Hurra, die Lage wird ernst
wenn es
überhaupt dazu kommt.«
»Och, macht nichts«, wehrte Oliver
glaubwürdig ab, »ich bin ja nicht hergekommen, um mich von dir verwöhnen zu
lassen.« Dabei hatte er bestimmt noch nicht zu Abend gegessen, der arme Oliver.
Darauf fing er an, in seiner Hosentasche herumzusuchen.
»Ich hab’ dir auch was mitgebracht.
Ich habe Debray gesagt, daß ich zu dir fahren wollte, und da hat er mir das für
dich mitgegeben.«
Damit legte er ein kleines Ding auf
den Tisch, das silbrig schimmerte und nicht größer war als vier kleine
Hundekuchen nebeneinandergelegt.
»Eine Kleinkamera!« staunte Anja.
»Glaubst du, daß ich die brauchen werde?«
»Man kann nie wissen. Debray meint,
es könnte ja sein, daß du die Unterlagen durch Zufall einmal zu Gesicht
kriegst, dann brauchst du sie nicht an dich zu nehmen, das ist zu gefährlich.
In diesem Fall fotografierst du sie einfach. Das Risiko ist wesentlich kleiner
für dich.«
»Toll, das ist wirklich eine gute
Idee, obwohl ich von Plänen irgendwelcher Art bis jetzt weder was gehört noch
gesehen habe. Schuftel mußt du fragen, ich glaube, er könnte dir eine ganze
Menge erzählen. Der vorwitzige Kerl hat sich die ganze Zeit im
Eßzimmer aufgehalten, als sie
furchtbar wichtige Dinge zu besprechen schienen.«
Und heute nachmittag auch noch, aber
das wußte Anja ja nicht, weil ich mich fortgeschlichen hatte, als sie noch schlief.
Wie gerne hätte ich vor Oliver all meine Weisheiten ausgebreitet, aber ich sah
ein, daß es keinen Zweck hatte, es noch mal zu versuchen. Manchmal sind
Menschen richtig dumm. Sie wollen so klug sein und verstehen nicht mal, wie der
Hund spricht.
Vom ersten Augenblick in dem Oliver
sich in den Sessel gesetzt hatte, hatte ich mich an ihn herangemacht, und er
enttäuschte mich nicht. Gefühlvoll krabbelte er an allem, was ich ihm hinhielt,
am meisten hinter den Ohren, wechselseitig, versteht sich. Das war doch
wenigstens ein Trost.
»So, nun erzähl doch mal, was hier
so los war, was du schon herausgefunden hast. Oder ist es noch zu früh, danach
zu fragen?«
»Denkste«, gab ihm Anja Bescheid,
und dann erzählte sie ausführlich davon, was sie an diesem ersten Tage in
diesem Haus alles erlebt und erduldet hatte. Von den Überresten der
>Orgie<, wie sie das nannte, vom Papierkorb, den sie
>sichergestellt< hatte, von der ganzen Hetzerei. Und ganz zum Schluß,
nach vielen vorbereitenden Worten, ließ sie, wie ein Zauberer sein Kaninchen,
den Inhalt des Telegramms aus dem Hut.
Oliver staunte nicht schlecht und
sagte, sie werde vielleicht doch noch eine ganz brauchbare Detektivin abgeben.
Leider mußte er sich schon bald wieder verabschieden. Er sagte:
»Ich hab’ noch einen weiten Heimweg,
und du bist nach dieser Plackerei bestimmt auch müde.« Anja gab ihm noch das
besprochene Tonband vom Abend mit, weil sie es dann nicht erst mit der Post zu
schicken brauchte und bat ihn ausdrücklich, lieber nicht mehr herzukommen. Dann
brachten wir gemeinsam Oliver wieder an die Tür.
Differenzen
Spät
in der Nacht waren die vier klammheimlich heimgekehrt. Gemeldet habe ich mich
nicht, denn ich erkannte gerade noch rechtzeitig Jos rauhes Organ und wußte so,
daß es sich um Mitglieder unserer Wohngemeinschaft handelte, bei denen es mir
nicht zustand, den Eintritt zu verwehren.
Am Morgen traf ich sie alle wieder
im Eßzimmer, außer Bully. Bully fehlte in der erlauchten Runde, was mich
keineswegs traurig stimmte. Anja mußte schon lange Zeit vor mir
hinuntergegangen sein, aber da sie die Tür unseres Zimmers einen Spalt
offengelassen hatte, konnte ich ihren Spuren folgen, nachdem ich ausgeschlafen
hatte.
Sie waren schon fertig mit dem
Frühstück, als ich hinunterkam. Anja räumte gerade die Bestecke und das
Geschirr weg. Blacky, albern wie immer, versuchte vergeblich, durch ein paar
verrückte Sprünge und gräßliches Gejaule sein Frauchen zu einem Spaziergang
anzustacheln. Aber sie sagte nur: »Laß das« und rauschte zu Anja hinaus, die
bereits wieder in der Küche anzutreffen war, wahrscheinlich, um sie mit
Anweisungen für den ganzen Tag einzudecken.
Eddie saß noch am Tisch, steckte
sich eine Zigarette zwischen die Lippen und sagte gedankenverloren vor sich
hin: »So ein Mist.«
Jo, der ihm gegenübersaß und noch
immer kaute, obwohl schon längst nichts Eßbares mehr auf dem Tisch stand,
meinte:
»Dat wird schon klappen. Laß dat mal
den Jo machen. Nä, im Ernst, wat hat dat denn schon zu bedeuten, dat der Kerl
nit jenau auf die
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