Hurra, wir leben noch
gröblichste fahrlässig, leichtfertig und zum Schaden der deutschen Bevölkerung gehandelt hat. Genosse Klahr gibt in beiliegender schriftlicher Selbstkritik zu, die Kisten mit den Eiern des Formann nur höchst oberflächlich geprüft und damit den Betrug überhaupt erst ermöglicht zu haben.
Der Genosse Peter Hohlweg von der Deutschen Verwaltung für Handel und Versorgung gibt in beiliegender schriftlicher Selbstkritik zu, in einer die Arbeiter-und-Bauern-Macht schädigenden Weise heimtückisch und egoistisch gehandelt zu haben. Genosse Hohlweg gesteht, mit einer Sonderkommission seiner Verwaltung die vier im Bericht 1 erwähnten Güterwaggons nach elftägiger Suche auf dem Gleis 490 des Ostbahnhofes in Berlin aufgespürt zu haben – im Wettlauf um die Zeit mit der Erfassungsstelle für Eier und Eierprodukte, welche die Waggons ebenfalls durch eine Sonderkommission suchen ließ. Nach Öffnen der Kisten stellte sich heraus, daß diese (siehe Bericht 1) jeweils nur mit zwei Lagen Eiern (18 Stück) belegt und ansonsten mit Holzwolle und pornographischen Bildern von ekelerregender Schamlosigkeit (Ursprung USA , sogenannte ›Pin-ups‹) gefüllt waren. Die Eier waren nach Einlassung des Genossen Hohlweg fast alle nicht mehr genießbar. Deshalb hat der Genosse Hohlweg (siehe seine Selbstkritik) sie angeblich sämtlich vernichten lassen, welche Behauptung bezweifelt werden muß. Das gleiche gibt der Genosse Hohlweg an, mit den Bildern von unbeschreiblicher Obszönität getan zu haben, was ebenfalls bezweifelt wird. Dem steht nämlich die Aussage des verdienten Genossen Karl Mischewski von der Erfassungsstelle für Eier und Eierprodukte gegenüber (siehe seinen beiliegenden Bericht). Nach den Angaben des Genossen Mischewski traf seine Sonderkommission unmittelbar nach jener des Genossen Hohlweg nachts bei den Waggons ein und konnte beobachten, wie die Kisten geleert wurden. Die Eier waren mitnichten schlecht geworden, sondern alle in bestem Zustand und wurden von den Mitgliedern der Sonderkommission der Deutschen Verwaltung für Handel und Versorgung, der auch der Genosse Hohlweg angehörte, im Dunkel dieser Nacht gestohlen. Das gleiche geschah mit den brechreizerregenden pornographischen Bildern.
Zwei Tage später kam es in mehreren Wohnungen von Angehörigen der Dienststelle des Genossen Hohlweg zu Orgien, die jeder Beschreibung spotten. Weibliche Genossen nahmen an diesen teil. (Siehe Bericht des Genossen Mischewski und beigefügte Fotografien eines eingeschleusten Genossen!) Die sexuellen Ausschreitungen waren nach Angabe des Genossen Ungern nicht zu überbieten. Die pornographischen Bilder wurden zuletzt versteigert und werden nun im gesamten Gebiet der SBZ heimlich gehandelt.
Nach unserer Meinung darf dieser Skandal keinesfalls weitere Kreise ziehen, weil das keinesfalls im Interesse des Aufbaus der Arbeiter-und-Bauern-Macht im Bereich der Sowjetischen Militäradministration liegt. Aus diesem Grunde ist im Einvernehmen mit den zuständigen Genossen der Sozialistischen Einheitspartei folgendes veranlaßt worden:
Spezialagenten kaufen zur Zeit die ›Pin-ups‹ auf, wo sie solche nur finden können.
Der Genosse Klahr ist sofort nach Berlin beordert worden. Nach Androhung schwerer Bestrafung im Falle eines weiteren Vergehens wurde er zum Leiter der Ausbildungsabteilung für Funktionäre in der westdeutschen Bi-Zone ernannt.
Der Genosse Hohlweg wird mit sofortiger Wirkung aus der Deutschen Verwaltung für Handel und Versorgung entlassen und nach Androhung schwerer Bestrafung im Falle eines weiteren Vergehens an die Hauptstelle Fremdwährungsverwaltung für Devisengeschäfte mit dem Ausland versetzt unter gleichzeitiger Beförderung zum Hauptstellenleiter.
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Meldung in NEUES DEUTSCHLAND , dem offiziellen Organ des Parteivorstandes der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands:
GROSSHERZIGE SPENDE EINES FREUNDES UNSERER ARBEITER-UND-BAUERN-MACHT
Die Sowjetische Militäradministration Karlshorst gibt bekannt: Aus der Bundesrepublik Deutschland sind im Demokratischen Sektor von Berlin hundertfünfzig Zentner Trockenmilchpulver und hundertfünfzig Zentner Eipulver aus Beständen der amerikanischen Armee eingetroffen. Der anonyme Absender gab in einem beigefügten Schreiben seine Solidarität mit dem Aufbau der Arbeiter-und-Bauern-Macht unter der ruhmreichen Sowjetischen Militäradministration für Deutschland bekannt und bittet, das Milchpulver und das Eipulver an Kinder zu verteilen. Dies wird die Sowjetische
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