Hurra, wir leben noch
Militäradministration selber tun. Die exemplarische Handlung des Unbekannten bestätigt wieder einmal die Worte des Genossen Walter Ulbricht, der sagte …
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»Ach, halten Sie doch bitte einen Moment meine Tasche, lieber Herr Formann«, sagte Jan Kalder. »Da drüben ist ein Schwarzhändler mit Kirschen! Kirschen! Du lieber Gott, wann habe ich das letzte Mal Kirschen gegessen!«
Jakob nahm dem Herrn mit den glückstrahlenden Augen und heftig geröteten Backen die Tasche ab und nickte freundlich. Kalder eilte leichtfüßig über das Kopfsteinpflaster der Hauptstraße von Murnau. Es war 16 Uhr 37 am 13. Juni 1947. (Die genaue Zeit stellte später die Polizei fest.) Jakob war mit Kalder gerade aus München gekommen. Winter, Frühling, Frühsommer über hatte es noch gewährt, dann war Nachricht von der Amerikanischen Militärregierung gekommen: Herr Jan Kalder möge erscheinen und sich seine Lizenz für die Illustrierte abholen.
War das eine Aufregung gewesen! Endlich, endlich hatte man es geschafft! Frau Roxane Kalder und Frau Dr. Ingeborg Malthus waren allzu überwältigt, als daß sie den Wunsch des ebenfalls sehr aufgeregten Herrn Kalder hätten erfüllen können, ihn nach München zu begleiten. Sie fühlten sich der Reise einfach nicht gewachsen. Also hatte Jakob sich des älteren Herrn angenommen, war mit der Bahn nach München gefahren, hatte mit Herrn Kalder das Gebäude der Militärregierung aufgesucht, war Zeuge des historischen Augenblicks gewesen, in welchem ein deutschsprechender Presseoffizier Herrn Kalder die Lizenzurkunde überreicht und ihm die Hand geschüttelt hatte.
»Und nun Glück auf für Ihre ORCHIDEE !« hatte der junge Offizier gesagt. Kalder war selbst für eine Antwort zu aufgeregt gewesen.
»Vielen Dank«, hatte statt seiner Jakob geantwortet, während er dachte: ORCHIDEE als Titel für eine Illustrierte! Ich würde ja lieber verrecken, als eine Illustrierte ORCHIDEE nennen. Ach was, ist es meine Orchidee – äh, Illustrierte?
Auf der ganzen langen Rückfahrt in einem anderen Bummelzug hatte Jakob sich dann geduldig Herrn Kalders glückseliges Gestammel angehört und bei sich gedacht, daß auch ihm alles zum besten gedieh. Die Fertighausfabriken arbeiteten bereits auf vollen Touren, wenn die Familie Jaschke auch noch immer in dem Bootshaus schlief. Aber wie optimistisch und selig waren – alle – die Jaschkes und die Arbeiter!
Jaschke entwickelte ununterbrochen Verbesserungen, neue Modelle, größere Typen – jetzt mußte die Währungsreform doch endlich kommen, und dann begann die Neue Zeit!
Jakobs drei Hühnerfarmen arbeiteten prächtig. Überall waren die von Hölzlwimmer erfundenen Förderbänder und Sammelstellen bereits installiert worden.
Die schrecklichen Gewissensbisse und Alpträume wegen des großen Eier-Betruges, begangen an den unschuldigen Kindern in der Sowjetischen Besatzungszone, plagten ihn nicht mehr, seitdem er hundertfünfzig Zentner Trockenmilchpulver und hundertfünfzig Zentner Eipulver auf dem Schwarzen Markt erstanden und mit Hilfe von weiteren gefälschten Papieren (Mader!) auf die Bahn nach Berlin-Karlshorst gebracht hatte. Sie war mächtig ins Geld gegangen, diese gute Tat. Doch Jakob hätte sonst keine ruhige Minute mehr gehabt. Schließlich hatte es da noch die Sache mit dem Arnusch Franzl gegeben. Der war eines Tages, noch eleganter, noch fetter, in Murnau erschienen, um Jakob zu besuchen. In Erinnerung an die gemeinsam in Paris verbrachte Zeit versunken, gab der Franzl gleich zu Anfang bekannt: »Also mit dem Werwolf, mit der Laureen, da hast du dir was Feines angelacht.«
»Was habe ich mir denn angelacht?«
»Eine Todfeindin fürs Leben, Mensch! Du hast ja keine Ahnung, was die noch aufgeführt hat, bevor wir sie – in letzter Minute! – in den ›Train bleu‹ geschubst haben. Geschrien hat sie! Geflucht! Sie wird sich rächen!«
»Ach, weißt du …«
»Nein, nix ›ach, weißt du!‹ So was ist sehr ernst zu nehmen! Eine verschmähte Frau verzeiht niemals …«
»Aber ich hab’ sie doch gar nicht verschmäht! Im Gegenteil! Ich habe doch nur …«
»Du weißt es, und ich weiß es, was du nur hast. Und Laureen weiß es auch. Ich kann dir bloß raten: Sei wachsam!«
»Schön. Werd’ ich wachsam sein. Sie ist aber an die Riviera gefahren?«
»Ja.«
»Prima. Vielleicht findet sie da unten einen Kerl mit viel Geld, der sie heiratet. Und du? Was machst du?«
Der Franzl äußerte sich dahingehend, daß er nicht klagen
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