Hybrid
möchten also von uns, dass wir an Ihrer Stelle dieser Sache nachgehen?«
»Ganz recht. Mit den Informationen, die ich habe, kann ich keine Untersuchung der Insel beantragen. Ganz abgesehen davon, dass ich möglicherweise genau die Leute auf mich aufmerksam mache, die ich aufdecken möchte. Sie sind doch Journalist, und dass Sie sich über Auflagen und Gesetze hinwegsetzen, um einer Sache auf den Grund zu gehen, haben Sie ja bewiesen. Sie beide.«
»Wollen Sie uns etwa anstiften, noch mehr Gesetze zu brechen?«
Berger hob abwehrend die Hände. »Auf keinen Fall! Ich bitte Sie nur, Ihre Recherchen fortzuführen. Dafür halte ich Ihnen jetzt den Rücken frei. Bringen Sie mir Ergebnisse, Zusammenhänge, Namen. Wie Sie das anstellen, bleibt Ihnen überlassen. Dass Sie sich dabei ausschließlich im legalen Rahmen bewegen, davon muss ich selbstverständlich ausgehen.« Er faltete seine Hände und stützte die Ellenbogen auf.
»Ich vermute, es bleibt uns keine andere Wahl«, bemerkte Juli und verzog den Mund.
»Man hat immer eine Wahl, Frau Thomas. Aber nur, weil ich Sie vor eine Entscheidung stelle, sollten Sie nicht aus lauter Stolz das verleugnen, was Sie ohnehin geplant hatten.«
Juli und Tom fuhren mit einem Taxi nach Wedel zu ihren Wagen.
»Und? Was hältst du davon?«, fragte Juli.
»Berger ist ein selbstgefälliger Arsch.«
»Du ärgerst dich, weil du jetzt das Gefühl hast, nach seiner Pfeife zu tanzen.«
»Und, tun wir das etwa nicht?«
»Wir hatten doch sowieso vor weiterzumachen.«
»Aber es war meine Story. Jetzt haben wir die Polizei im Nacken.«
»Ich sehe es eher so, dass wir inoffizielle Protektion haben«, gab Juli zurück. »Und wieso überhaupt deine Story? Ich dachte, wir arbeiten zusammen!«
»Es ist trotzdem etwas anderes, ob man auf eigene Faust unterwegs ist oder ob man beauftragt wird.«
»Wir müssen herausfinden, wer dahintersteckt. Das Ergebnis ist doch alles, was zählt.«
»Für dich vielleicht! Ich habe aber keine Schwester verloren, für mich geht es um eine Story, um Exklusivität. Ich kann keine Polizei gebrauchen, die mir dazwischenfunkt.«
»So? Gut zu wissen, dass dir meine Schwester und die Machenschaften so unwichtig sind. Für dich zählt nur das Geld.«
»Nein. Meine Güte, so war es nicht gemeint.«
»Doch, das war es. Und du weißt es.«
Tom wandte sich ab und sah aus dem Fenster.
»Aber das ist okay«, sagte Juli. »Besser, wir haben klare Verhältnisse und wissen, wann wir uns auf den anderen verlassen können und wann nicht.«
Tom drehte sich wieder um. »Du brauchst nicht zynisch zu werden.«
»Zynismus liegt mir fern. Ich weiß nur gerne, woran ich bin. Damit kann ich umgehen. Und offenbar reicht deine Motivation ja, um dich mit der Polizei anzulegen. Ich weiß zwar noch nicht, was ich davon halten soll, aber solange es mir hilft, mein Ziel zu erreichen, nehme ich es mal so hin.«
»Du nimmst es hin?! Wenn ich mich richtig erinnere, hast du dich an mich rangeschmissen. Wer wollte denn unbedingt mehr über meinen Artikel wissen? Und wer hat herausgefunden, woher der Fuß gekommen ist? Und wer hat das Boot besorgt?«
Juli grinste. »Im Grunde bist du ganz charmant, wenn du dich echauffierst.«
Tom stockte irritiert. »Damit kommst du bei mir nicht durch«, gab er schließlich zurück.
»Nein?«
»Sicher nicht.«
Sie lachte auf. »Gut. Wir brauchen deinen klaren Verstand nämlich noch.«
»Ist das so?«
»Du hast einige Recherchen vor dir. Über die Unterlagen, die wir gefunden haben. Und darüber, wer mit dem Bau der Anlage auf der Insel zu tun gehabt haben könnte. Und ich werde die Briefe meiner Schwester studieren und nach anderen möglichen Hinweisen suchen.«
»Ach, und jetzt gibst du mir auch noch Aufträge.«
Sie winkte ab. »War ja nur ein Vorschlag. Vielleicht fällt dir etwas Besseres ein. Auf jeden Fall sollten wir uns aber morgen wieder treffen und sehen, was wir bis dahin herausgefunden haben, einverstanden?«
»Ja, können wir machen«, grummelte Tom und nickte. Es fing also schon an mit den Hormonen. Er hatte es geahnt, und es würde kein gutes Ende nehmen.
Kapitel 6
Tagebuch von Marie Thomas – Brasilien, 13. Mai
I ch schreibe das hier auf, damit ich morgen sicher bin, nicht geträumt zu haben.
Nachdem ich erst lange nicht einschlafen konnte, bin ich vorhin wie aus einem leichten Dämmern aufgewacht. Ich war mir sicher, eine Art Gesang gehört zu haben. Er war erst Teil meines Traums, wie es einem manchmal morgens früh
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