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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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kam, und trug dem unschuldigen Wesen auf, die beiden Gentlemen zu Gouverneur van Wagoner zu geleiten. Die beiden Gentlemen schritten hoheitsvoll an dem Texaner vorbei. Der starrte sie an wie Fabelwesen. »Pardon me … Aber ich konnte wirklich nicht wissen … Es ist nur meine Pflicht …«
    »Nur die Pflicht, natürlich, das haben wir auch immer gesagt, als
wir
Soldaten waren. Mach dir nichts draus, buddy, zum Glück bist du noch vernünftig geworden, und also werde ich davon absehen, beim Gouverneur Anzeige gegen dich zu erstatten«, sagte Jakob.
    »Danke … danke, Sir …«
    »Die Fahrräder können wir doch hier … oder wird bei euch geklaut?«
    »Ich werde die Fahrräder persönlich bewachen, Mister Formann!« versprach der Texaner, der weiche Knie bekommen hatte. In diesen wirren Zeiten sollte man wissen, who is who in Germany. Da laufen ja die Ministerpräsidenten wie Müllkutscher herum!
    Drei Minuten später saßen Jakob und Wenzel dann dem dicken und jovialen Gouverneur Murray D. van Wagoner in dessen Büro gegenüber. Von der Wand hinter dem Militärgouverneur lächelte General Dwight Eisenhower auf die beiden herab, als wolle er sie segnen. Van Wagoner war über Jakobs Person in der Tat bereits informiert. Es freute ihn, die Bekanntschaft eines so außergewöhnlichen Mannes zu machen, sagte er.
    »Ganz meinerseits, Governor!«
    »Womit kann ich Ihnen helfen, meine Herren? Ich habe den Auftrag, Ihnen zu helfen. Es wird mir ein Vergnügen sein.«
    Jakob räusperte sich. »Wir sind unterwegs zum Himmler-Hof, Governor. Nach Waldtrudering.«
    »Haben Sie einen Wagen?«
    »Fahrräder.«
    »Bei diesem Schnee? Ich gebe Ihnen einen Wagen mit Fahrer …«
    »Das wäre zu umständlich, Governor. Herzlichen Dank. Wir haben nämlich sehr viel zu tun jetzt, Ihr Fahrer könnte ermüden«, sagte Jakob, während er dachte: Das letzte, was wir bei unseren Geschäften jetzt brauchen können, ist ein amerikanischer Aufpasser! »Der Himmler-Hof genügt natürlich nicht. Der reicht nur, soviel ich von Professor Donner weiß, vielleicht für zwanzigtausend Hühner …«
    »Und Sie brauchen weitere Niederlassungen!«
    »So ist es, Governor. Sicherlich hat Ihnen das Wien und Berlin auch schon mitgeteilt …«
    »Hat es, Mister Formann. Wir haben hier eine ganze Reihe stillgelegter Betriebe, die als ehemaliges Nazieigentum von uns verwaltet werden. In der ganzen Bi-Zone. Wenn Sie sich die Liste ansehen wollen … bitte … Nach den modernen Methoden braucht man ja keine Höfe mehr für Hühnerzucht, es genügen Fabrikhallen, nicht wahr?«
    »Exakt, Governor.« Jakob und Wenzel betrachteten die Liste. Es war eine lange Liste.
    »Und entschuldigen Sie bitte den Zwischenfall mit dem Posten am Tor«, sagte van Wagoner.
    »Schon vergessen, Governor«, sprach Wenzel, fast so fließend englisch wie Jakob. »Rein formaljuristisch gesehen war der Mann absolut im Recht!« Er starrte auf die vielen Namen der Liste. »Mensch, das ist ja die halbe deutsche Industrie!«
    »Ich denke, wir wollen unser Unternehmen zunächst nicht breit streuen, sondern an zwei, drei Stellen ballen«, sagte Jakob. »Hier, dieses Panzerwerk bei Bayreuth und diese Flugzeughallen bei Frankfurt erscheinen mir ausreichend. Sie sind sehr groß. Ohne Zweifel wird noch ein Teil der ehemaligen Belegschaft aufzutreiben sein – und außerdem gibt’s ja jede Menge von Flüchtlingen. Für vermehrte Kalorienzuteilung arbeitet heute jedermann liebend gerne in Deutschland.«
    »Sie sind ein kluger Kopf, Mister Formann. Vergrößern können Sie sich noch immer.«
    »Eben, nicht wahr?« Jakob nickte. »Bayreuth ist vom Flughafen Nürnberg aus leicht mit angebrüteten Eiern und Brutmaschinen zu beliefern, und bei Frankfurt liegt Ihr Rhein-Main-Flughafen. Besser kann man’s nicht haben.«
    »Okie-dokie, Mister Formann. Dann werden wir – dieser Papierkrieg! – jetzt gleich entsprechende Verträge zwischen der Army und Ihnen – verzeihen Sie: zwischen Ihnen und der Army …«
    »Aber ich bitte Sie, Governor!«
    »… aufsetzen. Sie inspizieren die Gelände und teilen mir mit, wann Sie so weit sind, daß die Eier kommen können. Zusätzliche Lebensmittelkarten werden meine Ortskommandanten Ihnen auf Schreiben von mir bei den deutschen Dienststellen in Waldtrudering, Bayreuth und Frankfurt anfordern. Wenn sich irgendwelche Schwierigkeiten einstellen sollten, lassen Sie es mich sofort wissen.«
    »Mit Vergnügen, Sir. Zwei Bitten. Erstens: Ich möchte, daß Mister

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