Hyänen
das?»
«Häh?»
«Wenn du sie mästen würdest, um sie zu essen, das könnt’ ich verstehen. Aber sie fressen einfach nur dein Brot, scheißen auf den Weg und fliegen weg. Kannst du mir mal sagen, was das soll?»
Jamie lachte. «Es macht Spaß, Joey, mir macht das ’ne Menge Spaß.»
Er hatte ein flaches, gerötetes Gesicht und hellblonde Haare. An seinem muskulösen Körper war kein Gramm Fett; man konnte jede einzelne Sehne und Ader unter der Haut erkennen. Seine Frau und Kinder in Boston bekamen jede Woche fünfhundert Kröten für seine Dienste als Leibwächter von Joey. Er saß wegen der üblichen Drogensachen im Knast, aber wahrscheinlich hatte er draußen auch ein paar Kerle umgelegt; im Staatsgefängnis von Atlanta hatte er einen Typ mit einem Strumpf voller Vorhängeschlösser totgeschlagen.
«Hast du schon mal Foie gras gegessen?», fragte Joey.
«Nein.»
«Ich besorg dir welches. Ist verdammt lecker.»
«Ich schlag dich tot! Ich schneid dir den Schwanz ab!»
Zwanzig Meter weiter stand ein kleiner Schwarzer von gerade mal einem Meter fünfzig. Joey hatte noch nie ein Wort mit ihm gesprochen. Aber Little Willie war offenbar verrückt und hatte es auf ihn abgesehen.
«Hörst du mich, du Mistkerl? Ich schneid dir den verfickten Schwanz ab.»
Diese Drohung konnte man nicht einfach ignorieren, denn Little Willie kam aus einem Lager in Lompoc in Kalifornien, in dem Viehzucht betrieben wurde. Er hatte im Schlachthof gearbeitet und mit seinem Messer einem anderen Gefangenen genau das angetan.
Jamie ging auf ihn zu, um ihn einzuschüchtern.
«Du vertreibst die Enten, Arschloch.»
Little Willie rannte weg. Glaspers, einer der Wächter, rief herüber: «Hey, Joey! Dein Vater ist da!»
Er saß zusammen mit seinem Vater und Bobby Lamonica an einem Tisch im Besucherraum. Schon in dem Moment, als er den Raum betreten hatte und ihre Gesichter sah, war ihm klar, dass sie schlechte Nachrichten brachten. Palmentola tot. Gina am Leben. Luke noch immer bei Gina. Und ter Horst. Verdammt, wo steckte ter Horst?
«Er wird gierig», sagte Cicala. «Jedes Mal will er einen größeren Anteil der Diamanten.»
«Was?», schrie Joey. «Er hat Gina gekidnappt und ist mit den Steinen abgehauen? Verdammt, und wo ist mein Sohn?»
«Nicht so laut. Was meinst du, wo du hier bist?»
«Ich weiß verdammt genau, wo ich bin. Das habe ich der blöden Nutte zu verdanken!»
«Joey, wenn du weiter so schreist, stehe ich auf und gehe. Verlass dich drauf.»
«Okay, okay. Ich bin ja ruhig.»
«Wir kriegen das schon in den Griff, Joey», sagte Bobby. «Luke geht’s gut. Keiner wird so ’nem Jungen was tun.»
«Sie ist an allem schuld. Warum ist sie nicht gleich mit einer scheiß Handgranate in unser Haus gekommen und hat uns alle in die Luft gejagt! Warum tut sie uns das an? Wir waren eine glückliche Familie, verdammt noch mal!»
«Ich versteh dich ja», sagte sein Vater. «Aber was passiert ist, ist passiert. Wir müssen uns drum kümmern, wie es weitergeht. Vor allem müssen wir ter Horst finden. Wenn wir
ihn
haben, dann kriegen wir
sie
auch!»
«Na super, und wie machen wir das?»
«Ich habe unsere besten Leute darauf angesetzt.»
«Unsere besten Leute sitzen im beschissenen Bau, genau wie
ich
. Das verdanken wir nur
ihr
.»
«Als dein Vater und Lukes Großvater schwöre ich dir: Wir holen ihn zurück.»
«Was nützt mir ein Schwur? Ich könnte schwören, dass ich morgen auf den verdammten Mond fliege. Na und? Ich fliege nicht zum Mond.»
«Du musst dieses Buch lesen, von Norman Vincent Peale.
Die Kraft des positiven Denkens.
Ich bin im Leben so weit gekommen, weil ich das negative Denken überwunden habe.»
«Na großartig. Ein Buch! Ich setze es auf meine verdammte Leseliste.»
Die Neonröhren gaben ein kaum hörbares Summen von sich. Bobby arbeitete sich durch eine Tüte Käse-Chips. Ein junger Häftling und seine Frau, die an einem Tisch in der Ecke saßen, wurden vom Wärter ermahnt, die Hände voneinander zu lassen.
«Du hast noch gar nicht nach deiner Mutter gefragt. Ist dir egal, wie es ihr geht?»
«Natürlich ist mir das nicht egal. Wie geht es ihr?»
«Unverändert. Als würde man mit ’nem Kohlkopf reden.»
«Jedes Mal bist du sauer, wenn ich nicht nach ihr frage, aber jedes Mal sagst du, alles ist unverändert. Wie ’nen Kohlkopf. Was soll der Scheiß?»
«Du bist damals noch ein Kind gewesen, wahrscheinlich erinnerst du dich nicht daran. Einmal hat sie eine Reise nach Europa gemacht. Ganz
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