Hutch 01 - Gottes Maschinen
beinahe der gleichen Geschwindigkeit.«
Carson grinste Hutch an. Vielleicht haben wir den verdammten Drachen soeben gefunden. Sein Grinsen wurde noch breiter, als er hörte, wie Angela tief einatmete – als stünde sie vor einem heraneilenden Zug auf den Schienen.
Hutch mischte sich in die Unterhaltung: »Die Geschwindigkeit«, sagte sie. »Kann mir jemand sagen, mit welcher Geschwindigkeit sie sich bewegen?«
»Die weiter entfernte Wolke bewegt sich mit etwas über zweitausendachthundert. Sie wird langsamer. Die nähere bewegt sich mit dreitausendzweihundert und wird schneller.«
»Die Geschwindigkeit der Welle«, sagte Hutch, die plötzlich voller Hoffnung war. »Sie bewegen sich in etwa mit der Geschwindigkeit der Welle.«
Carson versuchte, seine Phantasie unter Kontrolle zu halten. »Janet, was meinst du?«
»Das gleiche wie du …«
Vielleicht war dies das noch fehlende Stück Ermutigung, das er von dem einzigen anderen professionellen Archäologen der Mission gebraucht hatte. Der ehemalige Colonel gab seine Zurückhaltung auf, und seine Augen begannen zu leuchten. »Terry«, sagte er, »wie dicht werden sie an uns vorbeikommen?«
»Hier? Die erste ist schon vorüber«, antwortete Drafts. »Die andere kommt bis auf dreißig Millionen Klicks heran. Plus oder Minus ein paar Millionen.«
»Und wie groß sind die Wolken, haben Sie gesagt?«
»Dreiundzwanzigtausend Kilometer. Meistens.«
»Meistens?« fragte Hutch. »Was soll das heißen? Was sind das für Dinger?«
»Wir wissen es nicht genau. Es handelt sich jedenfalls nicht um starre, kugelförmige Gebilde. Wir erhalten eine Menge widersprüchlicher Meßergebnisse. Vielleicht Falschmessungen. Schwer zu sagen.«
Der Dampf klebte an den Wänden der Klippe. »Klingt, als könnte der Drache tatsächlich hier sein«, meinte Hutch.
»Nicht so voreilig«, entgegnete Carson, aber seine Augen sagten das Gegenteil.
»Ich bin noch immer der Meinung, daß es nur eine Wolke ist«, sagte Drafts.
»Wir sollten vielleicht noch einmal genauer hinsehen«, warf Angela ein.
Dreißig Minuten später waren sie zurück in ihrem Kuppellager und betrachteten die hereinkommenden Aufnahmen. Das weiter entfernte Objekt war kaum mehr als ein verschwommener Stern, ein Schimmer, der hinter einem Schleier aus Regen verborgen zu sein schien. Aber sein Gegenstück sah aus wie eine Gewitterwolke, die geheimnisvoll von innen heraus leuchtete – wie ein Sturm am Horizont kurz nach Sonnenuntergang.
»Nun«, sagte Angela, als faßte dieses eine Wort das Unerklärliche zusammen. »Was auch immer es sein mag – alleine die Tatsache, daß es dort ist – daß irgend etwas dort draußen ist –, macht die Angelegenheit bedeutsam. Das Eindringen eines extrasolaren Objekts in ein Planetensystem ist ein äußerst seltenes Ereignis. Ich kann kaum glauben, daß es ausgerechnet während unseres Aufenthalts in diesem Sonnensystem stattfinden soll. Und da es sich nicht um ein einzelnes Objekt, sondern gleich um zwei handelt, könnte ich ein Jahresgehalt darauf wetten, daß noch mehr kommen. Eine ganze Menge mehr.«
»Klingt in meinen Ohren nach einer Welle«, sagte Hutch.
»Das habe ich nicht gesagt!«
»Klingt aber trotzdem so.«
»Unglücklicherweise werden wir keinen sehr genauen Blick auf das Ding werfen können«, sagte Janet. »Wenn es sich wirklich um unser Biest handeln sollte.«
»Warum nicht?« wollte Carson wissen.
»Dreißig Millionen Kilometer sind nicht gerade nah.«
»Ich würde mir deswegen keine Sorgen machen«, warf Hutch ein. »Wenn Angela recht hat, dann werden bald noch einige mehr auftauchen. Ich denke, wir sollten machen, daß wir unser Oz fertig bekommen und sehen, was anschließend passiert.«
An Bord der Ashley Tee wechselten sich Janet und Terry mit der Überwachung der Beobachtungsschirme ab.
Drafts hatte im Gegensatz zu den meisten anderen Naturwissenschaftlern, die Janet kannte, auch noch Interessen, die über sein eigentliches Fachgebiet hinausgingen. Er besaß einen Sinn für Humor, er verstand es, zuzuhören, und er ermutigte sie, über Dinge zu sprechen, die sie interessierten. Sie dachte bei sich, daß Drafts wahrscheinlich ein leicht zu ertragender Gefährte auf einer einjährigen Reise in einer Sardinenbüchse wie der Ashley Tee wäre.
Er fragte nach dem Buch über japanische Poesie, in dem Janet zur Zeit las, und dann forderte er sie auf, ein haiku zu verfassen. Nach ein paar Minuten und einer Menge Kritzelei hatte sie eines zustande
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