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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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bewunderte er das Riesenfeuerwerk anläßlich des 4. Juli. Danach wurde ganz Washington mit Musik aus Lautsprecherwagen berieselt. Danach küßte Jakob Jills Hand. Innen. Danach begann Jill bitterlich zu weinen.
    Er streichelte sie zart. Es half nichts. Er streichelte geduldig weiter und forschte dezent: »Warum weinst du, Liebling?«
    »Wei … wei … weil du doch gleich wieder wegfliegst, Jake …«
    Er preßte sie an sich und bedeckte ihr tränennasses Gesicht mit Küssen.
    »Hier in Washington hatte ich das größte Erlebnis meines Lebens.«
    »Wa … as für ein Erlebnis?«
    »Dich.«
    »Ach, Ja … ake, Ja … ake, Ja … ake! Du bist doch auch meines! Nimm mich mit! Ich gehe mit dir nach Deutschland. Ich gehe überallhin, wo du hingehst! Ich schwöre, ich werde dir eine gute Frau sein …« Er zuckte zusammen. »… keine Angst … du mußt mich nicht heiraten … Nur bei dir sein will ich, bei dir sein …«
    »Jill, sei vernünftig, bitte. Es reißt mir ja selbst das Herz aus dem Leibe, daß ich dich verlassen muß. Aber meine Fabriken, meine Illustrierte, die vielen Menschen, für die ich zu sorgen habe …« (Und jetzt, pathetisch:) »Ich werde wohl immer alleinbleiben müssen …«
    »O … oooh!« Neues Aufschluchzen. (Hoffentlich protestieren die Nachbarn nicht wieder, dachte Jakob nervös. Bei der zweiten Schlittenfahrt hat so ein Sauhund an die Wand neben Jills Bett geklopft. Zugegeben, sie lärmte ein wenig sehr … Ich muß zur Sache kommen.)
    Er kam. »Senator Connelly hat mich – mich, der ich nur das Beste für ihn und dieses Land will! – zutiefst beleidigt. Das kann ein Mann wie ich sich nicht bieten lassen!«
    »Mein Gott, Jake, sprich nicht so! Bob hat es gewiß nicht so gemeint …«
    »Wer?«
    »Bob … Robert … der Senator …« Das Schluchzen wurde sehr laut. »O Gott, was wirst du jetzt bloß von mir denken?«
    Das pflegen die Mädchen in Deutschland nachher auch immer zu sagen, dachte Jakob und sagte, wobei er Jills Haar und darunterliegende Körperpartien streichelte: »Denken? Was für ein Unsinn! Es war mir vom ersten Moment an klar, daß du seine Geliebte bist!«
    »Sprich nicht so!« (Sehr schrill! Die Nachbarn!)
    »Leise, Jill, leise! Ich meine … daß euch eine innige Beziehung verbindet. Oder stimmt das nicht?«
    »Wenn du wüßtest, wie schwer das oft für mich ist!«
    »Nicht doch. Warum denn?«
    »Jake! Er ist dreiundsechzig! Ich bin achtundzwanzig!«
    »Das ist allerdings schlimm, mein Kind. Aber wenn es so schwer für dich ist, warum um alles in der Welt verläßt du ihn dann nicht?«
    »Ver … lassen?«
    »Ein Mädchen mit deinem Aussehen! Ein Mädchen mit deiner Intelligenz!«
    Sie sah ihn aus riesengroßen blauen Augen an. Die Unterlippe bebte. »Ja, hast du es denn noch nicht bemerkt, Liebster?«
    »Was, Schatz?«
    »Daß ich doof bin!«
    »Daß du was bist?« Er sah sie entgeistert an. Rot und blau und grün wurde ihr Gesicht. (Ein neues Feuerwerk war losgegangen. Die folgende Konversation wurde unter dauernden Blitzen, Farbenspielen und krachenden Detonationen geführt.)
    »Doof! Doof! Doof wie ein Ei! Ich bin das, was man hier die ›doofe Blonde‹ nennt! Und das hast du nicht gemerkt?«
    »Nein!«
    »Du willst mir nur etwas Liebes sagen!« Immer reden lassen jetzt, dachte Jakob, dem eine Idee gekommen war. Nicht widersprechen oder unterbrechen. Immer lassen. Aus der armen Jill brach es heraus: »Deshalb bleibe ich ja bei Bob … entschuldige, bei dem Senator … Weißt du, wie schwer es ist, einen gutbezahlten Job zu bekommen in dieser Stadt, wenn man doof ist? Überall hatte ich es schon versucht, sogar im Pentagon, im Verteidigungsministerium. Da wird es nicht so auffallen, habe ich gedacht … Hast du ein Taschentuch?« Er reichte es ihr. Sie blies hinein, daß es donnerte. »Es
ist
aufgefallen! Sogar im Pentagon! Dann … dann lief mir Bob über den Weg … Verknallte sich in mich … Ich wurde seine Chefsekretärin …
    Natürlich habe ich mir dann auch seine Liebe gefallen lassen müssen! Kannst du dir das denn nicht vorstellen? Du … du darfst Bob nicht böse sein! Er ist es auch nicht!«
    »Nein. Er hat mich aus lauter Jux und Tollerei angebrüllt und hinausgeworfen, wie?«
    »Er – mein Gott –, er ist eben auch kein Geistesriese! Das liegt in der Familie …« Weiß der Himmel, dachte Jakob, indem er sich an den Sohn in Wien erinnerte. »… und dazu jähzornig! Sonst ist er der gütigste Mensch von der Welt.

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