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Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes

Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes

Titel: Hutch 02 - Die Sanduhr Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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vorbereitete.
    »Nightingale«, sagte er, als er schließlich vor ihm stand. »Ich frage mich, ob ich Sie wohl um einen Gefallen bitten dürfte.«
    Nightingale musterte ihn finsteren Blicks. »Was wollen Sie?«
    »Wir werden diesen gesamten Bereich als Hintergrund für unser Interview verwenden. Kann ich Sie vielleicht überreden, sich außer Sicht zu begeben? Wir erzielen eine bessere Wirkung, wenn wir eine Aura trostloser Einsamkeit aufbauen können.«
    Casey schaltete den Rekorder ein, lächelte ihn nervös an und fuhr mit dem Interview fort. »Mr. MacAllister, in einer Woche wird Deepsix nicht mehr existieren. Es ist kalt und einsam, und dieser Turm im Hintergrund scheint das einzige Gebäude in dieser ganzen Welt zu sein. Was hat Sie an diesen trostlosen Ort geführt?«
    »Morbide Neugier, Casey.«
    »Nein. Im Ernst.«
    »Ich bin immer ernst. Warum sonst sollte irgendjemand hierher kommen? Ich will gewiss nicht verdrießlich erscheinen, aber Verlust ist die eine Konstante, mit der wir schließlich alle umgehen müssen. Das ist der Preis des Lebens. Wir verlieren Eltern, Freunde, Verwandte. Wir verlieren das Haus, in dem wir aufgewachsen sind, und wir verlieren ganze Bekanntenkreise. Wir verbringen heillos viel Zeit mit der Frage, was aus unseren ehemaligen Lehrern, Geliebten oder Pfadfinderkameraden geworden ist.
    Hier verlieren wir eine Welt. Dieses Ereignis ist, gemessen am menschlichen Erfahrungsschatz, absolut einmalig. Ein ganzer Planet, von dem wir nun wissen, dass er einmal von intelligenten Wesen bevölkert war, und der heute noch Leben beherbergt, wird untergehen. Vollständig und endgültig. Nach diesen wenigen nächsten Tagen wird von ihm nur noch das existieren, was wir von hier fortbringen.«
    Sie nickte und sagte, dass dies ein guter Stoff wäre, als würde er das nicht längst wissen. »Sie hatten heute Gelegenheit«, fuhr sie fort, »den Turm zu besichtigen. Welche Eindrücke konnten Sie sammeln. Was scheint Ihnen besonders erwähnenswert?«
    MacAllister warf einen bedeutungsvollen Blick auf das Gebäude. »Wir wissen, dass, wer immer ihn gebaut hat, ein Teleskop hinterlassen hat, als wollte er sagen: Wir wollten auch nach den Sternen greifen.
    Aber sie sind verloren, Casey. Vermutlich hatten sie ihre eigenen Versionen von Homer und Moses, Jesus und Shakespeare, Newton und Quirt. Wir haben Blasrohre gesehen, und wir wissen, dass ihre Städte ummauert waren, also können wir annehmen, dass sie Kriege ausgefochten haben. Sie müssen eigene Feldherren wie Alexander, Napoleon und Nelson gehabt haben, eigene Bürgerkriege. Aber nun ist alles, was ihnen je etwas bedeutet haben mag, bald unwiederbringlich verloren. Das ist eine Katastrophe höchsten Ranges. Und ich denke, sie ist einen Blick wert. Meinen Sie nicht?«
    »Ich nehme an, Sie haben Recht, Mr. MacAllister. Denken Sie, uns könnte ein ähnliches Schicksal drohen?«
    Er lachte. »Davon sollten wir ausgehen.«
    »Das ist doch sicher ein Scherz?«
    »Ich würde gern glauben können, dass wir, wenn die Zeit für unseren Abgang gekommen ist, mit ebenso viel Anstand und Würde gehen wie die Bewohner dieser Welt. Ich meine, die Blasrohre erzählen uns alles, was wir über sie wissen müssen. Sie waren zweifellos ebenso heimtückisch, kriecherisch, scheinheilig und ignorant wie unsere eigenen Brüder und Schwestern. Aber davon ist nun nichts mehr zu sehen. Die Katastrophe gibt ihnen die Würde, die sie auf andere Art nicht zu erringen vermochten. Auf der eigenen Beerdigung sieht jeder gut aus.
    Wir wissen nicht einmal, wie sie ausgesehen haben, folglich werden wir ihrer mit einer Art Heiligenschein hinter den Ohren gedenken. Die Menschen werden mit leiser, ehrfurchtsvoller Stimme von den Maleivanern sprechen, und ich wage vorherzusagen, dass irgendein Trottel im Kongress oder im Rat vorschlagen wird, ein Monument zu ihren Ehren zu errichten. Und all das, obwohl wir nur eines sicher wissen: Sie haben sich aus dem Staub gemacht, ohne sich dabei erwischen zu lassen.«
     
    Nightingale konnte sich nicht erinnern, je in seinem Leben irgendjemanden tatsächlich gehasst zu haben. Irgendjemanden außer MacAllister. In dem Augenblick, in dem der Mann Nightingale gebeten hatte, sich in den Turm zurückzuziehen, hatte er im Geiste nach einer passenden Entgegnung gesucht, einer bissigen Bemerkung, die scharf genug gewesen wäre, diese wandelnde Schwadronage in ihre Einzelteile zu zerlegen.
    Aber sein Geist hatte nichts Passendes ausgespuckt. Possenreißer, hätte

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