Hurra, wir leben noch
sah Blaschenko an. Der nickte.
»Komme schon zur Sache, ist gefällig. Sie sind auch nicht schwach, Cherr Formann. Chutt ab. Was Sie geleistet chabben letzte Jahre!«
»Was ich geleistet habe … Woher wissen Sie …«
Sanft rauschte der Wind in den Kronen der Birken.
»Sind wir keine Idioten, Cherr Formann. Chabben unsere Leute. Überall. Amerika. Pentagon. Schmeckt Ihnen derr Kuchen nicht?«
»Do … doch, wunderbar. Pentagon auch?«
»Auch. Große Geschäfte Sie machen mit Pentagon! Fertighäuser für Soldatten. Besser als Baracken. Viel besser. Deutsche Qualitätt. Verkaufen an Amerikaner. Nun, Sie verkaufen auch an uns, gutt?«
»Wissen Sie, da gibt es gewisse Schwierigkeiten …«
»Also nein? Sie nicht verkaufen an uns? Schade, wirklich schade. Essen Sie schnell noch ein paar Kirschkuchen, Cherr Formann. Damit Sie mich in gutte Erinnerung bechalten.«
»Schnell … in guter …« Jakob wurde es warm. Wo war die Hasenpfote?
»Trifft sich, daß zufällig Soldatten gerade chier üben«, sagte der Major Assimow. »Sie essen den Kuchen, und dann werden die Rotarmisten Sie erschießen da in dem Wäldchen. Ist verbottenes Gebiett. Wer betritt, wird erschossen.«
»Da … in … dem … Wäldchen?« Der Nerv an Jakobs Schläfe zuckte.
»Können sich auch aussuchen andern Platz, wenn Sie Wäldchen nicht mögen. Serr einsam chier. Essen Sie, Cherr Formann, essen Sie doch«, sagte Blaschenko schwerblütig und sanft. »Auf große Wiese da drübben vielleicht, ist gefällig? Gutt Orangensaft? Kalifornien.«
»Kalifornien?«
»Der Orangensaft. Chabben die Amerikaner in Büchsen geliefert im Krieg an uns. Ist viel übriggeblieben. Auch andere Sachen. Panzer, zum Beispiel, Cherr Formann. ›Lend and lease‹-Abkommen, Sie kennen sicherlich. Wollen, daß wir jetzt zurückgeben oder bezahlen. Wir sind arm, serr arm, chabben viel verlorren durch Deutsche. Kein Geld für Amerikanjezki. Außerdemm, wir brrauchen Panzer und schwerre Waffen und leichte Waffen und Jeeps und Lastwagen und Raketten. Wollen nicht wieder überfallen werden, Sie verstehn?«
»Die Deutschen stecken doch so in der Scheiße, die können Sie ja gar nicht überfallen!«
»Ja, aber nur darum und solange sitzen in Scheiße. Denke auch nicht an Deutsche. Denke an Amerikanjezki. Sehen Sie, was los ist. Vielleicht Amerikanjezki mit Deutsche zusammen. Deutsche-West. Deutsche-Ost nicht! Da passen
wir
auf. Sie sehen, wie notwendig gewesen ist Teilung.«
»Aber …«
»Aber was? Nicht erschrecken. Sind gutte Scharfschützen da in Wäldchen. Treffen gennau ins Auge. Noch ein Kuchen? Aber was, Cherr Formann?«
Jakob wurde es wärmer und wärmer. Er massierte die Hasenpfote in seiner Tasche derartig, daß ihn die beiden Russen ganz verwundert betrachteten.
»Aber … Gospodin Blaschenko … Ich sehe ja alles ein. Und ich würde Ihnen gern sofort Fertigunterkünfte liefern. Nur: Die lassen die Amis doch nie aus der Westzone raus. Wie stellen Sie sich denn den Transport vor?«
»Da soll überhaupt nichts transportiert werden«, sagte Major Assimow lächelnd. »Das sagt Ihnen doch jeder: Wir sind Höhlenmenschen. Zurückgeblieben. Ohne die Erfindungen des Westens, der da einen ungeheuren Fortschritt hat, kommen wir vor die Hunde. Wir stehlen alle Patente, nicht wahr? Wir klauen westliches – wie heißt da jetzt gleich, Jurij?«
»Know-how.«
»Danke, Jurij. Ja, Know-how klauen wir auch, wo wir können. Lesen Sie doch jeden Tag in Ihren Zeitungen, Herr Formann! Westliches ›Gewußt wie‹ – ohne das sind wir verloren! Sie sollen uns keine Fertigunterkünfte liefern für Truppen, sondern nur das Know-how, sagen, wie diese Art Fertighäuser gemacht wird.«
»Deshalb haben Sie mich hergebracht?«
»Ja, deshalb. Gospodin Blaschenko ist Chef der zuständigen Planungsstelle. Und Sie sind alte Bekannte, nicht wahr? Gemeinsame Liebe. Der Sinn für Gerechtigkeit, den Sie haben, Herr Formann. All das und noch vieles andere …« Der Major Assimow lächelte.
»Noch ein Kuchen, ist gefällig?« fragte der schwerblütige Jurij Blaschenko.
Vögel tirilierten, daß es eine Lust war.
Die Sonne schien. So viele Blumen blühten.
Im Wäldchen bellten Schüsse.
»Ja, wenn es weiter nichts ist«, sagte Jakob. »Ich bin schließlich Österreicher. Österreich ist eine befreite Nation, die völlig neutral bleiben will. Es wäre ein Unrecht von mir, meine Herren, die Amerikaner zu bevorzugen.«
»Unfair«, sagte Blaschenko.
»Unfair, ja«, sagte
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