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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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könne. Er arbeitete noch immer als Devisenfahnder – nunmehr geehrt und im Besitz einer Dankesurkunde von den vier Alliierten – aber daneben, so sagte er, mache er in Aktien.
    »Wo hinein?« fragte Jakob.
    Daraufhin hielt Franzl einen halbstündigen Vortrag über Aktien. Danach forschte er: »Kapiert?«
    »Kein Wort.«
    »Mensch, ich könnte dich erschlagen! So blöd darf doch niemand sein!«
    »Wie du siehst …«
    »Also noch einmal …« Franzl stöhnte. »Ganz kurz und grob verallgemeinert: Viele große Werke sind Aktiengesellschaften. Das heißt, das Grundkapital setzt sich aus Aktien zusammen. So eine Aktie ist ein schönes Papier, das du kaufen kannst.«
    »Da muß einer aber schon wirklich sehr blöd sein.«
    »Wieso?«
    »Weil er ein Stück Papier kauft, bloß weil es schön ist.«
    »Idiot! Indem du dieses Papier kaufst, erwirbst du einen gewissen Anteil an dem Werk. Der gehört dann dir. Es kommen natürlich sehr viele Aktien zusammen. Also sehr viel Geld. Damit arbeitet das Werk. Macht Gewinn. Jetzt kannst du Dividenden fordern.«
    »Was fordern?«
    »Divi … Ich werde wahnsinnig! Geld, Idiot, Geld kannst du fordern!«
    »Du machst dich über mich lustig. Das ist nicht nett von dir.«
    »Wieso mache ich mich …«
    »Zuerst soll ich so blöd sein, daß ich schöne Papiere kaufe, und dann soll ich so frech sein, von lauter Leuten, die ich nicht kenne, auch noch Geld zu verlangen! Das will ich nicht! Das kann ich nicht. Du weißt, ich bin ein anständiger, bescheidener Mensch. Und das, das wäre einfach frech und unanständig!«
    Nach einer weiteren Stunde Unterrichtung Jakobs hatte dieser die Sache dann kapiert. Halbwegs.
    »Ach, so ist das …«
    »Liebe Himmelmutter, ich danke dir! Endlich hat der Kretin das begriffen! Du hast doch noch Dollars?«
    »N … ja. Warum?«
    »Gib mir, soviel du kannst, und ich kaufe dir Aktien.«
    »Was für welche?«
    Franzl nannte, schwitzend vor Erschöpfung, die Namen zahlreicher ehemals riesiger Unternehmen, die zur Zeit ausgebombt waren oder mangels Rohstoffen und Material brachlagen.
    »Und dafür soll ich dir meine Dollars geben?« lärmte Jakob. »Für lauter solche Pleite-Dinger, die hin sind? Du willst mich bescheißen! Bescheißen willst du mich! Und dich habe ich für einen Freund gehalten! Dir habe ich …«
    »Jakob, hör auf, oder ich schlage dich mit einem nassen Fetzen tot, so wahr mir Gott helfe! Ruhe! Hör mir zu! Jetzt liegen alle diese Werke brach! Jetzt produzieren sie nicht! Deshalb kannst du ihre Aktien auch für praktisch Nullkommajosef kaufen! Es ist klar wie nur etwas, daß diese Werke in kurzer Zeit wieder arbeiten, produzieren, zur alten Größe zurückkehren werden! Und dann werden ihre Aktien ungeheuer viel mehr wert sein! Aber du, du wirst dann alle diese Aktien schon haben – ganz billig erworben, und trotzdem wirst du massig Geld bekommen bei jeder Dividendenausschüttung!«
    Jakob dachte lange nach. (Er dachte immer lange nach.) Jakob kam zu dem Schluß: »Also ich würde ja die Finger von so etwas lassen. Aber von Geld verstehst du was, das weiß ich. Darum will ich es riskieren. Ich vertraue dir, Franzl!«
    »Das kannst du auch, verflucht und zugenäht!«
    »Hoffentlich, Franzl. Hoffentlich«, hatte Jakob gesagt und dem andern einen Haufen Dollars gegeben. Kurze Zeit später besaß er einen Haufen Aktien aller möglichen Gesellschaften. Allein die Tatsache, daß auch Franzl sich eingedeckt hatte, beruhigte Jakob ein wenig, wenn er an die Geschichte dachte. Denn bislang waren die fast wertlosen schönen Papiere nicht um einen Pfennig wertvoller geworden. Ach was, dachte Jakob immer, trübe Gedanken verscheuchend, ich habe eben was riskiert! Ich bin schon immer ein Wagehals gewesen! Man wird denn da doch sehen …
    Natürlich waren alle diese Anschaffungen und tollkühnen Zukunftskäufe mächtig ins Geld gegangen. Jakob war nicht mehr so reich wie zu der Zeit, da er aus Paris kam, längst nicht mehr! Es ging aber nicht anders! Denn auch die Fertigbauhausfabriken mußten arbeiten, und das konnten sie nur, nachdem die Gebäude instand gesetzt, Maschinen schwarz gekauft und Werkzeuge angeschafft worden waren. Es hat schon alles (hoffentlich – die Aktien!) seine Richtigkeit, dachte Jakob, während er den glücklichen Herrn Kalder mit einer Tüte voller Kirschen wieder zurückkommen sah.
    »Schauen Sie sich das an«, sagte Kalder atemlos. »Wie die glänzen … dieses Rot … Niemals habe ich so schöne, glänzende rote

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