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Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes

Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes

Titel: Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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erstarrte mit weit aufgerissenen Augen mitten im Schritt.
    Sie sah sechs geriffelte Säulen, die einen dreieckigen Giebel mit einem Fries stützten. Das Fries stellte zwei Heimchen dar. Eines saß in einer Art Schale, das andere stand aufrecht. Das sitzende Heimchen streckte dem anderen etwas entgegen, einen Zylinder.
    Nein, als sie genauer hinsah, erkannte Hutch, dass es sich um eine Schriftrolle handelte.
    »Unglaublich«, sagte Kellie.
    Hutch war dankbar, eine Entschuldigung zu haben, die es ihr erlaubte, eine Minute zu verweilen. »Das ist barock«, sagte sie. »Ganz ähnlich wie das Pariser Barock des achtzehnten Jahrhunderts. Wer hätte gedacht …«
    Zwischen den Säulen erkannte sie marmorne Stufen, die zu einem Eingang führten, und Kellie tat bereits den ersten Schritt in diese Richtung.
    »Keine Zeit«, hielt Hutch sie zurück.
    »Da drüben ist noch mehr.«
    Ein zylindrisches Gebilde stand im rechten Winkel zu dem Tempel. Alle paar Meter waren Podeste zu erkennen, und ein weiteres Fries umgab das Bauwerk, soweit sie sehen konnten. Das vieleckige Dach ruhte auf Stützstreben. Die Dachkante war abgerundet, und auf dem Scheitelpunkt saß eine kleine Kuppel. Die Figuren, die in dem Fries dargestellt wurden, schienen Heimchen in diversen Positionen zu sein. Manche unterhielten sich, andere lasen, pflückten Früchte von Bäumen, spielten mit ihrem Nachwuchs, und einige knieten ehrfürchtig vor einem Sonnensymbol.
    Hier, zwischen den Bäumen, mochte sich eine ganze Stadt verstecken. Sie entdeckten die Umrisse majestätischer Gebäude, prachtvoll ausstaffiert mit Torbögen, Rundbogenfenstern und gewölbten Dächern. Mit Emporen, Pfeilern und Spitztürmen. Mit überwucherten Innenhöfen und vergessenen Brunnen.
    Diese Stadt hatte nie künstliches Licht gekannt und vermutlich auch keine Druckerpresse. Aber sie war in Hutchs Augen unvergleichlich schön. Der Dreck von Jahrhunderten war über sie geweht worden, hatte sie begraben und mit einem Gewirr aus Ästen, Laub und Ranken umschlossen, und doch schlug ihr Herz schneller, während sie die stillen Bauten betrachtete.
    Es mochte an der überirdischen Schönheit jenes Ortes liegen, der von dem umgebenden Wald erobert wurde, oder an dem Gefühl der Zeitlosigkeit, vielleicht aber auch an dem fremdartigen Maßstab.
    Hingerissen standen sie da und schickten Bilder zur Wendy. Dieses Mal aber antwortete ihnen nur Stille. Niemand bat sie, die Stadt weiter zu erforschen.
    Sie verbrachten keine zwei Minuten an der Fundstelle, ehe sie ihren Weg fortsetzten.
    Ein Unwetter regnete auf sie hernieder. Schwarze Wolken zogen auf, und Blitze zuckten vom Himmel herab.
    Beinahe zwei Stunden lang verloren sie den Kontakt zu Marcel. Der Regen hielt an und ging schließlich in Schneeregen über. Regelmäßig bebte der Boden unter ihren Füßen stark genug, dass beide Frauen den Halt verloren.
    »Ein schöner Tag für einen Spaziergang«, kommentierte Kellie.
    Vor ihnen tauchten wieder Bäume auf, und sie hasteten erneut durch einen Wald. Irgendetwas im Gebüsch fing frenetisch an zu klappern. Hutch, die nicht in Stimmung war, sich Probleme aufzuhalsen und keine potentiellen Feinde an sich heranlassen wollte, mähte das ganze Gestrüpp mit ihrem Laser nieder. Etwas kreischte, krachte zu Boden, Tiere rannten durch das Unterholz davon, aber sie bekamen sie nicht ein einziges Mal deutlich zu sehen.
     
    Marcel meldete sich wieder. »Schlechtes Wetter?«
    »Gewittersturm.«
    »Wir sehen ihn. Aber Sie kommen gut voran. Sie sollten Ihr Ziel am frühen Abend erreicht haben.«
    »Das hoffe ich.«
    »Hutch, ich habe noch eine Nachricht von der Akademie für Sie.«
    »Was steht drin?«
    Er zögerte. »Da steht, Sie sollen alle Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, um kein weiteres Leben zu gefährden.«
    »Gut. Sagen Sie ihnen, da wäre ich von selbst nie drauf gekommen.«
    »Hutch.«
    »Sagen Sie denen, was immer Sie wollen, Marcel.«
    Die Sonne brach durch die Wolken. Der Himmel klarte auf, und sie hetzten weiter. Eine Weile folgte ihnen etwas über eine Anhöhe, das sie nicht recht einzuordnen wussten. Es bewegte sich wie ein Affe, schien aber zu dem Schluss zu kommen, dass ein Angriff keine sonderlich gute Idee wäre, und verschwand schließlich wieder außer Sichtweite.
    »Irgendwie macht mir das Angst«, sagte Kellie.
    »Warum?«
    »Auf der Erde würde ein Puma, ein Tiger oder ein Alligator sofort angreifen, wenn er hungrig ist, aber die meisten dieser Kreaturen hier halten Distanz.«
    »Meinen Sie

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