Hyänen
betrogen, einem dicken, schlafenden Mann im Schaukelstuhl ein Streichholz unter den Fuß hielten. In einer Ecke stand der Name der Künstlerin, die das Bild gemalt hatte: Ananda.
«Wer ist Ananda?», fragte Gina.
«Sie war ein kleines Hippiemädchen», sagte die Frau, deren ergrautes Haar von einem Strassband zusammengehalten wurde. «Ist in den Sechzigern mal hier vorbeigekommen. Mit einem klapprigen gelben VW , den sie Gertrude nannte. Sie hatte dem Inhaber angeboten, die Wand zu bemalen, wenn sie dafür umsonst zu essen bekam.»
«Wie lange hat sie dafür gebraucht?», fragte Gray.
«Ungefähr fünf bis sechs Wochen. Sie hat draußen in der Wüste gezeltet. Alle sagten, sie sei die ganze Zeit über high von LSD gewesen. Und nachts soll sie sich als Indianerin bemalt und nackt um das Feuer getanzt haben.»
«Cool», sagte Luke.
«Und was ist aus ihr geworden?», fragte Gina.
«Als sie fertig war», erzählte die Frau, «ist sie mit Gertrude weitergefahren. Vielleicht war das ihr Leben. Durchs Land fahren und Füchse malen.»
«Vielleicht macht sie das ja noch immer», sagte Gina. Sie wünschte sich, dass sie so ein Leben führen könnte.
Sie ließen sich von der Kellnerin den Weg beschreiben und fuhren dorthin, wo einmal das alte Hotel gestanden hatte, das in den Fünfzigern abgebrannt war. Wo die Filmstars ihr Geld beim Glücksspiel verpulvert hatten. Es lag am Ende einer verfallenen Asphaltstraße nicht weit vom Trailerpark
Glückliches Hufeisen
. Vom Hauptgebäude standen nur noch das Betonfundament und die Reste eines gemauerten Kamins, der wie ein Heiligtum aus der Steinzeit in die Höhe ragte. Der Swimmingpool, in dem die Halbgötter der Filmwelt ihre goldenen Körper gebadet hatten, war zugeschüttet. Jetzt lebten dort Schlangen und Echsen.
Sie sahen die langen Ohren eines Hasen. Er stand da und schaute sie sich sehr genau an. Dann rannte der Hund bellend auf ihn zu, und er verschwand. Schlug Haken und rannte mit seinen langen Hinterbeinen doppelt so schnell wie der Hund.
Gray legte seine Hände um seinen Mund und schrie: «Gib’s auf, Bursche! Den fängst du nie!»
Der Hund gab die Jagd auf. Kam mit hängender Zunge zu ihnen zurückgetrottet.
Auf der Rückseite des ehemaligen Hotels standen die Ruinen von zehn oder zwölf Bungalows aus Lehmziegeln. Leere Öffnungen, wo Türen und Fenster gewesen waren. Die Dächer durchlöchert, wenn überhaupt noch vorhanden. Gray, Luke und der Hund gingen los, um einen zu erkunden. Gina blieb in der leeren Türöffnung stehen. Dadrinnen sah es stark nach Schlangen und Ratten aus. Der Boden war mit Flaschen, Dosen und Kartons übersät. Darauf verzichtete sie lieber.
Sie blieb allein zurück. Am Fuß der Berge, am Rand der Wüste. Nur ein kleiner Punkt im Universum. Die Stille war überwältigend. Jedes Geräusch, das man hörte – ein Windhauch, ein Vogelzwitschern –, schien die Stille noch zu vergrößern. Sie sah nach Osten. Es war schon Nachmittag, die Wüste wurde vom enormen Schatten der Berge verschlungen. Entweder war dies hier ein Traum, oder die Welt, die sie verlassen hatten, mit ihren Städten, Menschen, dem Lärm und den Autos, war ein Traum gewesen. Diese zwei Welten waren viel zu verschieden, als dass beide hätten real sein können.
Hinter ihr hustete jemand.
Sie wirbelte herum.
Dort stand ein Mann. Aufgedunsen, bärtig, ungefähr fünfundfünfzig oder sechzig Jahre alt. Seine Haut war von der Sonne rotbraun gebrannt. Er trug nichts weiter als limettengrüne Shorts, Flip-Flops und einen Strohhut. Und einen Waffengürtel mit einem Revolver darin.
«Wissen Sie, wer hier gewohnt hat?», fragte er.
Sie schüttelte den Kopf.
«Der Zauberer von Oz!»
«Wirklich?», sagte sie und kam zu dem Schluss, dass der Mann verrückt war. Dann rief sie: «Gray? Luke?»
Der Hund kam als Erster heraus und fing an, den Mann anzubellen. Dann kamen Gray und Luke.
«Sei still, Bursche!», sagte Gray, mit einem Blick auf den Revolver.
«Ich habe gerade Ihrer Frau gesagt, dass Frank Morgan hier gewohnt hat. Sie kennen ihn doch, er hat den Zauberer von Oz gespielt. Hier in diesem Bungalow!»
«Was Sie nicht sagen», sagte Gray.
«Ich heiße Swanson», sagte der Mann. «Die Leute nennen mich Swannie. Ich wohne drüben im Trailerpark.» Swannie zog an seinem Bart. «Dann müsst ihr wohl die Leute sein, die draußen beim alten Country Club wohnen.»
«Das stimmt», sagte Gray.
«Nur zu Besuch? Oder neu zugezogen?»
«Zu Besuch», sagte Gray.
«Wie
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