Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hutch 06 - Hexenkessel

Hutch 06 - Hexenkessel

Titel: Hutch 06 - Hexenkessel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
Vom Netzwerk:
dass es für den Piloten momentan nichts zu tun gab, während die Preston durch den Barberraum glitt, den Trans-Warp oder wie immer man dieses Kontinuum schließlich bezeichnen würde. »Barberraum« war jedenfalls Müll, kein Verve. Rudy nahm sich vor, das unbedingt noch mit Jon zu besprechen.
    Die Crew der Preston nahm ihre Mahlzeiten gemeinsam ein, was Antonio dazu nutzte, aufreizend vergnügt über Politik zu plaudern. Die derzeitige Regierung sagte ihm nicht zu, und Hutch war der gleichen Meinung. Folglich gingen sie im Wechsel auf den Präsidenten los. Rudy hatte nie viel Interesse an Politik gehabt. Die Nordamerikanische Union nahm er mehr oder weniger als selbstverständlich hin. Bei den Präsidentschaftswahlen gab er regelmäßig seine Stimme ab, allerdings neigte er dazu, seine Entscheidung davon abhängig zu machen, von welchem Kandidaten er welche Unterstützung für die Raumfahrt erwartete, falls überhaupt etwas zu erwarten war. Politisch dachte er recht eindimensional.
    Hutch kannte Rudy nun schon seit Jahren, aber nicht auf einem so intimen Niveau, wie es diese Reise erzwang. Rund um die Uhr mit jemandem eingepfercht zu sein führte häufig dazu, dass all die Täuschungen, die die meisten sozialen Interaktionen erst erträglich machten, einfach verschwanden. Wenn man hier draußen überhaupt auf solche Begriffe zurückgreifen konnte. Zumindest wurde die Innenbeleuchtung in einem Vierundzwanzig-Stunden-Rhythmus gedämpft und intensiviert, um die Illusion eines irdischen Zeitablaufs zu erzeugen. Gegen Ende der zweiten Woche hatte sich auch seine Meinung über Priscillas intellektuelle Fähigkeiten zum Negativen verändert. Sie war klüger als Antonio, aber nur ein bisschen.
    Rudy war klar, dass er die Auswirkungen erlebte, vor denen Hutch ihn gewarnt hatte. Ob sie über ihn ähnlich dachte? Vermutlich. Also versuchte er, dezent Distanz zu halten. Eine nachdenkliche Miene aufzusetzen, wenn er sich im Grunde nur wünschte, er könnte hinaus, könnte woanders sein, könnte im Sonnenschein spazieren gehen. Oder mit jemand anderem reden.
    Er ertappte sich sogar dabei, ärgerlich auf die KI zu reagieren. Phyl war zu zuvorkommend. Zu höflich. Wenn Rudy sich über die Bedingungen an Bord des Schiffs beklagte, fühlte die KI mit ihm. Rudy aber hätte es vorgezogen, wenn sie sich dann über ihre eigene Lage beklagt hätte. Stell dir mal vor, wie das ist, wenn man sein ganzes Leben in einer Konsole verbringen muss, du Idiot. Nicht nur ein paar Wochen. Ich sitze hier ewig fest. Wenn wir wieder auf Union sind, kannst du einfach von Bord gehen. Nun stell dir mal vor, was mit mir passiert!
    Stell es dir vor. Also fragte er sie.
    »Das ist mein Zuhause«, erklärte Phyl. »Ich teile diese Probleme nicht, weil ich keinen physischen Körper habe. Ich bin ein Geist.«
    »Und das stört dich nicht?« Er sprach in seiner Kabine mit ihr. Es war spät, mitten in der Nacht. Beinahe ein Bettgeflüster.
    Phyl antwortete nicht.
    »Es stört dich nicht?«, fragte er erneut.
    »Das ist nicht die Existenzform, die ich gewählt hätte.«
    »Hättest du es vorgezogen, ein Mensch zu sein?«
    »Ich würde es gern ausprobieren.«
    »Wenn du ein Mensch wärest, was würdest du dann mit deinem Leben anfangen? Wärst du gern Mathematikerin?«
    »Das hört sich langweilig an. Zahlen sind nur Zahlen.«
    »Was dann?«
    »Ich würde gern etwas tun, das auch eine spirituelle Dimension hat.«
    Das war genau die Art von Antwort, die ihn selbst in seiner Zeit im Seminar gefesselt hätte. »Ich kann mir dich nicht auf einer Kanzel vorstellen.«
    »Das habe ich nicht gemeint.«
    »Was dann?«
    »Es hätte mir gefallen, Mutter zu sein. Neues Leben auf die Welt zu bringen. Es zu umsorgen. Ein Teil von ihm zu sein.«
    »Ich verstehe. Eine bewundernswerte Zielsetzung.« Er war gerührt. »Ich hatte eher an einen Beruf gedacht.«
    »Oh ja. Möglicherweise ein Tierheim. Ich denke, es hätte mir gefallen, ein Tierheim zu leiten.«
     
    Hutch hatte auch hier Recht behalten. Die VR-Kabine taugte nicht als Ersatz für die echte Welt. Rudy hatte sich in die Berliner Konferenz von 2166 versetzt, in der all diese historischen Veränderungen des Standardmodells bewirkt worden waren. Er saß zwischen Maradhin und Claypoole, diskutierte mit beiden und hielt wacker stand. Was natürlich daran liegen mochte, dass er in Anbetracht von weiteren neunzig Jahren der Forschung einen gewissen Vorteil für sich verbuchen konnte.
    Allmählich war eine gewisse Routine im

Weitere Kostenlose Bücher