Hush Hotel
während sie sich die DVD-Sammlung ansah, die am hinteren Ende des Raums in einem Schrank untergebracht war. Vorführungen für Gäste aus der Filmbranche wurden aus dem angrenzenden Vorführraum projiziert. “Horror? Komödie? Drama? Mystery? Romantik?”
“Entscheide du.” Ihm war es ganz egal, was sie sich ansahen. Er war nur hier, weil er bei ihr sein wollte.
“Wirklich?”, fragte sie. Er sah zu ihr rüber. Sie überflog gerade den Inhalt eines Films auf dem DVD-Cover. “Ich weiß doch nicht mal, was du gerne magst.”
“Irgendwas.” Er wusste nicht einmal mehr, wann er das letzte Mal konzentriert einen Film gesehen hatte. Entweder drifteten seine Gedanken ab, und er dachte an seine Arbeit oder er ließ sich vom Soundtrack einlullen und schlief ein.
Während sie nach einem Film suchte, ging er durch den Raum und sah sich die Beschallungsanlage an. So wie er das Hush bisher kennengelernt hatte, hatte man sicher auch im Kinosaal an nichts gespart.
Die eineinhalb mal zweieinhalb Meter große Leinwand, die Akustik, die Beleuchtung – alles vom Feinsten. Der in Dunkelrot und Gold gehaltene Raum konnte durchaus mit dem mithalten, was Quentin in L. A. zu Hause bei Leuten aus der Branche gesehen hatte.
“Ich hab was”, verkündete Shandi und klappte den DVD-Schrank zu, nachdem sie die DVD eingelegt hatte. “Willst du Popcorn oder was zu trinken? Dann ruf ich in der Küche an.”
Er schüttelte den Kopf. “Ich lass lieber Platz fürs Abendessen.”
Shandi sah zu ihm rüber und dann auf die Uhr. “Abendessen gibt es noch lange nicht. Und es könnte noch länger dauern, falls Armand doch nicht netterweise meine letzten beiden Stunden Schicht übernimmt.”
“Ich werd's überleben.”
“Gut. Falls ich in der Zwischenzeit verhungere, bist du schuld”, brummelte sie.
Sie entschieden, in der ersten Reihe in der Mitte Platz zu nehmen. Nachdem sie sich in den Kinosesseln mit verstellbarer Rückenlehne niedergelassen hatten, schaltete Shandi per Fernbedienung das Licht aus und den Film an.
Aber es war gar kein Film.
Es war eine DVD von der Welttournee der Hale's Fallen Angels aus dem Jahr 2003.
Quentin sah zu ihr rüber. Sie saß im Schneidersitz in ihrem Sessel und starrte gebannt auf die Leinwand, wo ein riesiger Constantine Hale zu singen begann. “Sehr lustig.”
Da brach sie in Lachen aus. “Du hast doch gesagt, ich soll irgendwas nehmen. Und außerdem konnte ich nicht widerstehen, nachdem ich Constantine in der Bar singen gehört habe.”
“Na klar”, sagte er lachend.
“Okay, ich sag dir die Wahrheit.” Sie wirbelte herum, setzte sich quer auf den Sitz und legte die Füße hoch. “Auf der Hülle stand 'Koproduzent Quentin Marks', und deswegen habe ich diese DVD genommen.”
Ihr Blick hätte ihn warnen sollen. Er zuckte mit den Schultern. “Das war Connies Idee. Ich hab im Prinzip nichts gemacht.”
Shandi verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. “Warum kann ich das irgendwie nicht glauben?”
“Weil du ein misstrauischer Mensch bist?”
“Wie bitte?”, fragte sie frustriert. Sie war eingeschnappt und fing an, mit einem Arm zu fuchteln. “Leugnest du jetzt deine Beteiligung an einem so coolen Projekt, nur weil du glaubst, ich fände deinen Beruf spannender als dich selber?”
“Nein!” Das hatte er nicht damit sagen wollen, zumindest nicht bewusst. “Es ist wirklich so, dass ich mit diesem Projekt
nichts
zu tun habe. Connie fand, mein Name würde vielleicht den Verkauf ankurbeln.”
“Na klar.” Sie schaukelte ungeduldig in ihrem Sessel hin und her, als glaubte sie, er würde ihr schlüpfrige Details vorenthalten. “Dir gefällt es einfach nicht, dass ich Constantine Hale geil finde.”
Damit hatte sie durchaus recht, auch wenn er nicht unbedingt stolz darauf war, das zuzugeben. Aber es war aufschlussreich.
Denn genau in diesem Moment wurde er sich über seine Gefühle für Shandi klar.
Er schlitterte immer tiefer in diese Sache hinein, und zum ersten Mal in seinem Leben versuchte er nicht, sich dagegen zu wehren und davonzulaufen.
Die Freude über diese Erkenntnis ließ sein Herz frohlocken. Er lächelte.
Als sie angerufen hatte, hatte er in seinem Zimmer gesessen, CNN geguckt und war im Geiste noch einmal die Meetings dieser Woche durchgegangen. Sobald er ihre Stimme hörte, war all das jedoch vergessen, und es hatte sich eine neue Perspektive aufgetan, womit er seine Zeit verbringen könnte.
Und zwar mit ihr – hier oder sonst wo, ganz egal. Er hätte nie
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