindrucksvoll verbildlicht: Muskeln sind schwerer als Fett. Und diese Tatsache treibt den BMI bei muskulösen Menschen zusätzlich in die Höhe. Als beliebtes Beispiel der BMI-Kritiker wird häufig der Boxer Wladimir Klitschko herangezogen: Mit einem BMI von fast 29 liegt er nah an der Grenze, als „fettleibig“ deklariert zu werden (ab30 lautet die Definition „adipös“). Solch einen „Fettleib“ hätte mancher Mann sicher gerne. Und viele Frauen würden bestimmt auch nicht Nein dazu sagen, mit einem derart gebauten Partner liiert zu sein.
    Normalerweise sollte in Statistiken der Normalfall am häufigsten vertreten sein, mit Extremen am oberen und unteren Ende. Doch beim Gewicht der Deutschen scheint es genau umgekehrt. Werden wir also mit falschen Bemessungsgrundlagen einfach nur fett gerechnet? Entsteht auf dem Papier eine Generation von Dicken, die es gar nicht gibt? Will man uns vielleicht ein schlechtes Gewissen machen, oder haben wirklich mindestens sieben von zehn Männern und mehr als jede zweite Frau ein Gewichtsproblem?

Gesellschaftlich genötigter Nachwuchs
    Unser Nachwuchs zumindest trägt diese schweren Probleme nicht mit sich herum, hier sehen wir 2008 die Normalverteilung: Entsprechend der Kindergesundheitsstudie „KiGGS“ des in Fachkreisen hoch geschätzten Berliner Robert Koch-Instituts sind drei Viertel der Kinder normalgewichtig und nur sechs bis sieben Prozent stark übergewichtig . Paradoxerweise propagieren Politik und Medien gerne die „Generation der dicken Kinder“. Das führt dazu, dass wir auf den Straßen auch gerne „viele“ von ihnen sehen, obwohl es gar nicht so viele gibt. Unsere Aufmerksamkeit wird durch die Medien immer wieder gezielt darauf gelenkt. Das nennt man „selektive Wahrnehmung“. Hinzu kommt eine weitere sehr menschliche Eigenart: Extreme Formen erzeugen eine höhere Neugier, bewusst hinzuschauen. So scheinen zwei oder drei sehr füllige Kinder, die wir täglich sehen, die Berichterstattung zu den „dicken Kindern“ zu bestätigen. Aberbitte überlegen Sie mal: Wie viele normalgewichtige Kids sehen Sie im selben Zeitraum? Sicher ein Vielfaches mehr. Jedoch registriert Ihr Hirn die vielen normalen Kinder nicht in dem Maß wie ein dickes Kind. Statt die Konzentration auf die wenigen stark übergewichtigen Kids zu lenken, sollten Politiker & Co. ihre

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