Hyänen
so wie ein Hai, immer, immer weiter.
Darin unterschied er sich von Bulgakov. Der schnarchte mit offenem Mund. Groh hatte noch nie einen Menschen getroffen, der so wenig Neugier besaß. Nichts, was zwischen den Jobs geschah, hatte für ihn die geringste Bedeutung. Paris war nicht anders als London und Mexico City dasselbe wie Hongkong.
«Dima! Dima! Wach auf, wir sind da.»
Sie glitten durch ruhige Straßen, vorbei an bescheidenen, aber gepflegten Häusern, in denen die Einwohner von Brady schliefen. Sie ahnten nicht, dass gerade zwei Mörder in ihrer Stadt eingetroffen waren. Es sei denn, es fand Eingang in ihre Träume. Ließ sie stöhnen und murmeln, sich herumwerfen und versuchen, dem Traum zu entkommen. Groh parkte vor den Osage Creek Apartments. Schaltete Motor und Scheinwerfer aus. Für eine Weile blickten sie vom Wagen aus zum Haus hinüber. Dann zogen sie die hautfarbenen Gummihandschuhe an und stiegen aus.
Es war kalt, ihr Atem dampfte. In einem Teil des Hauses brannte Licht, und sie hörten leise Musik. Einen jaulenden Countrysong. Wahrscheinlich ein einsamer Zuhörer, mit Bierdose und Zigarette. Sonst war alles dunkel und still.
Sie fanden die Briefkästen. Verschlossene Metallfächer. Bulgakov ließ die Klappe von «Peterson» mit einem seiner Werkzeuge aufspringen. Es lag nur eine Karte darin, adressiert an «Die Anwohner»: HAPPY JACKS GRILL – DER FRÖHLICHSTE IMBISS VON BRADY !!!
Sie folgten einem Weg, der an den Gebäuden entlangführte, und stiegen dann die Treppe zum Apartment 25 hinauf. Bulgakov entfernte sorgfältig ein gelbes Polizeisiegel und machte sich dann am Schloss zu schaffen. Gegenüber auf dem Treppenabsatz war ein weiteres Apartment. Groh behielt die Tür im Auge, für den Fall, dass ein Nachbar mit leichtem Schlaf neugierig wurde und herauskam. Der würde eine Überraschung erleben.
Bulgakov öffnete die Tür, und sie gingen hinein. Groh durchquerte das Wohnzimmer und schloss die Vorhänge zur Straße. Sie schalteten kleine Taschenlampen ein. Die Lichtkegel wanderten durch den Raum. Bulgakovs Blick blieb an dem dunklen Fleck auf dem Teppich hängen, wo Carter gestorben war. Groh ließ den Lichtkegel seiner Lampe über das Bild von der Fuchsjagd gleiten.
«Ich bin einmal bei einer Fuchsjagd gewesen, Dima. Habe ich dir das erzählt?»
Bulgakov ignorierte ihn. Ging zum Schreibtisch und zog die Schublade heraus. Sie suchten nach etwas, das sie auf die Spur der geflohenen Frau bringen könnte. Telefonrechnungen, Kreditkartenbelege, Reisebroschüren. Ein Computer wäre natürlich ein echter Treffer gewesen. Nach zehn Minuten hatten sie immer noch nichts gefunden. Im Schrank lag Kleidung, im Kühlschrank waren Lebensmittel, und neben dem Bett standen flauschige Hausschuhe, es sah so aus, als hätten die beiden nichts zurückgelassen, was ihnen weiterhelfen konnte. Oder als ob die Polizei schon alles gefunden hatte.
Groh ging ins Kinderzimmer, Lukes Zimmer. Er wusste, wie Luke aussah, man hatte ihm Fotos der beiden gegeben. Ein attraktiver Junge. Ein schöner Junge. Seine Augen wirkten irgendwie katzenhaft. Seltsame, geheimnisvolle Augen. Er würde nett zu ihm sein, wenn sie seine Mutter getötet hatten. Ihn vor Bulgakovs Grobheit beschützen.
Sein Lichtkegel fand eine andere Taschenlampe. Die Harry-Potter-Taschenlampe. Er nahm sie und schaltete sie ein. Luke mochte also Harry Potter. Er würde alle Bücher kaufen, damit Luke etwas zu lesen hatte, während sie ihn zurückbrachten. Wenn er sie ihm gab, würde Luke ihn mit seinen Katzenaugen anschauen und fragen: «Woher wussten Sie, dass ich Harry Potter mag?»
Das Licht ging an.
Ein junger Polizist stand in der Tür und hielt mit beiden Händen eine Pistole auf Groh gerichtet.
«Hände hoch!»
Groh stand nur da, blinzelte in das grelle Licht.
«Weg mit der Taschenlampe! Hände hoch, wird’s bald!»
Er warf die Taschenlampe aufs Bett und hob die Hände.
«Auf den Kopf! Legen Sie die Hände auf den Kopf!»
Groh tat es. Der Polizist trug ein Namensschild, auf dem Butterfield stand. Wenn man ihn sah, konnte man meinen, dass in Brady schon Sechzehnjährige Polizist werden konnten.
«Was machen Sie da?»
Groh konnte die Angst spüren, die von Butterfield ausging. Wahrscheinlich hatte er noch nie zuvor seine Waffe auf einen Menschen gerichtet.
«Gina und ich sind alte Freunde. Ich mache mir große Sorgen um sie. Sie hat ein paar Sachen, die mir gehören, ein paar Bücher und Fotos. Ich bin gekommen, um sie mir zu
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