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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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wird. Nur: Das stimmt nicht, Herr Klahr, das ist eine gemeine Verleumdung! Ich bin zu meinen Eiern gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Vorher war ich ein armes Schwein, das Wache geschoben hat vor einem amerikanischen Fliegerhorst.«
    »Auch darüber sind wir informiert, Herr Formann.«
    »Sie sind …? Na also! Da haben wir’s ja! Sie sind informiert über mich! Haben vielleicht schon ein ganzes Dossier angelegt?«
    »Ein kleines. Wir haben eben damit begonnen. Wir legen Dossiers über alle potentiellen Klassenfeinde an, um sie bekämpfen zu können. Das ist überhaupt nicht gegen Sie persönlich gerichtet, Herr Formann! Der große Lenin hat gesagt: ›Wenn die Partei nicht Tag und Nacht wachsam ist …‹«
    »… ist sie verloren.«
    »Woher wissen
Sie
das?« Klahr starrte Jakob mit offenem Mund an.
    »Weil ich Lenins Schriften immer wieder lese«, sagte Jakob, der in seinem ganzen Leben kein Dutzend Bücher und ganz bestimmt keines von Lenin gelesen hatte. »Karl Marx, Lenin und die Schreiber der Bibel – das sind doch die einzigen, die durch Schreiben die Welt verändert haben. Meiner Ansicht nach!« (In Wirklichkeit hatte Jakob es wenige Tage vorher in einer Zeitung gelesen.) »Entschuldigen Sie die Erwähnung der Bibel, aber ich komme aus einer bürgerlichen Familie.«
    »Nichts zu entschuldigen, Herr Formann. Man kann sich seine Herkunft nicht aussuchen. Ich bin sehr überrascht.«
    »Worüber?«
    »Über Ihre Offenheit und Natürlichkeit. Ich habe Sie mir ganz anders vorgestellt.« Gott im Himmel, dachte Jakob, sei bedankt. Da bin ich ja auf einen Trottel gestoßen. Die meisten KP -Leute, die ich kennengelernt habe, waren hochintelligent. Aber der hier – das ist ja ein richtiger handfester Trottel! Genau das, was ich brauche. Haargenau. Es scheint Dich also doch zu geben, lieber Gott! »Um was handelt es sich denn?« Himmel, dachte Jakob, der hat sogar äußerlich Ähnlichkeit mit dem anderen Trottel, mit meinem lieben Freund Generalmajor Peter Milhouse Hobson! Erst der Trottel Peter, dann der Trottel Klahr. Trottel gibt’s zum Glück überall. Darum sieht es ja so aus auf unserer Welt. Ob Ost oder West, ob Rot oder Schwarz, ob Kapitalist oder Kommunist – es ist wie beim Stricken, einmal links, einmal rechts! Er räusperte sich: »Also, passen Sie mal auf, lieber Peter …«
    »Bitte?«
    »Äh – entschuldigen Sie! Peter, das ist ein Freund von mir. Der ist Ihnen wie aus dem Gesicht geschnitten! Also, passen Sie auf, lieber Herr Klahr: Es handelt sich um ein ehrliches Geschäft.«
    »Ehrliches Geschäft?«
    »Schauen Sie: Unser Vaterland ist viergeteilt …«
    »Durch die Schuld der Naziverbrecher, die einen Krieg …«
    »Sie nehmen mir das Wort aus dem Mund, Herr Klahr.« So blöde ist der auch nicht, verflucht. Was er da eben gesagt hat, stimmt! Also kein Trottel? O Gott!
    »… und durch Schuld der amerikanischen Kapitalisten, die infolge ihres Imperialismus und ihrer feindseligen Haltung der glorreichen Sowjetunion gegenüber jede Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit verhindern. Die Schuldigen stehen rechts!« Gott sei Dank, doch ein Trottel. Als ob die Sowjets, deren Land wir bis zum Ural zerstört haben, an einer Wiedervereinigung interessiert wären, dachte Jakob, und ein Stein fiel ihm vom Herzen, während er eifrig sagte: »Genauso ist es, Herr Klahr. Und wer hat darunter zu leiden? Wir Deutschen in Ost und West. Vergessen wir jetzt einmal Weltanschauungen. Reden wir Tacheles. Die Deutschen hier und die Deutschen drüben haben zu wenig zu essen, und viel zu wenige haben ein Dach über dem Kopf.«
    »Hier haben sie mehr zu essen, weil die Amis sie päppeln! Die große Sowjetunion verfügt nicht über solche Reserven, Herr Formann, weil die Hitlerverbrecher das Land zerstört haben, wie noch nie ein Land zerstört worden ist!«
    »Na, aber das sagte ich doch!« Jakob nickte eifrig. Wo der Trottel recht hat, hat er recht. Hoffentlich hat er nicht noch einmal recht!
    »Deshalb bin ich hier.«
    »Weshalb?«
    »Herr Klahr! Die Brüder und Schwestern im Osten haben’s nötig, daß man ihnen hilft, und wir hier haben es genauso nötig! Denn was kriegen wir schon von den Drecksamerikanern? Doch nur so viel, daß wir nicht verrecken! Hühnermais sollen wir fressen! Ist doch wahr! Oder leben
Sie
in Saus und Braus? Na also!«
    »Ihnen geht’s doch aber nicht schlecht, Herr Formann!«
    »Sagen
Sie!
Wissen Sie, was ich schuften muß? Wissen Sie, wie sehr ich auf dem Hund bin?«
    »Aber

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