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Hyänen

Hyänen

Titel: Hyänen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Epperson
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allem lag. Sie hatten still dagelegen, in der staubigen, knisternden Dunkelheit, und darauf gewartet, dass etwas geschehen würde. Damals waren sie zu viert gewesen, einer von ihnen war bereits gestorben, und den anderen drei hatte das Leben jeweils auf seine Art übel mitgespielt. Jetzt in der Dämmerung wurde sie traurig bei dem Gedanken, wie die Zeit verging und die Träume verblassten. Doch ein wenig Magie war geblieben. Die dürren braunen Blätter erinnerten sie an Puzzleteilchen; eine Windböe ließ den Baum schwanken und knarzen, fast als würden ihn starke Gefühle erschüttern; noch mehr Puzzleteilchen kamen herabgesegelt. Da bog ungewöhnlich früh am Tag der Wagen ihres Mannes in die Einfahrt; weil sie ihn liebte, lag auch darin ein wenig Magie.
    McGrath stieg aus, und sie stützte sich auf ihre Harke und erwartete ihn. Obwohl es noch nicht richtig kalt war, war sie dick eingepackt, sie trug Arbeitshandschuhe und hatte einen Schal um ihr Haar geschlungen, das wegen der Chemo besonders kurz war. Die leichte Röte auf den schmalen Wangen stand ihr gut.
    «Du kommst früh nach Hause.»
    «Wirklich?»
    Er gab ihr einen flüchtigen Kuss und blickte auf den Berg von Laub.
    «Du bist fleißig.»
    «Und wie. Ich fühle mich, als könne ich alles Laub der Welt zusammenharken.»
    Er nickte, wirkte irgendwie abwesend.
    «Doug, stimmt was nicht?»
    «Ach Quatsch. Du weißt ja, die Arbeit. Ich will dich nicht mit Einzelheiten langweilen.»
    «Das macht nichts, langweile mich ruhig.»
    «Vielleicht später. Erst mal brauche ich was zu trinken.»
    «Ich komme mit.»
    Sie gingen in die Küche. Ein schöner Raum – sie hatten gerade erst fünfunddreißig Riesen für die Innenausstattung ausgegeben. McGrath lief nicht gern in Jackett und Krawatte herum, deshalb zog er beides sofort aus, wenn er nach Hause kam. Die Krawatte war zum Anstecken. Seit einmal ein kräftiger Verbrecher, den er festnehmen wollte, seine Krawatte gegriffen und ihn beinah damit erwürgt hätte, trug er diese Ansteckdinger. Er hängte Jackett und Krawatte über die Lehne eines der Küchenstühle, auch die halbautomatische 38 er, die er im Schulterhalfter unter der Achsel trug. Alison holte einen Smirnoff auf Eis und ein Glas Weißwein für sich selbst. Sie prosteten sich zu, stießen an und tranken.
    «Jetzt sag schon, was ist denn schiefgelaufen?»
    «Glaub mir, das sind Dienstgeheimnisse. Ich darf wirklich nicht darüber reden.»
    «Ich mache dich einfach betrunken, dann erzählst du’s mir schon. So wie sonst auch.»
    Er lachte, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich.
    «Was gibt’s zum Abendessen?»
    «Ich dachte, ich mache die Shrimpspfanne, die du so gern magst. Dazu Reis und Salat.»
    Die Shrimpspfanne, die er so gern mag. Der Arzt behandelte ihn wegen seines Cholesterinspiegels und wollte, dass er fünfzehn Kilo abnahm. Deshalb kochte Alison nur noch «gesunde» Gerichte, bei denen alles, was schmeckte, verboten war. Wenn er nicht deutlich seinen Widerwillen zum Ausdruck brachte, dann hieß das für sie, dass er etwas «mochte».
    «Hast du denn schon Hunger?», fragte sie.
    «Irgendwie schon. Heute Mittag habe ich nur eine Banane gegessen.»
    «Es ist nicht gesund, Mahlzeiten ausfallen zu lassen», dozierte sie.
    Er saß am Tisch und trank Wodka, sie begann zu kochen. Er starrte hinaus in den Garten; es dämmerte bereits. In dieser Jahreszeit bekam er regelmäßig Depressionen; wenn die Sommerzeit vorbei ist und es mit einem Mal so früh dunkel wird. Als ob die ganze Welt von der Nacht verschluckt würde.
    Er hatte ter Horst noch nicht angerufen. Den ganzen Tag hatte er in einer erbärmlichen Lähmung verbracht, während die Mörder da draußen am Werk waren. Ihre tödliche Jagd nach Gina, auf der sie so gut wie jeden umbrachten, außer ihr. Wie konnte er zulassen, dass das nur eine Minute so weiterging? Aber wie sollte er sein langes Schweigen erklären? Und sein alter Kumpel Frank. Was war nur mit ihm los? War er wirklich in Phoenix? Hatte er wirklich einen Herzinfarkt? Vielleicht kannte er ihn doch nicht so gut, wie er glaubte. Er wusste, wie wichtig Geld für ihn war. Für einen US -Marshall hatte er immer schon ziemlich gut gelebt. Vielleicht hatte er seine Seele an Cicala verkauft und suchte nun nach Gina, um sie umzubringen, und nicht, um sie zu beschützen. Es kam ihm schon die ganze Zeit komisch vor, dass sie weder ihn noch Frank angerufen hatte, nachdem sie abgehauen war. Schließlich sollten sie sie beschützen. Das ergab

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