Hurra, wir leben noch
Jakob.
»Na also, ich chabbe immer gesagt, Cherr Formann ist anständiger Mensch«, erklärte Blaschenko. »Selbstverständlich Sie liefern Know-how.«
»Selbstverständlich. Nur: Das muß ich Fachleuten erklären! Das ist kompliziert. Ich habe alles im Kopf, aber …«
»Wie Zufall es will, kommen mich cheutte abbend besuchen drei unserer besten Spezialisten für Fertigbau«, sagte Blaschenko. »Bleiben zu Besuch eine Woche. Datscha ist groß genug für alle. Christoph und Unmack chabben wirklich erstklassige Truppenunterkünfte gebaut. Leider Material ist verrottet irgendwo. Nicht alles. Aber das meiste. Leitende Cherren geflüchtet alle in Westen – wie Ihr Freund Jaschke.«
»Jaschke?«
Jakob hob die Brauen.
»Wir tun ihm ja nichts, Cherr Formann. Wissen nurr, daß er im Westen die Leitung chat für den Bau. Zentrale in Murnau. Aber wozu ihn entführen, wenn Sie uns in die Arme laufen sozusagen …«
»Das ist richtig. Also, Sie wollen auch Truppenunterkünfte bauen. An wie viele haben Sie denn gedacht?«
»Wissen wir noch nicht, Cherr Formann. Noch etwas kalifornisch Orangensaft? Aber ja doch, ja doch! Ist richtig cheiß cheute. Für chalbe Million Mann, vielleicht für ganze Million, für zwei Millionen vielleicht.«
»Z … Zwei Millionen?«
»Niemand weiß, wie groß der Krieg noch wird. Und in eine solche Baracke gehen trotz aller Qualität nur fünfzig Mann.«
»Ach so. Natürlich. Und was zahlen Sie?« fragte Jakob.
»Nichts natürrlich. Wir chabben nichts«, sagte Blaschenko.
»Das stimmt nicht«, sagte der Major Assimow. »Wir haben
Sie!
Sie werden sicherlich wieder heim wollen, nicht wahr?«
Hier hilft nur Tollkühnheit, dachte Jakob – wer braucht denn die Qualitätstruppenunterkünfte, ich oder die Russen? – und antwortete: »Mitnichten, meine Herren. Ich hätte nie gedacht, daß der Große Arbeiter-und-Bauern-Staat, die Heimat aller Werktätigen, solche kapitalistischen Erpressermethoden anwendet. Ich bin erschüttert. Denn auch ich bin nur ein Werktätiger. Bitteschön, erschießen Sie mich also. Erpressen lasse ich mich nicht!« Kleine Pause. »Dreißig Prozent für mich müssen drin sein.«
»Fünf!«
»Fünfundzwanzig!«
Sie einigten sich auf fünfzehn Prozent. Danach war Jakob des guten Willens voll, den sowjetischen Technikern das ganze Know-how beizubringen – unter der Voraussetzung, daß er danach wieder in den Westen geflogen wurde.
»In Ordnung, mein Liebber«, sagte Blaschenko. »Vielleicht bauen wir auch für drei Millionen.«
»Drei … Mi … Millionen?«
»Noch einmal überfällt uns niemand und tötet unsere Menschen und zerstört unser Land, Herr Formann«, sagte der Major Assimow.
»Wer kann sagen, vielleicht drei Millionen? Für vier Millionen vielleicht«, sagte Blaschenko melancholisch.
»Vie … vi … vier Millionen?«
»Um zu liefern in Krisengebiete. Verstehen nicht?«
»Nein.«
»Aber, aber! Schauen sich Welt an cheutte! Überall Gefahrr von Krieg, überall Gebiette von Krisen! Einflußsphären müssen gesichert werden.
Was saggen Sie dazu?«
»Wozu?«
»Daß ich sagen kann Einflußsphären! Schwieriges Wort. Aber wichtiges, serr wichtiges! Sehen Sie, wenn Sowjetunion liefert Fertighäuser – und viele andere schöne Sachen – in Gebiette von Elend, in Gebiette von Krisen, Sowjetunion sichert sich politische Freunde, nicht wahr? Politische Freunde wichtig für Sowjetunion. Kann gar nicht genug chabben. Ist gefällig und nehmen orrdentlich Zucker auf Kuchen. Sind doch ein wenig cherb, die Kirschen.«
»Danke, sehr liebenswürdig. Aber … aber …«
»Cherr Formann?«
»… aber für vier Millionen!«
»Vielleicht fünf, sechs, sieben. Wer kann cheute schon saggen? Man wird sehen, Cherr Formann …«
Jakob bekam ein Stück Kuchen in die falsche Kehle. Und keine Luft. Und einen Erstickungsanfall. Er würgte, er lief rot an, er lief violett an, er bemühte sich verzweifelt, durchzuatmen, aber …
6
… es ging nicht. Es ging nicht!
Ich kriege keine Luft! Ich muß schon ganz blau sein im Gesicht! Ich sterbe! Hilfe, Hilfe, ich sterbe! Ich bin noch so jung! Ich will noch nicht sterben! Hasenpfote! Ich finde sie nicht! Luft! Luft! Aaaaahhhh … Eh … eh … eh … Grauenvoll. Grauenvoll. Ersticke. Ich erstick … stick … stick … Ein Pieken im Arm.
»So, jetzt wird sofort alles wieder gut sein.«
Eine Stimme. Eine Männerstimme. Eine fremde. Eine englisch sprechende. Wieso? Wieso eine fremde, englisch
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