Hurra, wir leben noch
Herren Prämien, wenn sie ihre Termine einhalten.«
Das Telefon vor ihm klingelte. Jakob hob den Hörer ab.
»Mister Formann?« fragte eine hochmütige Männerstimme. »Ja. Wer spricht?«
»Ich bin der Butler von Lady Jane. Lady Jane möchte Sie sprechen …« Jakob schluckte schwer. Jetzt kommt’s, dachte er. Es kam. Aber ganz anders, als er gedacht hatte.
»Oh, guten Morgen, Mister Formann«, erklang die liebenswürdige Stimme der Lady Jane.
»Guten Morgen, Lady Jane …«
»Mister Formann, ich bitte tausendmal um Entschuldigung für das, was in der letzten Nacht passiert ist.«
»
Sie
bitten um Entschuldigung?«
»Gewiß. Ich hatte einfach keine Gelegenheit, mich von Ihnen und Ihren beiden bezaubernden Begleiterinnen zu verabschieden.«
Also, das ist doch eine Perifidie sondergleichen, dachte Jakob. (Perfidie – dieses Wort hatte er in fleißigem Wörtertraining auch bereits gelernt!) Er suchte nach einer passenden Antwort. Natürlich fand er keine. Lady Jane indessen sprach weiter, leicht, heiter, souverän: »Verzeihen Sie also bitte meinen Fauxpas, Mister Formann. Und, was ich noch sagen wollte: Ich kenne ein ganz ausgezeichnetes Sanatorium in der Schweiz, zur Durchführung von Entziehungskuren …«
»Entziehungskuren … Schweiz …«
»Ja, lieber Mister Formann. Verfallen Sie jetzt um Himmels willen nicht in Depressionen über Ihren Zustand! Die Medizin ist ja schon sooo weit fortgeschritten! Vielen Freunden von uns ist in diesem Sanatorium hundertprozentig geholfen worden. Wenn ich Ihnen die Adresse geben darf …«
Sanft legte Jakob den Hörer wieder in die Gabel. Er atmete tief. Er nahm sich mächtig zusammen. Er sprach, an die Herren vor ihm gewandt: »Wie gesagt, wenn Sie Ihre Termine einhalten. Das Geld wird hier bei einem Anwalt auf ein Sonderkonto hinterlegt. Der Anwalt bezahlt, was anfällt. Wo sind da noch Schwierigkeiten, meine Herren? Jakob Formann ist es nicht gewöhnt, sich lange mit einem Problem zu beschäftigen, das so einfach ist wie dieses!«
So einfach wie dieses …
Jakob mußte plötzlich an ein Problem denken, das zwar auch nicht schwieriger war, jedoch delikater als dieser Grund- und Bodenerwerb und der Bau eines Hauses. Das etwas delikatere Problem waren Claudia und BAMBI . Da wird sich natürlich alles wieder einrenken, dachte er, während die Experten miteinander zu streiten begannen. Aber ich muß mir jetzt etwas Mühe geben mit den beiden. War nicht sehr fein, was ich da in der letzten Nacht gemacht habe.
Claudia und BAMBI … Es war schon peinlich, was ich mir habe anhören müssen, heute um fünf Uhr früh. Da sind die beiden nämlich in mein Schlafzimmer geplatzt. Verdreckt. Mit verschmierten Gesichtern, barfuß, mit dreckigen und wundgelaufenen Füßen, die schönen Schuhe in der Hand, die schönen Haare wild im Gesicht …
46
»He … he … he …« Jakob fuhr erschrocken in seinem Bett hoch. Das elektrische Licht brannte. Die beiden Hübschen (jetzt waren sie gar nicht mehr hübsch) standen vor ihm. BAMBI heulte, daß die Reste des Make-up nur so unter dem Dreck zerflossen. Nicht so Claudia. Die Contessa della Cattacasa war es gewesen, die ihn wachgerüttelt hatte. Ihr Gesicht war vor Wut verzerrt, ihr Kleid oben und unten zerrissen. »Was fällt dir … Bist du verrückt … Was wollt ihr beide hier? Warum weckst du mich, Claudia?«
»Du Hund, du elender«, sagte die Contessa.
»Was hast du gesagt?« Er war noch nicht richtig wach.
»Hund, elender, habe ich gesagt! Das wirst du mir büßen!«
»Und mir auch!« stammelte BAMBI und heulte los.
Danach verstand Jakob eine Weile kein Wort, weil beide Mädchen gleichzeitig sprachen.
»Ruhe!« donnerte er schließlich. »Hinsetzen!« Die Mädchen ließen sich in Sessel fallen, teils vor Schreck, teils vor Erschöpfung. »Hier wird nicht geschrien! Nebenan schlafen andere Gäste! Wieso bin ich ein Hund, und wie seht ihr aus? Was ist passiert?«
Claudia Contessa della Cattacasa sprach jetzt leise, ihre Augen waren zu Schlitzen verengt, die Worte kamen mit einem beständigen Zischen aus ihrem Mund: »Ein Hund bist du, weil du uns aus deinem Wagen geschmissen und gesagt hast, wir sollen sehen, wie wir nach Cannes zurückkommen – nachdem du uns vor allen lächerlich gemacht hast, du Hund, du …«
»Du wiederholst dich. Was ist passiert?« sagte Jakob, und als die Damen wieder beide gleichzeitig zu zetern begannen, fuhr er fort: »Immer der Reihe nach!«
Der Reihe nach war folgendes
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