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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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schade. Etwas frisches Blut würde dem Ort hier guttun. Ich wohne schon mein ganzes Leben hier. Hier lebten noch die Alten Menschen, als ich ein Kind war.»
    «Wer sind denn die Alten Menschen?», fragte Luke.
    «Die Indianer. So nannten sie sich selbst. Uns nannten sie die Neuen Menschen. Jetzt sind wahrscheinlich wir die Alten Menschen. Und uns ergeht’s wie den Indianern, wenn wir kein frisches Blut bekommen.»
    «Was soll der Revolver?», fragte Gray.
    «Schutz.»
    «Wovor?»
    «Was auch immer. Werden Sie deshalb nicht nervös, ich bin der harmloseste Mensch auf der Welt», und dann sagte er zu Luke: «Hast du es schon gesehen? Das weiße Pferd?»
    Luke schüttelte den Kopf.
    «Ich auch nicht. Ich hoffe, dass es mir in den nächsten Tagen begegnet. Oder Nächten. Man kann es nur bei Nacht sehen.»
    «Was ist denn so besonders daran?», fragte Luke.
    «Nun ja, es ist kein normales Pferd, denn man kann direkt durch es hindurchsehen. Es ist ein Geisterpferd. Die Alten Menschen haben mir davon erzählt. Sie haben erzählt, wenn es dich mag, darfst du auf seinen Rücken steigen. Es trägt dich dann, wohin du willst. Bis zur anderen Seite des Universums. Wenn du dahin willst.» Er fing an zu lachen. «Na, ich gehe mal besser zurück. Es ist gleich Essenszeit. Und wenn ich zu spät komme, gibt’s was mit dem Nudelholz. Viel Spaß in Tejada Springs!»
    Sie sahen zu, wie Swannie kehrtmachte und davonging. Vorbei an großen, dürren Ocotillobäumen. Gina legte Luke die Hand auf die Schulter. Ihr erster Eindruck war vollkommen richtig gewesen: Der Mann war verrückt.
     
    Er stand auf der Terrasse und trank einen Scotch, obwohl sein Magen rebellierte. Starrte die Statue an, ohne sie wirklich zu sehen.
    Es war kalt. Zu kalt für Smitty, der ihn vor zehn Minuten verlassen hatte. Die Luft war sehr feucht, aber es regnete nicht. Es war eher, als würden sich Nebelschwaden wie ein feuchter dünner Stoff um den Körper wickeln.
    Jemand hatte ihm gesagt, Todt sei ein anderes Wort für Tod. Todeshügel. Er lebte auf dem Todeshügel.
    Er war sich noch nie so isoliert vorgekommen. Allein bis auf die Knochen.
    Er war oben bei Millie gewesen. Sie und ihr dummes, sinnloses Lächeln. Sein Leben war so kompliziert geworden und könnte durchaus aus den Fugen geraten, deshalb sehnte er sich danach, mit ihr über alles zu sprechen. Sie würde den ganzen Mist durchschauen und ihm dabei helfen, das Offensichtliche zu erkennen. Zu tun, was getan werden musste. Manchmal stellte er sich vor, sie würde wieder genauso sein wie vor vierzig Jahren, wenn er durch die Tür in ihr Zimmer kam, und er auch. Eine magische Tür. Wie in einer alten, wehmütigen Schwarzweiß-Folge von
Twilight Zone
.
    Hinter ihm öffnete sich die Tür, und er hörte Eliana: «Mr. Pat?
Teléfono
für Sie! Ihr Sohn!»
    «Bring mir das Telefon.»
    «Nein, Mr. Pat. Kommen Sie doch herein. Es regnet. Sie erkälten sich noch!»
    Er drehte sich um und starrte sie an.
    «Bring mir das verdammte Telefon!»
    «No!»
, sagte sie, es hätte nur noch gefehlt, dass sie trotzig mit dem Fuß aufgestampft hätte.
    Er ging zu ihr. «Mein Gott, Eliana. Vergiss nicht, dass ich dein Boss bin.»
    Sie kam heraus in den Nebel und presste sich gegen ihn.
    «Nein, Mr. Pat.
Das
ist mein Boss.» Und sie rieb mit der Hand über die Vorderseite seiner Hose.
    Er gab einen Laut von sich, irgendetwas zwischen einem Knurren und einem Lachen, dann küsste er sie und ging in die Küche.
    «Wo ist das verfluchte Telefon?»
    «Auf dem Tisch, Mr. Pat.»
    Er setzte sich an den Eichentisch. Stellte das Whiskeyglas ab und nahm den Hörer.
    «Joey, wie geht’s dir?»
    «Was zum Teufel ist bei euch los, Dad? Warum hast du nicht angerufen?»
    «Das wollte ich ja, du bist mir nur zuvorgekommen. Ich habe den neuen Wagen immer noch nicht gekauft.»
    «Verdammt noch mal! Willst du sagen, das Flittchen ist noch am Leben?! Und wo ist mein
Sohn
?!!»
    Cicala war entsetzt. Alle Telefongespräche ins Gefängnis werden aufgenommen oder mitgehört.
    «Joey – ich verstehe nicht, was soll denn –»
    «Entspann dich, Dad. Ich habe ein Handy.»
    «Wo hast du das denn her?»
    «Hab’s gekauft, von einem Wachmann. Weißt du, was der Mistkerl dafür haben will?»
    «Trotzdem musst du aufpassen, Joey. Schrei nicht so, verdammt noch mal. Vielleicht hört dich jemand.»
    «Nun mach schon, Dad, sag mir einfach, was los ist.»
    Cicala saß unter dem verwanzten Kronleuchter, trank Scotch und erzählte seinem Sohn

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