HUNGER & LUST: Das erste Buch zur Kulinarischen Körperintelligenz (German Edition)
Fettpölsterchen schmelzen sehen – die Kilos verschwinden sozusagen auf Knopfdruck. Bitte bedenken Sie: Ohne massive Eingriffe in digitale Bilder wären selbst Topmodels nicht gut genug für die Zeitschriftencover. Psychiater des britischen „Royal College of Psychiatrics“ fordern daher einen Warnhinweis für künstlich geschönte Bilder von Models und Stars. Dieser Hinweis soll wieder zu einem realistischen Körperbild verhelfen, denn: Nobody’s perfect!
In diesem Sinn: Lassen Sie sich nicht von „perfekt geformten Übermenschen“ illusionieren, dafür gibt es inzwischen genügend magische Shows.
Am Rande gefragt: Wie viele Ihrer männlichen Freunde und Bekannten haben einen Waschbrettbauch und eine ausdefinierte, breite Brustmuskulatur bei 1,88 m Körpergröße? Welche Frauen kennen Sie, die dem vermeintlich perfekten „90/60/90-Ideal“ mit straffer Brust, knackigem Hintern und rundum glatter Haut bei 1,75 m entsprechen? Wenige bis keine? Also, vergessen Sie bitte, dass das die Normalität sein soll.
Wir Deutschen sind auch so zufrieden: Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa ergab Anfang 2009, dass etwa 80 Prozent der Männer und Frauen ihren Körper mögen, wie er ist, oder überwiegend zufrieden mit ihm sind. Und das gilt nicht nur für den eigenen Körper, sondern auch für den des Partners – fast zwei Drittel der Männer und Frauen einer Emnid-Befragung gaben an, dass ihr Partner keine Frühjahrsdiät machen solle, um ein paar Kilos abzunehmen. Nur elf Prozent der Männer wünschtensich demnach ihre Partnerin schlanker. Einer weiteren Befragung zufolge hatten insgesamt 83 Prozent der Bevölkerung nicht vor, nach den Feiertagen 2010 eine Diät zu beginnen. Der Großteil der Deutschen hat offensichtlich eine gesunde Distanz zum „BMIAlltagsterrorismus“. Etwa zur gleichen Zeit wie Forsa und Emnid fanden US-amerikanische Forscher übrigens heraus, dass das Gewicht bei Frauen auch in Sachen Sex keine Rolle spielt. Die Forscher konnten keine wesentlichen Unterschiede im Sexualverhalten von normalgewichtigen, übergewichtigen und adipösen Frauen feststellen. Türkische Forscher hingegen konnten Ende 2010 einen Unterschied feststellen – und zwar bei der sexuellen Ausdauer von Männern: Übergewichtige Männer können beim Sex viermal so lang wie Normalgewichtige …
Welchen Stellenwert das Thema Gewicht(sreduktion) nichtsdestotrotz in unserer Gesellschaft hat, beweist auch die Tatsache, dass Susanne Fröhlichs Diätratgeber „Moppel-Ich“ 2004 das meistverkaufte Sachbuch in Deutschland war. Die Leser können in diesem Werk an Frau Fröhlichs „Kampf gegen die Kilos“ teilnehmen – um genau zu sein: 23 Kilogramm speckte die bekannte Moderatorin ab. Aber bereits nach der erfolgreich vermarkteten Abspeckkur war sie schon wieder zwölf Kilo schwerer. Diäten bringen einfach nichts. Für Frau Fröhlich lautet die Erkenntnis: „Diäten sind Glücksfresser – und sie machen auf Dauer keineswegs schlank.“
Das weiß auch die prominente TV-Richterin eines großen deutschen Privatsenders: Barbara Salesch bekannte sich in einem umfangreichen Interview für eine Sonntagszeitung zu ihrer Körperfülle und beschreibt – bewusst oder unbewusst – ihre „speichergenetische Ader“. Sie müsse ihr ganzes Leben lang Diät halten, wolle sie schlank sein. Darauf verzichte sie lieber, dennsie habe einen „Butter-Sahne-Geschmack“, der eben ihre Lust auf hochkalorisches Essen bedinge – und die möchte sie auch ausleben. Gemäß der in diesem Kapitel dargelegten Theorie entspricht das Verhalten der Fernsehrichterin der klassischen Wahl von Variante eins der „genetischen Zwickmühlentheorie“: Ich lebe meine Gene aus (esse, was ich will), dafür muss ich mit gewissem Naserümpfen vieler Mitbürger leben („Ich bin optisch zu dick, gemessen am aktuellen gesellschaftlichen Maßstab“). Zwei daraufhin von der Redaktion ausgewählte Leserbriefe spiegeln die beiden Seiten der Bewertung der Bürger wider: „Glückwunsch, daran sollten sich die Diätfanatiker ein Beispiel nehmen“, lautete die unterstützende Meinung. „Typisch, wer zu viel auf den Hüften hat, versucht, sich mit,Ich kann doch nichts dafür‘-Parolen das Übergewicht schönzureden“, schrieb wahrscheinlich ein schlanker Zeitgenosse. Für die „Ich kann doch nichts dafür“-Parolen sprechen einige der in diesem Kapitel beschriebenen genetischen Fakten und Theorien. Im nun folgenden Teil erwartet Sie noch eine
Weitere Kostenlose Bücher