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Hybrid

Titel: Hybrid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Wilhelm
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Villiers mehrfach in Hamburg und zu Gast im Rathaus gewesen, das stand sogar in der Zeitung. Nur hat damals niemand zur Kenntnis genommen, dass er nicht bloß ein alt gewordener prominenter Wissenschaftler war, sondern inzwischen einer der finanzkräftigsten Männer Europas. Also habe ich überprüft, welche Investoren sich inzwischen an den Hamburger Krankenhäusern beteiligt haben. Und, Überraschung, über ein oder zwei Verbindungen stößt man immer wieder auf MediCapital Invest und Villiers.«
    »Hältst du es für möglich, dass er sich in Hamburg irgendwie einnisten will? Und dass er auch hinter den Untersuchungen auf der Insel steckt?«
    »Das hat doch ganz den Anschein, oder nicht? Berger hatte also vielleicht recht, als er andeutete, dass es bei den Privatisierungen im Gesundheitssektor nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen ist. Villiers ist Hamburg finanziell beiseitegesprungen. Und dafür hat man ihm eine Genehmigung erteilt und die Möglichkeit gegeben, unter absoluter Verschwiegenheit auf der Insel zu forschen.«
    Juli wiegte den Kopf. »Na ja, aber Beweise haben wir dafür nicht. Und es ist auch immer noch nicht klar, warum in Hamburg und warum auf der Insel. Jemand wie Villiers kann ja vermutlich sogar auf dem Himalaja Labors bauen, was will er ausgerechnet hier?«
    »Das ist die große Frage. Aber das ist doch schon mal ein guter Anfang, oder? Ach ja, und noch etwas: Diese Reederei, an der er indirekt beteiligt ist, Validora, hat ihren Firmensitz in Manaus, in Brasilien. Und von dort kamen auch die Schiffe.«
    Juli schluckte. Von Manaus aus gelangte man zu dem Urwalddorf, in dem die Ärzte ohne Grenzen arbeiteten. Wo die mysteriösen Leichenteile gefunden worden waren. Und dem Gebiet des Regenwalds, in dem ihre Schwester verschwunden war. Also hatte ihr Instinkt sie nicht getrogen, es gab eine Verbindung, und war sie noch so dünn!
    »Wir müssen herausfinden, was sie auf der Insel getrieben haben«, sagte sie. »Was auch immer es war, es hatte mit medizinischen Versuchen und Menschen oder menschlichen Körperteilen zu tun. Und es war geheim, vielleicht sogar illegal, wenn man bedenkt, welchen Aufwand man betrieben hat, um es zu verschleiern.«
    »Ich vermute, wir sollten uns gleich mit Berger in Verbindung setzen und ihm die Sachen durchgeben.«
    »Ich dachte, du wolltest das lieber alleine durchziehen?«
    »Nun haben wir ihn schon am Hals, vielleicht können wir ihn ja nutzbar machen. Zum Beispiel könnte er uns helfen, dass wir nicht noch ein zweites Mal auf der Insel erwischt werden.«
    Juli nickte. »Ja, warum nicht? Ich habe sowieso nichts dagegen, wenn sich die Polizei in die Sache einmischt.«
    Tom stand auf und ging in die Küche. »Ich werd mal sehen, ob ich die Kaffeemaschine retten kann. Und du, hast du die Briefe deiner Schwester noch mal genau studiert?«
    Juli folgte ihm. »Ja, habe ich.« Tatsächlich war es kaum nötig gewesen. Sie kannte die Briefe fast auswendig, so häufig hatte sie sie in den Wochen seit Maries Verschwinden wieder und wieder gelesen. Bei jedem der Briefe erinnerte sie sich genauestens der Situation, als er sie erreicht hatte. Sie erlebte jeden Augenblick noch einmal neu und spürte den sorgenvollen Unterton der letzten Zeilen. Und die Leere, die danach gefolgt war, deren Griff sie in ruhigen Augenblicken noch immer spürte.
    »Aber sehr hilfreich sind sie nicht«, fuhr sie fort. »Es gibt eine Kleinigkeit, die wir vielleicht prüfen können.«
    Tom, der sich um den Kaffee kümmerte, sah auf. »Ach ja?«
    »In ihrem letzten Brief schrieb Marie von einem jungen Arzt, der auch schon ein Jahr zuvor flussaufwärts verschwunden war. Warte, ich lese es dir am besten vor.«
    Juli ging zurück ins Wohnzimmer, zog einen Stapel Briefe aus ihrer Tasche, öffnete einen, und als Tom mit zwei kleinen Tassen Kaffee dazukam, las sie vor:
    Wir haben den vom Wasser aufgedunsenen und faulenden Kadaver geborgen und untersucht. Es war ein mit Beulen übersäter missgestalteter Mann. Dem Körper fehlten beide Hände, und von einem Bein war nur der Stumpf des Oberschenkels übrig. Brust und Bauch waren vollkommen aufgerissen. Reichlich abstoßend, und der Gestank war die reine Hölle; dagegen ist die Pathologie am UKE ein Kindermärchen.
    Wir haben an mehreren Stellen eine ungewöhnliche, borstige Behaarung entdeckt. Überall gab es Beulen unter der Haut wie Geschwüre. Vielleicht eine Krankheit. Das Fleisch war im Kern seltsam violett verfärbt. Niemand von uns konnte sich das

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