Hush Hotel
komme.”
Shandi trank einen Schluck Kaffee und sah sie verwundert an. “Ich dachte immer, sie hätte etwas dagegen, dass ihr in Sünde lebt.”
Aprils Gesicht verzog sich zu einem Grinsen. “Deshalb wollten wir ihr eine symbolische Mietzahlung anbieten und ihr sagen, dass ich mir so lange ein Zimmer mit dir teile, bis ich mir meine volle Unabhängigkeit erarbeitet habe.”
Shandi lachte auf. “Und das soll sie glauben?”
“Ich bezweifle es.” April lachte. Sie lachte noch mehr, als Shandi auch anfing zu lachen. “Also müssen wir wohl heiraten.”
Schlagartig hörte Shandi auf. “Was? Ihr wollt heiraten, nur damit ihr zusammenziehen könnt?”
“Nein, du Dummkopf.” April wurde plötzlich rot. “Wir wollen heiraten, weil wir uns lieben und den Rest unseres Lebens miteinander verbringen wollen.”
Shandi war schockiert. Sie konnte es nicht fassen. “Und was wird aus euren Plänen? Aus Evans Plänen? Deine Galerie, seine Reisen um die Welt, die er sich mit Zeichnen verdienen will? So eine Hochzeit ist schweineteuer. Willst du deine Eltern zwingen, das zu bezahlen? Außerdem dauert es ewig, bis das alles organisiert ist!”
“Eine große Hochzeit wäre zwar toll, muss aber nicht sein. Und nur weil man heiratet, muss man ja nicht alle seine Pläne aufgeben.” April sah sie fragend an. “Wie kommst du darauf?”
Weil es allen ihren Freundinnen aus Round-Up so ergangen war, nachdem sie geheiratet hatten? Weil jedes weibliche Mitglied der Fosseys seine Träume aufgegeben hatte, nur weil der Ehemann eine andere Auffassung von Familienglück hatte?
Shandi leerte ihren Kaffee und griff nach ihrem Rucksack, der auf dem Boden stand. “Wahrscheinlich, weil ich es zu oft erlebt habe. Viele alte Schulfreundinnen von mir haben ihre Träume aufgegeben, weil sie plötzlich Familie hatten.”
“Und deswegen bist du von zu Hause weggegangen, stimmt's?”, fragte April und nahm ihre Handtasche. “Das hast du mir so noch nie gesagt.”
Shandi zuckte mit den Schultern. Sie musste nach Hause. Sie musste sich für die Arbeit fertig machen, und sie hatte Quentin einfach zu lange nicht gesehen. “Das Warum spielt keine Rolle. Nur, dass ich das tue, was ich tun muss, um dahin zu kommen, wo ich hin will. So wie du. Und Evan. Oder Quentin.”
April drehte sich um und wollte gerade aufstehen, hielt aber plötzlich inne und betrachtete sie neugierig. “Magst du ihn deshalb so? Weil er getan hat, was er wollte, und damit Erfolg hatte?”
“Keine Ahnung, ob es das ist oder einfach er selbst.” Oje, das klang irgendwie schlapp. “Ich weiß nicht, ob das irgendwie Sinn macht. Ich meine, ich hoffe nicht, dass ich so oberflächlich bin, dass ich nur seine Macht attraktiv finde. Das ist es noch nicht mal. Es ist eher sein Erfolg.”
“Ist das nicht dasselbe?”
Shandi seufzte genervt. “Ich wünschte, ich könnte die richtigen Worte dafür finden. Er hat seinen Traum wahr gemacht. Er hat nie aufgegeben. Er wurde nur zu dem, der er ist, weil er viel gearbeitet hat. Mit seinen eigenen Händen. Und das ist es, was ich an ihm bewundere.”
“Womit du dich identifizierst, meinst du wohl. Diesbezüglich seid ihr euch echt sehr ähnlich.”
“Vermutlich. Und er benutzt nicht einfach seinen Namen oder seinen Erfolg, um das zu bekommen, was er möchte. Er arbeitet immer noch hart. Und deshalb macht er mich an.”
April dachte einen Moment über ihre Worte nach und sagte dann: “Er macht dich doch schon an, wenn du ihn nur ansiehst.”
Jetzt musste Shandi grinsen. “Ja. Das kommt noch dazu.”
10. KAPITEL
A m Freitagabend saß Quentin mit einem alten Kumpel im
Erotique
. Sie hatten es sich an einem der Tischchen bequem gemacht. Die niedrige Decke verlieh dem Raum eine intime Atmosphäre.
Wie im Hush insgesamt, wurde auch im
Erotique
größter Wert auf Privatsphäre gelegt – das heißt, sie wurde sogar gefördert. In diesem Ambiente blieben persönliche Begegnungen auch persönlich, und genau darum hatte Quentin die Bar vorgeschlagen. Und natürlich auch, um in Shandis Nähe zu sein.
Quentin konnte den Raum übersehen, während sein Freund mit dem Rücken zu den anderen Gästen saß. Diese Sitzordnung kam ihnen beiden entgegen. Quentin konnte Shandi beobachten, wann immer er Lust dazu hatte, und sein Freund wurde in Ruhe gelassen, zumal die Gäste des
Erotique
sowieso nicht darauf aus waren, Rockstars zu belästigen.
Der Rockstar und sein Kumpel war Constantine Hale von der Heavy-Metal-Band
Hale's Fallen
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